Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
als einzige Person, die für diese Aufgabe geeignet wäre, fiel ihr nur der arme Captain Roberts ein. Immerhin war er ein richtiger Kapitän, aber bedauerlicherweise war er jetzt tot. Andererseits wurde in dem Buch auch nicht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anstandsdame am Leben sein musste. Nur zugegen musste sie sein.
    Und sie besaß ja noch die scharfe Machete, die sie hinter ihrer Koje versteckt hatte. Es war leider keine angenehme Reise mehr gewesen, seit der Erste Offizier Cox an Bord gekommen war.
    Sie warf einen Blick auf das von Decken verhüllte Ding in der Ecke, von dem ein gelegentliches Gemurmel zu hören war. Es musste unbedingt zugedeckt bleiben, sonst würde es wieder anfangen zu fluchen. Manche der Worte, die es aussprach, waren Worte, deren Bedeutung eine anständige junge Dame im Grunde nicht kennen sollte. Doch die Worte, deren Bedeutung sie wirklich nicht kannte, machten ihr noch viel mehr Sorgen.
    Sie wusste, dass sie zu dem jungen Mann nicht besonders nett gewesen war. Eigentlich schoss man nicht auf andere Leute, und schon gar nicht, wenn man ihnen noch nicht einmal vorgestellt worden war. Glücklicherweise war das Pulver nass geworden. Sie war einfach nur in Panik geraten, und das, obwohl er sich doch so große Mühe gegeben hatte, all die toten Menschen im Meer zu bestatten. Wenigstens war ihr Vater noch am Leben und würde schon bald nach ihr suchen – auch wenn es mehr als achthundert Muttertagsinseln gab, wo er nach ihr suchen konnte.
    Sie tunkte ihre Feder in die Tinte und strich »Gouverneurspalast, Port Mercia« ganz oben auf der Karte durch und schrieb sorgfältig »Das Wrack der
Sweet Judy
« darunter.
    Es wären noch viel mehr Änderungen nötig gewesen.
    Bei der Gestaltung dieser Karten war schlichtweg die Möglichkeit außer Acht gelassen worden, dass man vielleicht jemanden einladen wollte, dessen Namen man gar nicht kannte, der an einem Strand lebte, der kaum Kleidung trug und mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht lesen konnte. Aber sie bemühte sich nach Kräften, beide Seiten der Karte auszufüllen (Hinter den Punkt »Kleidung« schrieb sie: »Ja, bitte.«), und unterschrieb sie dann mit »Ermintrude Fanshaw (Ehrenhaftes Fräulein). Hinterher wünschte sie sich, sie hätte darauf verzichtet, zumindest auf die »Ermintrude«.
    Anschließend zog sie den schweren Ölzeugmantel an, der dem bedauernswerten Captain Roberts gehört hatte, steckte die letzten Mangos in ihre Tasche, nahm ein Entermesser in die eine und die Öllampe in die andere Hand und trat hinaus in die Nacht.
    Als Mau erwachte, schrien die Großväter lautstark in seinem Kopf, und das Feuer war ein großer, glühender Haufen.
    ERSETZE DIE GOTTESANKER! WER BEWACHT DIE NATION? WO IST UNSER BIER?
    Ich weiß es nicht, dachte Mau und blickte in den Himmel. Die Frauen haben das Bier gemacht. Ich weiß nicht, wie. Er konnte doch deswegen nicht zum Frauenhain gehen, oder?
    Er hatte sich dort bereits umgesehen, obwohl Männern der Zutritt verwehrt war. Dafür durften Frauen wiederum nicht das Tal der Großväter betreten. Wenn es erst einmal so weit kam, wäre es das Ende von allem. So wichtig waren diese Dinge.
    Mau blinzelte. Konnte alles noch mehr enden, als es schon geendet hatte? Es gab keine Menschen mehr, wie konnte es also noch Regeln geben? Regeln wurden schließlich nicht einfach angespült!
    Er stand auf und bemerkte sofort den goldenen Glanz.
    Ein weißes Rechteck war in ein Holzstück geklemmt worden, und im Sand sah er zehenlose Fußabdrücke. Neben dem Holz lag wieder eine Mango.
    Sie war hierher geschlichen, während er geschlafen hatte! Auf dem weißen Rechteck waren bedeutungslose Zeichen abgebildet, aber auf der Rückseite fand er ein paar Zeichnungen. Mau kannte sich mit Botschaften aus, und diese war nicht schwer zu verstehen:
    »Wenn die Sonne genau über dem letzten noch lebenden Baum der Kleinen Nation steht, musst du einen Speer auf das große gestrandete Kanu werfen«, sagte er laut. Das ergab zwar keinen Sinn, aber das Geistermädchen selbst ja auch nicht. Andererseits hatte sie ihm den Funkenmacher gegeben – und dabei offensichtlich große Angst gehabt. Auch er hatte Angst gehabt.
    Wie ging man mit Mädchen um? Als Junge sollte man sich von ihnen fernhalten, aber er hatte davon gehört, dass man als Mann andere Anweisungen bekam.
    Und was die Großväter anging und die Gottesanker, die hatte er noch nicht einmal gesehen. Dabei waren es ziemlich große Steine, aber das hatte

Weitere Kostenlose Bücher