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Eine Idee des Doctor Ox

Eine Idee des Doctor Ox

Titel: Eine Idee des Doctor Ox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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und seine Freunde nicht mehr wieder. Die friedlichsten Leute brachen Streit und Zank vom Zaun, und man durfte
     Niemanden schief ansehen, ohne befürchten zu müssen, daß sofort Cartellträger geschickt würden. Einige der Herren hatten sich
     einen Schnurrbart stehen lassen, und andere – die Haupt-Kampfhähne – stolzirten mit einem Knebelbart einher.
    Unter solchen Verhältnissen wurde die Verwaltung der städtischen Angelegenheiten, die Aufrechterhaltung der Ordnung in öffentlichen
     Gebäuden und auf der Straße äußerst schwierig, denn die verschiedenen Aemter waren für einen ganz anderen Zuschnitt der Dinge
     organisirt worden. Der Bürgermeister – dieser würdige Vater der Stadt, den wir als einen sanften, durchaus maßvollen Mann
     kennen lernten, der ganz außer Stande war, irgend eine Entscheidung zu treffen – derselbe Bürgermeister hörte nicht auf zu
     toben und zu wüthen. Das Haus hallte wieder von dem Schall seiner Stimme; er erließ täglich mindestens zwanzig Verordnungen,
     ertheilte seinen Beamten eine Nase über die andere und war bereit, die Acte seiner Verwaltung selbst zur Ausführung zu bringen.
    Ach! welche Veränderung! Wo war die Ruhe der ehemals so echt flämischen Bürgermeisterwohnung geblieben? Welche Haushaltungsscenen
     spielten sich jetzt täglich und stündlich in ihren Mauern ab? Frau van Tricasse war mürrisch und launenhaft geworden und schalt
     mit ihrem Gatten um die Wette. Es gelang ihm nur noch, ihre Stimme zu übertönen, weil er lauter schreien konnte als sie; seine
     Frau zum Schweigen zu bringen, wäre aber auch für ihn ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Frau van Tricasse ärgerte sich über
     Alles und Jedes. Nichts wollte ihr gelingen; der Dienst wurde schlecht besorgt, Niemand kam zur rechten Zeit; sie klagte sowohl
     Lotchè als auch ihre Schwägerin Tatanémance an, und diese ließ es an scharfen Erwiderungen nicht fehlen. Natürlich hatte Herr
     van Tricasse nichts Besseres zu thun, als seiner Magd Lotchè die Stange zu halten, wie man das ja überall, selbst in den besten
     Haushaltungen, finden kann. Die Folge davon: permanente Erbitterung der Frau Bürgermeisterin, Schimpfen, Zanken, Schelten
     – kurz unaufhörliche Scenen des Haders und der Zwietracht.
    »Was ist aus uns geworden? rief der unglückliche Bürgermeister eines Tages aus. Welcher Geist ist in uns und unsere Stadt
     gefahren? Sind wir denn vom Teufel besessen? Ach! Frau van Tricasse, Frau van Tricasse, Du wirst mich noch vor der Zeit unter
     die Erde bringen und so gegen die altehrwürdigen Traditionen unserer Familie verstoßen!«
    Der Leser wird sich vielleicht noch an die sonderbare Pflicht des Herrn van Tricasse erinnern, daß er Wittwer werden und sich
     wieder verheiraten mußte, um nicht eine Kette der bindendsten Convenienzen zu unterbrechen.
    Außerdem erzeugte diese merkwürdige Stimmung der Geister noch andere Wirkungen, von denen wir nothwendig hier berichten müssen.
     Die Ueberreiztheit und unnatürliche Aufregung, deren Ursache uns bis jetzt entgangen ist, rief physiologische Neugeburten
     hervor, die schwerlich Jemand erwartet hätte. Talente, die sonst unbekannt geblieben wären, tauchten auf; verborgene Genies
     enthüllten sich, und bis zur Zeit ganz mittelmäßige Künstler erschienen in einem neuen, vortheilhafteren Licht. Politiker
     und Gelehrte wuchsen gleichsam aus der Erde hervor; Redner bildeten sich an den schwierigsten Erörterungen und setzten ihr
     Auditorium in Feuer und Flammen, wozu übrigens bei den jetzigen Zeitläuften nicht eben viel gehörte. Aus den Ratssitzungen
     ging die Bewegung in die öffentlichen Versammlungen über, und ein Club wurde gegründet; andererseits aber erschienen etwa
     zwanzig neue Tageblätter in der Stadt, die unter anderen folgende Namen führten: »Der Beobachter in Quiquendone«, »Der Unparteiische von Quiquendone«, »Der Radicale von Quiquendone«, »Der Ultramontane von
     Quiquendone«; sie wurden sämmtlich mit großem Eifer redigirt, und handelten wichtige sociale Fragen ab.
    Aber was für Fragen? wird man erstaunt ausrufen. Nun diese und jene, wie sie sich eben boten. Bald wurde die Sache mit dem
     Audenarder Thurm, der sich inzwischen immer entschiedener nach einer Seite neigte, und den die eine Partei einreißen, die
     andere stützen wollte, näher ventilirt; ferner unterzog man die neuen Polizeiverordnungen, die der Rath ergehen ließ, und
     denen sich harte Köpfe widersetzten, einer Kritik, und endlich

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