Eine hinreißend widerspenstige Lady
Ich bin kein kleines Kind.“
„Nein, ganz gewiss nicht.“
„Ich bestehe darauf, dass der Vorfall den Behörden gemeldet wird“, fuhr sie fort. „Ich hätte eine Aussage zu machen. Zuvor wünsche ich meinen Bruder zu sehen - unpässlich oder nicht. Und dann möchte ich ein Bad. Und ein Bett.“
„Ja, ja, natürlich. Vielleicht..."
„Und ich möchte in Ruhe gelassen werden.“
„Gewiss doch. Welch schrecklicher Schock. Es tut mir so leid.“
Auf jeden Fall wollte er dafür sorgen, dass dies jemandem sehr, sehr leidtäte.
Er übergab Mrs. Pembroke der Obhut einer Dienerin, die sie den noch immer besinnungslosen Archdale sehen ließ, ihr beim Bad zur Hand ging und sie zu Bette brachte.
Während seine Zukünftige in den tiefen Schlaf der Erschöpfung fiel, lauschte Seine Lordschaft Ghazis Bericht.
Mittlerweile dräute die Gewitterwolke schwarz und finster. Die Dame hätte ihm, Asheton Noxley, ihrem Retter und Helden, in Dankbarkeit zugetan sein sollen. Stattdessen war sie abweisend und verärgert.
Sie sollte ihn lieben. Im Augenblick aber schien sie ihn zu hassen. Nun würde er Tage - oder gar Wochen - darauf verwenden können, sie wieder für sich einzunehmen.
Er war sehr unglücklich, und das verhieß nichts Gutes.
„Ich hatte dir aufgetragen, Carsington verschwinden zu lassen“, sagte er. „Meinte ich nicht, dass dies am einfachsten zu bewerkstelligen sei, indem man ihn auf der Wache verhören lässt?“
Sowie Carsington erst einmal in fremdem Gewahrsam war, wäre es ein Leichtes, sein Verschwinden anzuordnen oder ihn „eines natürlichen Todes“ sterben zu lassen, ohne dass ein Makel auf Seine Lordschaft fiele.
Nun jedoch wusste Mrs. Pembroke, dass jemand in Lord Noxleys Diensten Carsington getötet hatte - vor ihren Augen.
„Ich traue meinen Ohren kaum“, meinte seine Lordschaft und schüttelte betrübt den Kopf. „Man sollte meinen, ihr wärt erfahrene Männer. Aber kaum schnappt ein Mungo nach eurem Bein, ist alle Disziplin dahin. Ihr wusstet, dass wir bei ihm vorsichtig sein mussten und die Sache äußerster Diskretion bedurfte. Dank eurer Unachtsamkeit haftet nun der Makel an mir, den Sohn eines englischen Adeligen auf dem Gewissen zu haben.“
„Wohl wahr, Mylord“, erwiderte Ghazi. „Eine sehr dumme Sache. Doch wenn ich erklären dürfte, worauf wir nicht vorbereitet waren ..."
„Ihr wart auf die Mungo-Attacke nicht vorbereitet!“, meinte Lord Noxley süffisant. „Auf die Hinterläufe aufgerichtet, dürfte es euch bis ans Knie gereicht haben. Ach, aber diese kleinen scharfen Zähne! Wenn sie sich erst mal festgebissen haben, lassen sie nicht mehr los. Furchteinflößende Ungeheuer, wohl wahr.“ „Ich weiß nicht, wie es sein konnte“, erwiderte Ghazi unbeirrt, „aber der Mungo schien den Ägyptern Mut zu machen. Sie haben sich auf einmal gewehrt und gegen uns gekämpft! “
Lord Noxley runzelte die Stirn. Darauf hätte wirklich niemand vorbereitet sein können. Ägypter - also gewöhnliche Ägypter, keine Soldaten - duckten sich, versteckten sich oder rannten davon. Sie kämpften nicht.
„Hätten sie nicht gekämpft, hätten wir den Engländer ohne Probleme mitnehmen können“, sagte Ghazi. „Wir hätten nur ein paar seiner Leute ein wenig schlagen müssen, dann hätte er schon klein beigegeben. Ein großer, starker Mann, aber sein Herz ist weich. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass es dumm und unnötig war, ihn umzubringen. Unentschuldbar.“
Lord Noxley dachte kurz nach und meinte: „Der Mörder muss zur Verantwortung gezogen werden.“
Ghazi nickte fromm.
„Du solltest ihn den türkischen Soldaten übergeben“, beschied Lord Noxley.
Vierzig türkische Soldaten waren in Luxor stationiert, denn es war eine wichtige Stadt. Den Mörder zu foltern würde ihnen eine Freude sein, und die Soldaten bei Laune zu halten war ein Weg, sich ihrer Loyalität zu versichern. Sie zu bezahlen - was der Pascha des Öfteren versäumte - war ein anderer. Doch das sollte kein Problem sein.
Wenn er erst mal mit Virgil Pembrokes wohlhabender Witwe verheiratet war, könnte Lord Noxley es sich leisten, spendabel zu sein.
Montag, 30. April
„Teufel aber auch! “, rief Miles aus. „Du solltest in Kairo sein, wo du in Sicherheit bist.“
Das war nicht eben die herzlichste Begrüßung für seine Schwester, die er seit einem Monat nicht gesehen hatte, aber ihm war gerade auch nicht sehr herzlich zumute. Er hatte rasende Kopfschmerzen, seine Augen brannten, und in seinem Mund war
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