Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)
dich wohl oder übel mit den anderen teilen müssen. Ach, übrigens, das Blumengeschäft hat angerufen, die Anemonen sind kein Problem.«
Nach ihrer Ankunft hatte sich Bridget mit Nora im Vestibül getroffen, und sie hatten bei einer Tasse Tee in der Bibliothek über die Hochzeit gesprochen, beide auf Einfachheit bedacht. Bridget entdeckte, daß Nora sich mit Bill zusammen bereits um die Details gekümmert hatte – die Musik, die Blumen, den Fotografen, das Essen –, und ihr war eine Last von den Schultern gefallen. (Eine Hochzeit, hatte sie in den vergangenen Wochen mehr als einmal gedacht, war eine kleine Inszenierung mit Bühnenbild, Publikum und Schauspielern, die ihre Rollen spielen mußten.) Nora, die eine Art übersinnliches Einfühlungsvermögen entwickelt zu haben schien, spürte es sofort, als Bridget müde wurde. »Leg dich ein bißchen hin«, sagte sie. »Hast du etwas gegen Zimmerservice?«
Bridget, die selten Gelegenheit gehabt hatte, den Zimmerservice in einem Hotel in Anspruch zu nehmen, lächelte nur.
»Ich lasse Sandwiches für euch alle hinaufschicken«, sagte Nora und stand auf.
Bridget war von ihrem Zimmer begeistert. Es war offensichtlich die Hochzeitssuite, mit einem Salon und einem Badezimmer, das größer war als ihr Wohnzimmer zu Hause. In seiner Mitte stand erhöht eine riesengroße Badewanne mit glänzenden Chromarmaturen. Matt und Brian staunten und zeigten sich dann etwas verlegen angesichts der besonderen Annehmlichkeiten. Der luxuriösen Wanne. Der Kerzen am Bett. Des silbernen Eiskübels für den Champagner im Salon.
Bridget machte ein Nickerchen unter dem Federbett und stand auf, als das Essen kam. Nora, die selbst keine Kinder hatte, schien zu wissen, daß halbwüchsige Jungen mit Riesenappetit ausgestattet waren. Es war ein ganzer Berg von Broten, kalter Braten und Hühnchen für die Jungen und Bill, geschälte Gurke für sie. Die Gurken waren knackig und kalt, und Bridget nahm sich vor, gleich wenn sie wieder zu Hause war, ein halbes Dutzend einzukaufen. Sie gehörten zu den wenigen Nahrungsmitteln, die ihr in den letzten Wochen geschmeckt hatten. Nach dem Mittagessen wollten die Jungen unbedingt eine Wanderung machen, und Bridget drängte Bill, mit ihnen zu gehen. Sie wolle allein sein, erklärte sie, um sich auszuruhen, nachzudenken, ihre Gedanken treiben zu lassen.
Sie nahm ein Bad und ließ von den Düsen Schaum aufwirbeln, der ihr bis zum Kinn stieg. Ihre Haut war rosig und schrumpelig, als sie aus der Wanne stieg, und sie fühlte sich entspannt. Der Zustand dauerte allerdings nur bis zu dem Moment an, als sie begann, sich zu schminken und ihr Korsett anzulegen. Sie hatte zwei mögliche Ensembles für die Cocktail-Party. Das erste war ein Kleid, von dem sie geglaubt hatte, es würde wegen der lose geschnittenen Taille gut sitzen, aber als sie es anhatte, mußte sie sofort an Madeleine Albright denken. Sie setzte die Perücke dazu auf, weil sie meinte, das Haar würde schmeicheln, aber bei der perfekt gestylten Haarpracht mußte sie prompt an Margaret Thatcher denken. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als das graue Kostüm anzuziehen. Es war zu eng, aber das würde sie eben ertragen müssen. Zuerst der Longline-BH, dann das Miederhöschen, dann die Strumpfhose. Bridget war schweißgebadet, noch ehe sie den Rock angezogen hatte. Von Zeit zu Zeit klopfte Bill an, um ihr Bulletins von unten zu übermitteln. Matt und Brian hätten sich sehr ordentlich benommen. Jerry hätte Krach mit seiner Frau. Rob sei in Begleitung gekommen – mit einem Kerl. Dafür hatte Bridget die Tür einen Spalt geöffnet, der Dampf war in Wolken entwichen. Sie hatte auf Einzelheiten bestanden. Nach einer Weile waren Bills Stippvisiten häufiger geworden. »Wir warten alle«, hatte er in leichtem Singsang verkündet und seine Besorgnis kaum zurückhalten können.
Die Perücke krauste sich im Dampf. Wenn sie nicht tief atmete, dachte Bridget, würde ihre Kostümjacke zwischen den Knöpfen nicht klaffen. Sie trat aus dem Badezimmer. Bill wartete an der Tür. »Du siehst wunderschön aus«, sagte er, genau das Richtige natürlich, doch sie glaubte ihm keine Sekunde. Irgendwann mußte es einem einfach egal sein, wie man aussah, sagte sie sich, als sie zu ihrer Handtasche griff und in ihre hochhackigen Schuhe stieg. Alter und Krankheit mußten akzeptiert werden. Dies war schließlich ihr Hochzeitswochenende.
Bridget stieg die Treppe hinunter, mit wippendem Schritt. In einem Spiegel auf dem
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