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Eine hinreißende Schwindlerin

Eine hinreißende Schwindlerin

Titel: Eine hinreißende Schwindlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: COURTNEY MILAN
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Schwester – seine viel jüngere Halbschwester, genauer genommen – lächelte ihn an. Doch der Ausdruck ihrer Augen spiegelte nicht Hoffnung oder Glück wider, sondern Furcht. „Tee?“
    Zur Schlacht wurde stets Tee gereicht. „Ja, bitte“, erwiderte er.
    Ohne mit der Wimper zu zucken, konnte er seine Besitztümer verwalten. Er hatte den brasilianischen Regenwäldern monatelang die Stirn geboten. Doch dieses stille Zimmer mit den rosa Seidenvorhängen und dem angenehmen Plätschern des Springbrunnens draußen vor dem Fenster… Nun, es bezwang ihn jedes Mal wieder.
    Nicht so sehr das Zimmer, vielmehr Laura selbst. Sie presste konzentriert die Lippen aufeinander, als sie vorsichtig einen Löffel Sahne in Gareths Tee gab, genau die Menge, die Gareth bevorzugte.
    Jeden Monat bemühte Laura sich verzweifelt, ihm eine Freude zu machen. An diesem Tag trug sie ihren besten Morgenmantel aus irgendeinem dünnen rosafarbenen Baumwollstoff mit weiten, von Bändern verzierten Ärmeln. Ihr hellbraunes Haar hatte sie locker hochgesteckt.
    Jetzt reichte sie ihm die hauchdünne Porzellantasse mit Untertasse, als könnte Tee auf magische Art und Weise die Situation zwischen ihnen verbessern. Natürlich konnte er das nicht. Nach Lauras Geburt war Gareth viel zu beschäftigt damit gewesen, zu lernen, wie man ein Marquess wurde, um ein echter Bruder werden zu können. Nun waren sie beide erwachsen und noch immer in diesen unangenehmen Verhaltensmustern gefangen.
    Unangenehm?
    Jeden Monat lud sie ihn zum Tee ein. Jeden Monat nahm er die Einladung an. Und jeden Monat … Diese unglückseligen Begegnungen „unangenehm“ zu nennen, war wohl die Unterreibung schlechthin.
    Ihre Nachmittage begannen stets auf dieselbe Weise. Gareth bemühte sich verkrampft, ein Gesprächsthema zu finden, und Laura versuchte, seine Schweigsamkeit dadurch wettzumachen, indem sie für sie beide sprach.
    „Gefällt dir mein Retikül?“ Sie stellte ihre Tasse klirrend ab, griff nach einem Bündel rosafarbener Seide und hielt es ihm zur Besichtigung hin.
    Der fragliche Gegenstand war mit rosa Rosen bestickt, die wiederum rosa Blätter und rosa Dornen aufwiesen. Das Ding schien gerade groß genug, um eine Visitenkarte darin unterbringen zu können – eine rosa Visitenkarte. Das Täschchen war nicht einfach nur rosa. Es war mörderisch rosa.
    Gareth suchte nach einer halbwegs positiven Antwort. „Es sieht recht … praktisch aus.“
    Sie rümpfte die Nase. „Ach so. Ich hatte es nämlich mit, als Alex mit mir ausgefahren ist, und er meinte, es würde die Pferde scheu machen. Ich musste die ganze Fahrt über darauf sitzen und er ist auch nur eine Runde mit mir durch den Park gefahren.“ Laura sah Gareth an.
    Unter diesem Blick – diesem schrecklichen Blick, der besagte, dass sie trotz aller seiner Verfehlungen immer noch Wert auf Gareths Meinung legte – ließ er unwillkürlich die Schultern hängen. Er wünschte, er hätte wenigstens eine Sache getan, die so einen Blick rechtfertigen konnte. Madame Esmeralda hatte ihm vorgeworfen, ein Automat zu sein. In Gegenwart seiner Schwester fühlte er sich wie eine unbeholfene Marionette mit schlecht zusammengesetzten Gliedern, die nicht in der Lage war, die einfachsten Aufgaben zu meistern. Wie sie wohl gelacht hätte, wenn sie ihn jetzt so hätte sehen können.
    „Glaubst du“, meinte Laura leise, „mein Verlobter hasst dieses Retikül?“
    Fragen wie diese waren gefährlicher als eine Horde marodierender Türken. Es gab einfach keine richtigen Antworten darauf, niemals. Gareth versuchte es dennoch. „Ich glaube schon, dass es ihm gefällt, aber er ist eben nur ein Mann. Er wird seine Zeit nicht damit vergeuden, über gestickte Blumen zu sinnieren, auch wenn er dich heiraten will.“
    Sobald seine Schwester zusammenzuckte, wurde Gareth klar, dass vergeuden nicht das richtige Wort gewesen war dass er mit seiner schnörkellosen Bemerkung den falschen Ton getroffen hatte. Denn es waren nie der Tee oder die Gurkensandwiches gewesen – mit oder ohne Kruste –, die diese Zusammenkünfte jedes Mal zum Scheitern verurteilten. Es war Gareth selbst. Er hatte keine Ahnung von rosa Seide und Stickereien. Und, verdammt, er hatte auch keine Ahnung von der Frau, die ihm jetzt gegenübersaß. Obwohl sie seine Schwester und damit die engste Verwandte war, die er noch hatte, war sie ihm nach wie vor ein Rätsel.
    Diese Szene hatte sich stets wiederholt, seit Laura vier und Gareth zwanzig gewesen war, als sie ihn bei einem

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