Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Schritte auf dem Flur.
    Ich sprang auf und hechtete zum Fenster. Constantia legte den Finger auf die Lippen. Die Schritte, offenbar nur von einer Person, entfernten sich. Constantia blieb ganz ruhig. Sie schien den schweren Schritt einer ihrer Kolleginnen erkannt zu haben. Vestalinnen neigen zur Stämmigkeit; als Entschädigung für ihr einsames Leben ernähren sie sich gut.
    Der Zwischenfall erinnerte mich daran, dass ich nicht zu lange verweilen durfte. Constantia hatte sich ebenfalls erhoben und flüsterte mir verschwörerisch zu: »Ich habe das Gespräch mit Ihnen genossen, aber Sie sollten jetzt gehen. Kann gut sein, dass eine von den anderen auf ein Glas vorbeikommt oder sich einen Roman leihen und ein bisschen plauschen will.«
    »Wie nett! Vielen Dank für Ihre Hilfe. Ich verschwinde dann mal die Leiter runter.«
    Verächtlich meinte sie: »Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Eklige, splittrige Dinger …« Woher wusste sie das? »Männer sollten nach Weingenuss nicht über schwankende Leitern klettern. Kommen Sie mit, ich bringe Sie zum Tor.«
    Als sie die Tür zum Flur öffnete, war niemand zu sehen, und es schien vernünftig, durch den Schatten zu schleichen, statt wie ein Dieb Leitern hinabzuklettern. Leise folgte ich ihr durch schwach erleuchtete Korridore hinunter ins Erdgeschoss. Dort lief ich zu der Leiter, die noch an Constantias Fenster lehnte, kippte sie zur Seite und legte sie in der Kolonnade ab, als hätte ein fauler Bauarbeiter sie dort vergessen.
    Wir schlichen durch den dunklen Säulengang zum Tor. Plötzlich hörten wir Geräusche, und eine Tür öffnete sich. Ich konnte nicht sehen, wer da kam. Constantia packte meine Hand und zog mich geistesgegenwärtig zu einer Sänfte, die unbewacht im Vestibül stand. Wir schlüpften hinein und machten die Vorhänge zu.
    Mir ist klar, dass ungehobelte Menschen jetzt wilde Spekulationen anstellen werden, was ein leidenschaftlicher Römer wohl tut, wenn er auf engstem Raum mit einer vestalischen Jungfrau zusammengepfercht ist. Nur die Ruhe bewahren! Sie hatte eine religiöse Berufung; ich war meiner Freundin treu ergeben. Und außerdem mussten wir uns absolut still verhalten.

XLV
     
     
    Nein, ehrlich, Prätor. Ich habe das Mädchen nicht angefasst.

XLVI
     
     
    Allerdings hoffe ich, dass mich nie jemand fragt, was die unverschämte Dame mir angetan hat!

XLVII
     
     
    Jupiter, wie kann man nur so schamlos sein.

XLVIII
     
     
    Nachdem ich mich von meinem Schock erholt und meine Würde wiederhergestellt hatte, hob ich den Vorhang, um zu sehen, ob die Luft rein war.
    Ich kletterte hinaus und schaute mir die Sänfte, in der wir uns versteckt hatten, genauer an. Sie war mattschwarz, hatte silberne Griffe an den Tragestangen und lange dunkelgraue Vorhänge. Dieselbe Sänfte, die ich gegen Mittag beim Haus der Laelii gesehen hatte.
    »Ich weiß, dass die Vestalinnen das Recht haben, in Kutschen zu fahren, aber gehört die hier ihnen auch? Benutzen Sie die, wenn Sie inkognito Nippes und Modesachen einkaufen?«
    »Nein, sie gehört einer Besucherin.«
    »Und wer mag das wohl sein?«
    »Eine ehemalige Vestalin. Manche bleiben auch im Ruhestand hier, werden gut versorgt und genießen die Friedlichkeit eines Heims, das sie kennen. Andere verlassen uns, sind aber stets bei uns willkommen.«
    Das Gefummel mit mir hatte sie nicht aus der Ruhe gebracht, doch sie wusste, dass wir hier in Gefahr waren. Sie versuchte mich weiterzuziehen. Ich widersetzte mich. »Ihre Besucherin hat’s nicht mit Friedlichkeit! Ich weiß, dass sie heute Mittag das Haus der Laelii verlassen hat. Kehrt Terentia Paulla in den Schoß der Schwesternschaft zurück?«
    »Die Obervestalin tröstet sie; Terentia Paulla ist verzweifelt über das Verschwinden der kleinen Gaia.«
    »Ach ja? Ich muss mir ihr sprechen.«
    »Mischen Sie sich da nicht ein, Falco.«
    »Stellen Sie sich mir nicht in den Weg! Muss ich etwa auch durch Ihr Fenster klettern?«
    »Nein. Sie werden jetzt zum Tor hinausspazieren.«
    Ich wusste, dass ich heute Nacht weit genug gegangen war. Also ließ ich mich von Constantia zum Tor führen, das auf die Einfriedung des Vestatempels führte. Mein haarsträubendes Abenteuer näherte sich recht erfolgreich dem Ende. Dachte ich zumindest, bis meine Begleiterin mir das Tor aufschloss.
    Draußen, nahe des Tempels, umringte eine Gruppe von Liktoren und anderer Schwergewichtler einen jungen Mann. Aelianus! Sie schienen ihn eben erst aufgegriffen zu haben. Er schlug sich tapfer.

Weitere Kostenlose Bücher