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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Mensch auf der Insel, und immerhin hatte es ihm den Funkenmacher gegeben. Im Moment brauchte Mau ihn nicht, aber er war immer noch ein wunderbares Werkzeug.
    Als sich die Sonne der Kleinen Nation näherte, erhob er sich und ging am Strand entlang zum unteren Wald.
    Mau konnte riechen, wie Dinge wuchsen. Hier unten war es nie besonders hell gewesen, aber das große Kanu hatte eine breite Schneise hinterlassen, und nun drang das Sonnenlicht bis zu Stellen vor, die es seit Jahren nicht gesehen hatten. Das Wettrennen um die begehrten Plätze an der Sonne hatte begonnen. Neue grüne Schösslinge kämpften um den freien Zugang zum Himmel, Farnwedel entrollten sich, Samen brachen auf. Die grünen Gezeiten ließen den Wald zurückkehren, und schon in sechs Monaten wäre nicht mehr zu erkennen, was hier geschehen war.
    Mau ging langsamer, als das Wrack des großen Kanus in Sicht kam, aber er konnte keine Bewegung erkennen. Er musste jetzt sehr vorsichtig sein. Man konnte sehr schnell etwas falsch verstehen.
    Sehr schnell konnte man etwas falsch verstehen.
    Sie hasste den Namen »Ermintrude«. Eigentlich war es nur die »trude«. »Ermin« hingegen fand sie gar nicht so schlimm.
    Auch »Trudy« klang noch recht lustig, aber ihre Großmutter behauptete, dass es zu schnell klang, was auch immer das bedeuten sollte, und sie hatte ihr verboten, diese Form zu benutzen. Selbst »Gertrude« wäre in Ordnung gewesen. Darin steckte zwar immer noch die »trude«, aber eine der königlichen Prinzessinnen war auf den Namen Gertrude getauft worden, und von manchen Zeitungen wurde sie »Prinzessin Gertie«
    genannt, und dieser Name klang nach einem Mädchen, das viel Spaß im Leben hatte.
    Ermintrude jedoch – fand sie jedenfalls – war ein Name, mit dem man zwar einen jungen Mann zum Tee einladen konnte, dann aber garantiert alles verpatzen würde. Der Kohlenofen rauchte immer noch. Das Mehl für die Brötchen hatte komisch gerochen, bestimmt wegen des toten Hummers im Fass, und sie war sich außerdem ziemlich sicher, dass es auch nicht gut war, wenn sich ein Teil des Mehls bewegte. Sie hatte es geschafft, die letzte Dose mit Dr. Poundburys Patentierter Ewig Haltbarer Milch zu öffnen, von der auf dem Etikett behauptet wurde, dass sie auch nach einem Jahr noch genauso gut schmeckte wie am Tag der Abfüllung. Leider stimmte das wahrscheinlich. Die Milch hatte nach ertrunkener Maus gerochen.
    Wäre sie doch nur angemessen vorbereitet gewesen! Sie wünschte sich, jemand hätte daran gedacht, ihr wenigstens einen Nachmittag lang ein paar Dinge beizubringen, die sich als praktisch erweisen würden, wenn sie auf einer einsamen Insel strandete! Schließlich konnte dieses Schicksal jeden treffen!
    Selbst ein paar Tipps zum Brötchenbacken wären sehr hilfreich gewesen! Aber nein, ihre Großmutter hatte gesagt, dass eine Dame niemals etwas Schwereres als einen Sonnenschirm tragen sollte. Und schon gar nicht sollte sie den Fuß in eine Küche setzen, es sei denn, um Wohltätigkeitssuppe für die Bedürftigen zu kochen – aber ihre Großmutter glaubte nicht daran, dass es von denen allzu viele gab.
    »Vergiss nie«, hatte sie immer wieder und allzu oft betont, »dass nur einhundertachtunddreißig Personen sterben müssen, damit dein Vater König wird! Und das bedeutet, dass du eines Tages vielleicht eine Königin bist!«
    Großmutter sagte das immer mit einem Ausdruck in den Augen, der vermuten ließ, dass sie bereits 138 Morde geplant hatte, und man musste die alte Dame gar nicht lange kennen, um ihr zuzutrauen, dass sie durchaus imstande war, sie alle auszuführen. Selbstverständlich wären es keine unkultivierten Morde. Verzweifelte Aktionen mit Dolchen und Pistolen passten einfach nicht zu ihr. Sie würde es elegant und taktvoll erledigen.
    Hier würde jemandem ein Ziegelstein aus der Wand seines herrschaftlichen Anwesens fallen, dort würde jemand aufgrund einer gelockerten Geländerstange von seiner Treppe stürzen, und anderswo würde ein verdächtiger Pudding bei einem Palastbankett (Arsen war schließlich sehr leicht mit Zucker zu verwechseln) gleich mehrere Personen gleichzeitig aus dem Weg räumen… Aber wahrscheinlich würde sie nie tatsächlich so weit gehen. Dennoch nährte sie ihre Hoffnungen und bereitete ihre Enkeltochter auf das Leben einer Königin vor, indem sie so weit wie möglich darauf achtete, dass Ermintrude nichts beigebracht wurde, was auf irgendeine Weise von praktischem Nutzen sein konnte.
    Und nun saß sie hier

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