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Eine Insel

Eine Insel

Titel: Eine Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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im ersten Licht der Dämmerung vielleicht sogar erkennen, wohin er rannte.
    Mit diesen Gedanken wollte er sich Mut machen, aber trotzdem war ihm eins völlig klar: Eine Sau zu melken konnte beim zweiten Mal nur schwieriger werden, weil man vergessen musste, wie schrecklich dieses Erlebnis beim ersten Mal gewesen war.
    In der Dunkelheit schimmerte die Brandung, wo sie über dem Riff brach, und es wurde Zeit, das alles noch einmal durchzustehen. Mau wäre lieber in den Krieg gezogen.
    Das fanden natürlich auch die Großväter. Inzwischen hatten sie auch genug Zeit gehabt, sich ein paar Schweinegedanken zu machen. IST DAS EINEM KRIEGER ETWA ANGEMESSEN?, murrten sie. SUHLT SICH EIN KRIEGER MIT SCHWEINEN IM SCHLAMM? DU BRINGST SCHANDE ÜBER UNS!
    Dieser Krieger kämpft gegen den Tod!, dachte Mau so laut er konnte.
    Das Baby quengelte bereits. Die junge Frau bedachte Mau mit einem traurigen Lächeln, als er die leere Kalebasse nahm und sie ausspülte. Doch selbst jetzt sprach die Frau kein einziges Wort.
    Und auch diesmal nahm er seinen Speer gar nicht erst mit. Der würde ihn nur behindern.
    Auf dem Hügel über dem Strand saß der alte Mann und starrte in die verblassende Nacht hinauf. Dann nickte er Mau zu.
    »Gehst du wieder melken, Dämonenjunge?«, sagte er grinsend. Er hatte nur noch zwei Zähne.
    »Du kannst es gerne mal versuchen! Dein Mund scheint wie dafür gemacht!«
    »Ha! Aber nicht meine Beine! Trotzdem habe auch ich meinen Beitrag geleistet. Letzte Nacht betete ich zu den Göttern, dass du Erfolg haben mögest.«
    »Ruh dich heute Nacht lieber aus«, sagte Mau. »Ich werde mich ohne Gebet in den Matsch werfen. Und morgen werde ich dann etwas schlafen, und du kannst zu den Göttern beten, dass sie Milch vom Himmel regnen lassen. Vermutlich wirst du feststellen, dass es aussichtsreicher ist, sich im Schlamm zu suhlen.«
    »Du willst jetzt wohl besonders schlau sein, was?«
    »Ich will nur nicht besonders dumm sein.«
    »Wortspiele, mein Junge, nichts als Spiele mit Worten. Die Götter sind in allem, was wir tun. Wer weiß? Vielleicht sehen sie einen Nutzen in deiner bedauernswerten Lästerung. Gestern hast du etwas von Bier gesagt…«, fügte er hoffnungsvoll hinzu.
    Mau lächelte. »Weißt du, wie man Bier macht?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Ataba. »Ich habe lieber die Pflicht übernommen, das Bier zu trinken. Die Herstellung ist Sache der Frauen. Aber das Hosenmenschenmädchen weiß offenbar nicht, wie man Bier macht, ganz gleich, wie sehr ich sie anbrülle.«
    »Ich werde alles brauchen, was noch da ist«, sagte Mau entschieden.
    »Bist du dir da ganz sicher, Junge?«, sagte Ataba mit enttäuschter Miene.
    »Ich werde bestimmt nicht versuchen, Milch aus einer nüchternen Sau zu saugen.«
    »Ach ja«, sagte Ataba traurig. »Nun gut, dann werde ich beten… auch für die Milch.«
    Es war an der Zeit, sich auf den Weg zu machen. Mau wurde klar, dass er die Sache nur hinausgezögert hatte. Er hätte allein auf sich selbst hören sollen. Wer nicht an Gebete glaubte, musste an die Wirksamkeit von schwerer Arbeit glauben. Wenn er jetzt sofort losrannte, blieb gerade eben genug Zeit, eine Sau zu finden, bevor die Schweine aufwachten. Aber der alte Mann starrte noch immer in den Himmel.
    »Wonach hältst du Ausschau?«, fragte Mau.
    »Omen, Vorzeichen, Botschaften der Götter, Dämonenjunge.«
    Mau blickte auf. So kurz vor der Dämmerung war nur noch der Stern des Feuers sichtbar. »Hast du irgend etwas gesehen?«
    »Nein, aber es wäre doch schade, wenn ich etwas verpassen würde, nicht wahr?«
    »Hatte die Welle ein Vorzeichen? Stand da eine Botschaft am Himmel?«
    »Durchaus möglich. Aber scheinbar haben wir sie nicht verstanden.«
    »Das hätten wir aber, wenn sie uns eine Warnung zugerufen hätten. Warum haben die Götter nicht einfach laut geschrien?«
    »HALLO!« Der Schrei war so laut, dass der Berg ein Echo zurückwarf.
    Mau fuhr der Schreck bis in die Knochen, und dann schaltete sich sein Gehirn ein: Der Ruf kommt vom Meer! Da ist Licht auf dem Wasser! Und es sind auch keine Räuber, denn die hätten nicht »Hallo!« gerufen.
    Der alte Mann war sofort auf den Beinen, den Mund zu einem grässlichen Grinsen verzerrt. »Aha, du hast geglaubt!«, tönte er und reckte Mau einen knochigen Finger entgegen. »O ja, du hast es getan, für einen kurzen Moment! Und du hast dich gefürchtet, und das zu Recht!«
    »Da draußen ist ein Kanu mit einem Hummerscherensegel!«, sagte Mau, ohne darauf einzugehen. »Es

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