Eine hinreißende Schwindlerin
verzweifelt hervor.
„Gar nicht, du Idiot.“
„Ich weiß, dass ich ein Idiot bin, aber ich werde alles tun, um sie zurückzubekommen.“
Ned verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was hast du dann vor?“
„Etwas äußerst Unehrenhaftes“, gestand Gareth. „Zur Not werde ich sie mit einer List dazu bringen, mich zu heiraten.“
Ned zuckte verblüfft zusammen. „Heiraten? Dich? Welche Vorteile hätte sie denn dadurch?“ Er sah zur Seite, und seine Lippen bewegten sich kaum merklich, als führte er ein Selbstgespräch.
Vielleicht zählte er die vielen Male zusammen, die Gareth ihn im Stich gelassen hatte. Gareth hatte Angst vor dieser Bilanz. „Verstehst du denn nicht“, brach es aus ihm hervor, „so wird die Rechnung für mich nie aufgehen. Ohne sie kann ich nichts wieder ins Lot bringen. Nicht bei dir und auch nicht bei Laura. Ich weiß, du zählst alle Möglichkeiten auf, wie du es mir heimzahlen kannst …“
Ned sah Gareth erstaunt an. „Ich hatte eigentlich die Stunden gezählt, bis ihr Schiff ablegt. Und ich versuche mir einen Grund auszudenken, warum ich dir auch nur eine einzige davon gönnen sollte. Ich möchte, dass ihre letzten Erinnerungen an England angenehm sind. Warum sollte ich zulassen, dass du ihr diese Erinnerungen verdirbst?“
„Weil ich es noch einmal versuchen muss. Ich muss das in Ordnung bringen …“
„Falsche Antwort.“ Ned wandte sich ab. „‚Weil ich sie glücklich machen will‘ wäre besser gewesen.“
„Das auch.“
„Wenn sie dir wirklich etwas bedeuten würde“, schnaubte Ned, „hättest du dir längst diesen Mistkerl in ihrer Bank vorgeknöpft, anstatt dich weiß Gott wo herumzutreiben.“
Diese Worte ergaben nun gar keinen Sinn. Vielleicht war Gareth ja so durcheinander, weil er spürte, wie Jenny ihm immer weiter entglitt. Er versuchte es trotzdem. „Mistkerl? Bank? Wovon redest du?“
Ned betrachtete ihn nachdenklich. „Ich werde es dir erzählen“, meinte er schließlich, „aber glaub nicht, dass das etwas ändert. Ich werde dennoch nicht zulassen, dass du sie unglücklich machst. Nicht noch einmal.“
Die Bank, zu der Ned ihn geführt hatte, war kleiner als die Geldinstitute, bei denen Gareth sonst seine Geschäfte abwickelte. Und schäbiger war sie auch; die Holzmöbel waren verschrammt und hätten dringend etwas Politur gebraucht. Die grünen Samtvorhänge waren ausgeblichen, und Gareth hätte wetten mögen, dass jede Menge Staub auffliegen würde, wenn er an ihnen rüttelte.
Als er und Ned die Bank betraten, erregten sie sofort die Aufmerksamkeit der Angestellten und des Direktors. Das lag nicht nur an Neds eleganter Erscheinung, die auf Reichtum schließen ließ, sondern vor allem an dem weißhaarigen Anwalt in seiner Begleitung, der die vielen Interessen der Carharts vertrat. Und selbst wenn die Angestellten dieser Bank den Marquess of Blakely nicht auf Anhieb erkannten – Martin Scorvil, der Anwalt, war ihnen ein Begriff. Der ältere Herr galt als Genie in Sachen Vermögensverwaltung und daher hatte er meist äußerst wohlhabende Mandanten.
Gareth fand die Reaktionen amüsant. Der Bankdirektor eilte augenblicklich auf Ned zu und schüttelte ihm überschwänglich die Hand. Immer wieder verneigte er sich und brabbelte unverständliches Zeug vor sich hin, bis er ganz außer Atem war. Und als er begriff, dass auch noch ein Marquess anwesend war – den er zunächst nicht als solchen erkannt hatte, weil Gareth noch immer nicht seine Reisekleidung abgelegt hatte –, zog er ein Taschentuch hervor und wischte sich damit über die Stirn. Aber Gareth war nicht hier, um für sich ein Konto zu eröffnen. Sobald Ned und der Anwalt mit dem Direktor über einen Treuhandfonds sprachen, den Ned für seine zukünftige Frau einrichten wollte, machte Gareth sich auf die Suche. Er schlenderte durch die Schalterhalle und wechselte ein paar Worte mit einem Angestellten. Der zeigte auf den Mann, der jetzt neben dem Direktor stand und sich eifrig Notizen machte. Der Kerl hatte eine spitze Nase wie ein Wiesel und wirkte sehr affektiert. Gareth schürzte die Lippen. Er war nicht mitgekommen, um Neds Transaktionen mehr Gewicht zu verleihen. Seine Pflicht war eine ganz andere.
Er hatte an Jenny etwas gutzumachen. Der Gedanke, dass sie für immer fortgehen würde, wühlte ihn so sehr auf, dass er nur allzu bereit war, seine Rachegelüste an einem geeigneten Objekt auszulassen. Jenny und Rache – eigentlich passten diese Worte gar nicht zueinander. Und
Weitere Kostenlose Bücher