Eine hinreißend widerspenstige Lady
Zugriff.
Doch noch war nicht alles verloren, hatte Duval geglaubt.
Er hatte Männer den Fluss hinabgeschickt, um die Isis zu entern und Archdales Schwester als Geisel zu nehmen, die er gegen den Papyrus und Archdales Wissen um die Entzifferung der Hieroglyphen einzutauschen hoffte.
Dann könnte Jean-Claude Duval noch immer der Triumph beschieden sein, von dem er seit Langem träumte - ein bis dato unberührtes Königsgrab voller Antikenschätze zu entdecken. Der Fund würde ihn berühmt machen, berühmter noch als Belzoni. Der Grabschatz würde in den Louvre kommen, und nicht ins Britische Museum. Er, Duval, würde mit Ruhm und Ehre überschüttet. Münzen würden mit seinem Antlitz geprägt. Frankreich würde Vergeltung dafür finden, des Rosettasteins beraubt worden zu sein.
Soweit sein Traum. In Wirklichkeit wusste er, dass alles vielleicht auch ganz anders kommen könnte. Der Papyrus mochte ihn zu einem Grab führen, das ebenso ausgeplündert war wie all die anderen, die er bislang entdeckt hatte. Es konnte Jahre dauern, bis das Grab gefunden und erschlossen war. Vielleicht fand er es auch nie.
Doch selbst in diesem schlimmsten aller Fälle, hätte er immer noch den Papyrus, welcher dem Louvre auf jeden Fall sicher wäre. Er, und damit auch Frankreich, wären im Besitz des Schlüssels zur Entzifferung der Hieroglyphen, was noch viel mehr wert war als jeder Grabschatz, erschlossen sie einem doch alle Geheimnisse des alten Ägyptens.
Nein, noch war nicht alles verloren, hatte er gedacht - bis eben.
Sinkenden Herzens sah er Jabbars erschöpftes Gesicht und fragte: „Was ist geschehen?“
„Ein Blutbad“, erwiderte Jabbar. „Die Männer des Goldenen Teufels haben uns aufgelauert. Die meisten unserer Leute sind tot. Einige sind in die Berge geflüchtet. Ghazi hat die Frau.“
„Was?“, rief Duval aus. „Ist sie wieder entkommen? Haben die Jungs sie sich nicht schon in Assyut durch die Lappen gehen lassen? Und da war sie unbewacht, praktisch allein! “
„Betrunkene Dummköpfe“, sagte Jabbar bitter. „Diesmal sind wir sorgsam vorgegangen, aber der Feind hat von unseren Absichten erfahren. Manchmal ist es, als würden auch die Schakale, Geier und Schlangen für den Goldenen Teufel spionieren, denn er weiß immer alles.“
Perdu, dachte Duval. Seine letzte Chance war dahin.
Und nun?
Er wusste es nicht. Noch nicht. Aber ihm würde etwas einfallen.
Ausgeschlossen, dass er die englische Bestie den Sieg davontragen ließe.
Daphnes Häscher hatten Wort gehalten - sie ließen von ihren Leuten ab. Sowie Daphne sich an Bord ihres Bootes befand, kappten sie die Vertäuungen der Isis und ließen die Dahabije mit der Strömung flussabwärtstreiben.
Es dürfte eine Weile dauern, bis die Mannschaft das Boot wieder unter Kontrolle hatte, und bis dahin wäre die Isis vielleicht auf eine Sandbank gelaufen oder mit einem anderen Boot kollidiert. Doch solches Ungemach dürften Dienerschaft und Besatzung eher überstehen als einen Angriff der Schurken. Denn nun, da Rupert tot war, wer sollte die Bande davon abhalten, jeden an Bord der Isis hinzumetzeln und die Dahabije zu versenken?
Nun, da Rupert tot war.
Sie müsste eigentlich etwas empfinden, doch sie fühlte sich nur leer und benommen.
Nach kurzer Fahrt auf dem Fluss brachten ihre Entführer sie zu Pferde über Land. Wo auch immer sie mit ihr hinwollten, sie schienen es sehr eilig zu haben und gönnten sich und den Tieren nur kurze Pausen. Dennoch behandelten sie Daphne respektvoll, ließen sie ungestört ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen und gestanden ihr ein kleines Zelt ganz für sich allein zu.
Trotzdem merkte sie kaum, ob sie schlief oder aß oder nicht.
Alles war gleichgültig geworden. Es war ihr gleich, wie sie behandelt wurde oder was aus ihr würde.
Die Zeit war stehen geblieben. Was sie immer wieder vor ihrem geistigen Auge sah, schien ihr wirklicher als die Landschaft um sie her - die auf Ruperts Herz gerichtete Pistole ... der helle Feuerblitz ... seine verdutzte Miene ... die Hand fest an die Brust gepresst, als der Schuss ihn taumeln, ihn über Bord stürzen ließ ... das Platschen, als er im Wasser aufschlug.
Weinen konnte sie nicht. Sie war wie erstarrt - so, wie nach dem ersten halben Jahr ihrer Ehe mit Virgil, als ihr aufgegangen war, welch schweren Fehler sie gemacht hatte.
Damals war sie auch eine Gefangene gewesen.
Sie hatte sich angewöhnt, nicht an den Schmerz zu denken, sondern sich Stattdessen auf ihre Arbeit zu
Weitere Kostenlose Bücher