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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wollte. Oder, falls Gaia doch zu viel enthüllt hatte, zu versuchen die Wichtigkeit herabzuspielen.
    »Keine Bange. Falco und ich wissen, wie man Beschwerden eines unglücklichen Kindes zu bewerten hat. Das ist immer so peinlich, nicht wahr?«
    »Kinder übertreiben«, verkündete er, erleichtert darüber, dass sie ihn zu verstehen schien.
    »Ich hoffe sehr, dass das der Fall ist!«, stimmte Helena nachdrücklich zu. Dann warf sie ihm ins Gesicht: »Gaia sagt, dass jemand aus ihrer Familie sie umbringen will.«
    »Lächerlich!«
    »Demnach sind Sie es nicht?«
    »Was erlauben Sie sich?«
    »Wer ist es dann?«
    »Niemand!«
    »Das würde ich nur zu gerne glauben.«
    »Was auch immer man Ihnen erzählt hat …« Er hielt inne, in der Hoffnung, Helena verriete ihm weitere Einzelheiten. Da hatte er sich aber getäuscht.
    »Sie wollen, dass wir uns nicht einmischen«, sagte Helena in ruhigem Ton. Ich wusste, was das bedeutete: Für sie war durch den Besuch des Flamen erwiesen, dass die Bitte des Kindes um Hilfe vermutlich gerechtfertigt war.
    »Ich bin froh, dass wir uns verstehen.«
    »O ja«, erwiderte sie. O ja! Sie verstand ihn nur zu gut.
    »Niemand würde ihr jemals Böses antun. Auf Gaia Laelia ruhen große Hoffnungen«, fasste der Flamen Pomonalis zusammen. »Wenn das Los für die neue vestalische Jungfrau gezogen wird …« Seine Stimme verklang.
    Also wurde eine neue Vestalin benötigt, und das kleine Mädchen, das auf meiner Türschwelle gestanden hatte, war für dieses Privileg ausersehen. Deutete ihr Onkel etwa an, dass der Pontifex Maximus Gaias Namen bei der offiziellen Lotterie mit Sicherheit ziehen würde? Unmöglich! Vespasians Hand würde in einer Urne mit einem ganzen Haufen Schreibtafeln herumwühlen. Wie konnte jemand im Voraus wissen, welche in die kaiserliche Pfote geriet? Ich merkte, wie ich angewidert das Gesicht verzog, als mir aufging, dass die Lotterie der vestalischen Jungfrauen ein abgekartetes Spiel war.
    Wie war das möglich? Ganz einfach. Nur ein Name auf allen Tafeln. Oder eine schwerere Tafel, wie ein manipulierter Würfel. Oder, noch einfacher, Vespasian würde den vorher festgelegten Namen verkünden, ohne auf die Schreibtafel zu blicken. Spitzhut begeisterte sich immer noch. »Es würde unsere Familie um ein weiteres Mitglied verringern – aber was für eine große Ehre. Wir sind alle total entzückt.«
    »Schließt das Gaia mit ein?«, fragte Helena kühl.
    »Gaia ist sehr stolz darauf, ausersehen zu sein.«
    »Kleine Mädchen haben oft wunderliche Vorstellungen.« Die Vestalinnen gehörten offenbar nicht zu Helenas Lieblingsfrauen. Ich war überrascht. Ich dachte, sie würde deren ehrbare Rolle und Stellung gutheißen. »Tja, wollen wir hoffen, dass sie erfolgreich ist«, fuhr Helena fort. »Dann wird sie direkt ins Haus der Vestalinnen gebracht und dem Schutz des Pontifex Maximus unterstellt.«
    »Äh … ja«, stimmte der Flamen zu und bemerkte verspätet den Unterton. Er nahm jedoch offenbar an, dass sein Appell erfolgreich gewesen war, und schien gehen zu wollen. Ich packte Julia fester und schlich über den Flur zu einem anderen Zimmer, in dem ich mich verstecken konnte. Als er sich von Helena verabschiedete, sah ich Pomonas Priester mit seinem Umhang und dem Birkenspross von hinten; seine Gestalt verbarg mich vor ihrem Blick, während ich mich wegschlich.
    Ich wartete, bis ich mir sicher sein konnte, dass er verschwunden war, bevor ich wieder auftauchte.
    Als ich die Tür öffnete, hinter der ich mich versteckt hatte, verstellte mir eine kleine entschlossene Person den Weg. Julia wurde mir aus den Armen gerissen. Ich stöhnte, aber nur leise.
    Vor mir stand eine verhutzelte, gebrechliche alte Frau, deren schwarze Augen sich wie Ahlen in mich bohrten. Ein schlechtes Gewissen – für das es keinen verdammten Grund gab – nagelte mich auf der Stelle fest.
    »Ich nehme an, du hast eine gute Erklärung dafür«, verkündete die neu Angekommene in scharfem Ton, »warum du zum Geburtstag der Kleinen nicht nach Hause gekommen bist?« Die hatte ich. Famias Begräbnisriten, wenn man das so nennen konnte bei dem Wenigen, was der Löwe von ihm übrig gelassen hatte; durchaus eine Erklärung, wenn auch keine gute. »Und ich weiß, was mit Famia passiert ist – obwohl ich das vom lieben Anacrites erfahren musste!«
    »Hallo, Mutter«, sagte ich und ließ es demütig klingen. »Wir waren gezwungen, Julias ersten Geburtstag in einer Flaute vor Ostia zu verbringen … Willst du mir nicht

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