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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Goldenen Haus absichtlich grob gewesen waren. Er war berühmt für seine Gutmütigkeit. Der Anblick ihrer Verzweiflung würde jeden Groll überwinden, den er hegen mochte.
    Er hatte nicht die Macht, ihr zu helfen. Niemand konnte mich hier rausholen. Ich hatte gegen die Gesetze der Vestalinnen verstoßen. Ich war ein toter Mann.
     
    Jemand weckte den Gefängniswärter.
    Ich raffte mich auf, ein wenig Interesse zu zeigen. Einlass zu bekommen, erfordert langwierige Verhandlungen. Hatte derjenige, der mich besuchen wollte, zu wenig Geld dabei? Offenbar nicht; er war nur ein Amateur.
    »Aelianus!«
    »Der Letzte, den du erwartet hast, nehme ich an?« Er konnte genauso sarkastisch sein wie der Rest seiner Familie. »Ich bin nicht nur ein verwöhntes Bürschlein, Falco. Gut, ich muss zugeben, auch du hast Qualitäten, die du unter dem Mantel der Bescheidenheit verbirgst.«
    »In einer Zelle zu sein, ist schlimm genug, auch ohne den beißenden Sarkasmus anderer ertragen zu müssen. Hau ab, bevor ich dir den Schädel einschlage.«
    Weitere Münzen klimperten, und obwohl der Wärter neugierig war, geruhte er, uns allein zu lassen. Aelianus hob eine kleine Öllampe hoch, blickte sich um und erschauerte.
    Ich redete weiter, damit meine Zähne nicht so klapperten.
    »Nett von dir, mich in meinem Elend zu besuchen. Du musst dich ja mächtig vor deiner Schwester fürchten!«
    »Du etwa nicht?«
    Im Licht seiner Mitleid erregenden Handlampe sah ich, dass dem jungen und edlen Camillus unbehaglich zumute war. Ihm war nicht klar gewesen, dass er nach dem Abgang des Wärters ebenfalls eingesperrt sein würde. Aelianus trug eine hübsche, saubere Tunika, dunkelrot, mit drei üppigen Reihen gewundener Halsborten.
    »Du siehst sehr schick aus. Ich mag Männer, die sich modisch kleiden. Besonders, wenn sie jemanden in der Todeszelle besuchen. Eine Erinnerung an die Normalität; so rücksichtsvoll.«
    »Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, Falco.« Aelianus war bleich, angespannt und überdreht vor nervöser Erwartung. Das war unangebracht. Ich war derjenige, der einen schwierigen Tag vor mir hatte, an dessen Ende eine Totenbahre und eine Urne auf mich warteten. »Wir haben die Sache gemeinsam begonnen«, erklärte er mir großspurig. »Daher muss ich mein Möglichstes tun, dich hier herauszuholen. Ich hab dir was mitgebracht.«
    »Das hoffe ich doch. Die traditionellen Mitbringsel sind ein Schwert, um den Wächter zu töten, und ein großer Satz Nachschlüssel. Ein wirklich gut vorbereiteter Retter fügt auch noch einen Pass und etwas Bargeld hinzu.«
    Er hatte mir eine Zimtschnecke mitgebracht.
    »Frühstück«, murmelte er eingeschnappt, als er mein Gesicht sah. Ich schwieg. »Wenn du sie nicht willst, esse ich sie.«
    »Ich rede mir ein, dass ich nur träume.«
    »Falco, ich habe die ganze Nacht hart für dich gearbeitet. Ich hoffe, die Sache funktioniert. Bald wird jemand kommen.«
    »Ein Weinblattverkäufer? Ein Kichererbsenspezialist?«
    Er beäugte die Zimtschnecke. Ich schnappte sie mir und aß sie selbst.
    Kaum hatte ich mir mit dem Togazipfel die Krumen vom Kinn gewischt, da hörten wir den gedämpften Widerhall schwerer Stiefel. Aelianus sprang auf. Ich sah keinen Grund zur Eile. Die Hinrichtung konnte sich meinetwegen noch ewig hinziehen. Doch es gab keine Hoffnung, meine Verabredung mit den Parzen hinauszuzögern. Das hässliche Gesicht des Wärters tauchte auf, und ich wurde aus meiner gemütlichen Zelle ans grausame Tageslicht gezerrt.
    Draußen zitterte ich zuerst noch mehr, bis die schwache Wärme der Morgensonne mich allmählich wiederbelebte. Meine Augen brauchten einige Zeit, sich an die Helligkeit zu gewöhnen. Dann erkannte ich, dass meine Ehrengarde die beste war, die ich hätte verlangen können: ein kleiner, aber fesch aufgemotzter Trupp Prätorianer. »Ich muss schon sagen, das hat Klasse, Aulus!«
    »Freut mich, dass es dir gefällt. Hier ist unser Kontaktmann.«
    Im nächsten Moment hätte ich fast mein schmackhaftes Frühstück über die gesamte Gemonische Treppe gekotzt. Der Begleiter der großen Jungs in den glänzenden, federgeschmückten Helmen war niemand anderer als Anacrites.
    »Rechts um!« Der besaß vielleicht eine Unverschämtheit! Er erteilte ihnen tatsächlich Befehle. Na ja, als Oberspion waren die Prätorianer schon immer offiziell seine nächsten Anverwandten gewesen. Seine Aufgabe war, genau wie ihre, den Kaiser zu beschützen. In der strikten Palasthierarchie war Anacrites von ihnen

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