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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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anzüglich. »Ein richtiger Schatz.«
    Ich schlug mir das Schienbein an einem Gerüstbalken an. »Die Renovierungsarbeiten scheinen hier ziemlich langsam voranzukommen. Sagt bloß nicht, dass Vespasian mal wieder nicht zahlen will.«
    »Die Obervestalin hat alle Pläne für eine komplette Renovierung vorliegen. Sie wird warten. Früher oder später kriegt sie genau das, was sie will.«
    »Das würde ich gerne sehen.«
    »Tja, wie schade!« Sie lachten höhnisch, während sie mich über die Via Sacra schleppten. Sie wussten genau, dass ich nur noch einen Tag zu leben hatte.
    Als wir unterhalb der Gemonischen Treppe im Schatten des Kapitals ankamen, dauerte es Stunden, den Aufseher, der nicht mit Kunden gerechnet hatte, zu finden und herzuholen. Allerdings wurde ich nur zu bald in den Kerker geworfen, normalerweise für Ausländer bestimmt, die gegen Roms Autorität rebelliert haben – dieses kahle, stinkende Loch nahe des Tabulariums, aus dem der Henker seine Opfer holt, damit sie den letzten, tödlichen Preis dafür zahlen, Feinde Roms zu sein. Meine Ankunft erschreckte den Aufseher, der normalerweise ein kleines Vermögen damit verdiente, Touristen die Zellen zu zeigen, in die man die Barbaren am Ende eines Triumphzuges für so kurze Zeit einsperrte. Er würde sie auch weiterhin zeigen, wusste aber, dass ich in den wenigen Stunden bis zu meiner Hinrichtung erwartete, die Einnahmen mit ihm zu teilen. Mürrisch ging er fort, zurück zu seinem Zeitvertreib, was auch immer das sein mochte.
    Das Mamertin ist ein scheußliches Gefängnis. Dicke Wände umschließen die Zellen, die früher Teil eines Steinbruchs waren. Wasser läuft an ihnen herunter. Zumindest bewirkte die Interesselosigkeit des Aufsehers, dass er mich in der oberen Zelle ließ, statt mich durch das Loch im Boden in die Furcht erregenden unteren Regionen zu schubsen. Es war stockdunkel. Es war kalt. Es war einsam und niederdrückend.
    Und es war immer noch, so eben und eben, der achte Tag vor den Iden des Juni. Hinter mir lag der längste Tag, an den ich mich erinnern konnte, und jetzt hatte ich den Tod vor Augen. Ich spielte mit ein paar nicht allzu ernsten Fluchtplänen. Einst hätte ich alles ausprobiert. Doch wenn man ein bekannter, in den Ritterstand erhobener Prokurator der heiligen Gänse und Hühner ist, kann man nie wieder in die Anonymität verschwinden. Wenn mir die Flucht gelänge, gab es für mich kein Leben mehr, selbst auf dem Aventin, weil man mich in der Öffentlichkeit sofort erkennen und auf der Stelle wieder herschleppen würde.
    Da ich über nichts Optimistisches mehr nachsinnen konnte, wickelte ich mich in meine Toga und schlief ein.

L
     
     
    Die Morgendämmerung zog über dem Palatin und dem Kapitol auf und leitete den siebten Tag vor den Iden des Juni ein. Endlich. Dieser Tag musste einfach weniger ermüdend und niederdrückend als der achte sein. Ich hoffte, die Fahrt über den Styx würde leicht und angenehm werden.
    Wäre ich zu Hause gewesen, hätte mein Kalender mich daran erinnert, dass es der Beginn der Vestalia war. Heute würde Vespasian die Lotterie für die neue Vestalin abhalten. Ja, heute, aber erst nachdem die Schreiber im Pontifikalbüro hektisch die Favoritenliste wegen der Abwesenheit Gaia Laelias umgestellt hatten. Heute würde der Kaiser vielleicht von mir erfahren.
    Vielleicht auch nicht. Ich war bereits Geschichte.
    In dieses Loch drang kaum Licht. An den nassen Wänden hatten sich keine früheren Gefangenen verewigt. Keiner konnte genug sehen, um Hilferufe in die Wände zu ritzen. Keiner blieb lange genug hier. Der Gestank war widerlich. Ich erwachte steif und kalt. Hier konnte man wirklich in Panik geraten.
    Ich erleichterte mich in einer Ecke und hinterließ so meine Markierung. Einen anderen Platz gab es nicht. Ich war eindeutig nicht der Erste.
    Helena würde inzwischen genau wissen, wo ich war. Ich fragte mich, was ihr Bruder unternommen hatte, nachdem ich abgeführt worden war. Man würde ihn gezwungen haben, eine offizielle Aussage zu diktieren. Und dann? Bestimmt hatte er seinem Vater erzählt, was passiert war. Die Camilli wussten Bescheid. Helena wusste Bescheid. Ich würde nicht hingerichtet werden, ohne dass vorher ein großes Theater in den Marmorhallen der Bürokratie stattgefunden hatte. Vielleicht würden die heiligen Gänse ebenfalls ein bisschen protestierend schnattern.
    Helena würde zu Titus gehen und sich seiner Gnade ausliefern. Das würde sie tun, obwohl ihre letzten Worte im

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