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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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»Jupiter!«, rief er. »Bin ich froh, dass ihr gekommen seid. Ich habe gerade eine Leiter entdeckt, die am Haus der Vestalinnen lehnt. Sie mag etwas mit dem zwielichtigen Kerl zu tun haben, den ich wegrennen sah. Er ist in die Richtung gelaufen …« Aelianus deutete hinüber zur Regia.
    »Zeigen Sie es uns!« Die Wächter waren nicht vollkommen überzeugt. Praktischer veranlagt, als ich gehofft hatte, waren sie klug genug, ihn zu ihren Nachforschungen mitzunehmen. Aber er war ein Senatorensohn und hatte jedes Recht, auf der Suche nach nächtlichem Vergnügen durch Rom zu schlendern.
    Constantia hatte die Tür hastig zugezogen, bevor uns jemand entdecken konnte. Wieder benutzte sie das Wort, das eine Jungfrau nicht kennen sollte. Mit einer Grimasse bedeutete sie mir, ihr zu folgen, und flüsterte mir zu, sie würde mir den Ausgang zur Via Nova zeigen.
    »Ist der verschlossen?«
    »Ich hoffe nicht.«
    »Gute Götter!« Ich war tief besorgt. Mit der Tatsache, durch ein Gebäude zu schleichen, das Männern strikt verboten ist, vermochte ich umzugehen. Doch ich wollte mich nicht noch mal in einer dunklen Ecke wiederfinden, wo sich Constantia auf mich stürzen konnte.
    Jemand kam. Selbst Constantia wurde allmählich nervös. Ich bat sie, mir den Weg zu beschreiben, und wies sie dann an, schnell in die Sicherheit ihrer eigenen Räume zurückzukehren.
    »Wenn ich verhaftet werde, haben Sie mich nie gesehen und wissen auch nichts von mir!«
    »Oh, das würde ich nicht sagen, Falco!« Das Mädchen war unverbesserlich.
    »Schon gut. Seien Sie vernünftig.«
    Ihre Wegbeschreibung war etwas konfus. Niemand ist perfekt. Constantia war ein entzückendes Wesen, zweifellos voller Talente. Sie hätte vermutlich einen Streitwagen rundenlang um den Circus lenken können, aber als Steuermann war sie unbrauchbar; sie konnte links und rechts nicht unterscheiden. Trotzdem fand ich schließlich die von ihr beschriebene Tür. Leider war sie verschlossen.
    Diese Tür lag im Inneren des Wohnhauses, also konnte man nicht rausklettern. Mit zunehmender Besorgnis machte ich mich wieder auf den Weg in den Garten. Auch hier war das Tor inzwischen von jemandem verschlossen worden. Ich hielt mich tief im Schatten und schlich zurück zu meiner Leiter. Alles ging gut. Inzwischen war ich todmüde, aber ich achtete darauf, wie ich sie anhob und trug. Mehr oder weniger leise schaffte ich es bis zu der Stelle, wo ich hinübergeklettert war, und lehnte die Leiter vorsichtig gegen die Mauer. Rasch stieg ich hinauf, erneut mit der Freiheit in Sicht.
    Als ich die Mauerkrone erreichte, war die Leiter, die ich auf der anderen Seite neben dem Schrein hatte stehen lassen, natürlich nicht mehr da. Auf Aelianus’ Hilfe brauchte ich nicht zu hoffen. Der hatte sich bestimmt längst aus dem Staub gemacht. Ich konnte mich auf das Dach des Schreins hinunterlassen und vorsichtig runterspringen. Ich hatte schon Schlimmeres bewältigt. Aber ich konnte mich auch rittlings auf die Mauer setzen und versuchen die innere Leiter hochzuziehen und hinüberzuhieven. Ich überlegte immer noch, als ich draußen Wächter auf die Tempeleinfriedung zumarschieren hörte. Hastig stieg ich ein paar Sprossen hinunter, damit sie mich nicht entdeckten. Dann packte mich jemand von unten am Fuß.
    Ich dachte, es sei Constantia, die schon wieder über mich herfallen wollte, drehte mich protestierend um und sah in die aufgebrachten Gesichter von drei Liktoren. Normalerweise haben sie nicht viel zu tun; heute war der reinste Festtag für sie. Vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte hatten sie einen Eindringling geschnappt. Sie waren begeistert.
    Der Mann, der mich gepackt hatte, zerrte meinen Fuß von der Sprosse weg. Ich fiel von der Leiter, zum Glück auf ihn. Das ermöglichte mir eine sanfte Landung, schien ihn aber zu verärgern.
    Dann erlaubten die Liktoren mir freundlicherweise, meine Toga umzulegen. So war ich für das Verhör durch die Obervestalin anständig bekleidet. Jenes Verhör, das mir jetzt bevorstand und bei dem sie mich zum Tode verurteilen würde.

XLIX
     
     
    Was für eine schauerliche Frau.
    Die Obervestalin sah aus, als hätte man sie zu lange in Milch gekocht. Sie war in vollem Ornat, trug den weißen Schleier mit Purpurrand, der bei Opferhandlungen angelegt wird, die beiden Bänder mit ihrer speziellen Vestalinnenbrosche unter dem Doppelkinn zusammengehalten. Ich erkannte ihre Figur und Haltung aus dem Theater und von Festen. Eine von der gut gebauten, statuenhaften

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