Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
Gesicht.
    »Gaia steht unter der Vormundschaft ihres Großvaters. Die Familie hält sich an Traditionen. Mein Schwiegervater wird der Haushaltungsvorstand bleiben, solange er lebt.« Was bedeutete, dass Gaias Vater nach wie vor nicht als volljährig galt und legal der Gewalt des Großvaters unterstand – eine so altmodische Regelung, dass die meisten modernen Männer sie als unerträglich empfunden hätten. Die Möglichkeiten für Spannungen in der Familie waren gewaltig.
    »Gaia Laelia gehört zu einer Familie, die eine lange Geschichte in höchsten priesterlichen Ämtern hat. Ihr Großvater ist Publius Laelius Numentinus, der vor kurzem in den Ruhestand getretene Flamen Dialis …«
    Ja, das war der Idiot, der sich über meine Gänslein beschwert hatte. Interessant, dass er sich tatsächlich von seinem Amt zurückgezogen hatte; auf dem Kapitol schienen ihn alle noch als aktiven Schrecken zu betrachten.
    »Ich dachte, das Priesteramt sei ein lebenslängliches? Hat er sich Pflichtversäumnisse zu Schulden kommen lassen?«, fragte Helena kichernd und ignorierte so die Aufgeblasenheit ihres Gegenübers. Priester, die ihrem Amt Schande machen, können zum Rücktritt aufgefordert werden, was aber selten vorkommt. Denn die Priester des offiziellen Kults haben die Macht, ihre Verbrechen zu vertuschen, und besitzen die Mittel, Kritiker zum Schweigen zu bringen. Sie können absolute Schweinehunde sein, aber die Wahrheit kommt niemals ans Licht. Um ehrlich zu sein, sie können sich wie Schweinehunde benehmen, was jeder weiß, und trotzdem ist ihnen nichts anzuhaben.
    Der Flamen Pomonalis erwiderte steif: »Die Flaminica, seine Frau, ist gestorben. Da die Flaminica offiziell an vielen Zeremonien teilnimmt, muss ein verwitweter Flamen Dialis zurücktreten. Sonst lassen sich wichtige Rituale nicht durchführen.«
    Helenas Stimme wurde kalt. »Ich fand es immer schon schlimm für einen Mann, gleichzeitig seine Frau und seine Stellung zu verlieren. Besonders, wenn die Stellung so bedeutsam und die damit verbundenen Rituale so anstrengend sind. Gaias Großvater muss das Leben jetzt bestimmt als sehr leer empfinden. Ist das ein Teil des Problems?«
    »Es gibt kein Problem.«
    »Da bin ich aber froh.« Helena besaß ein Geschick dafür, höfliche Konversation zu machen, während sie hartnäckig auf einen bestimmten Punkt zusteuerte. Sie wollte wissen, was in dieser Familie vorging, um ein Kind zu dem ungewöhnlichen Schritt zu veranlassen, Hilfe von außen zu suchen. Ein sechsjähriges Kind, das seinen Willen nicht bekam, knallte normalerweise mit Türen, brüllte sich heiser und warf seine Holzpuppe aus dem Fenster, ließ sich dann aber innerhalb kürzester Zeit mit einer Schüssel in Honig gewälzter Nüsse beruhigen. »Trotzdem, Ihre junge Nichte kam mit einer Leidensgeschichte zu uns, und jetzt sind Sie hier, um darüber zu sprechen … Wir fragen uns nur, wie Gaia auf die Idee verfiel, sich Falco anzuvertrauen. Woher wusste sie, wer er ist?«
    »Möglicherweise hat sie seinen Namen im Zusammenhang mit seiner Anstellung als Prokurator der heiligen Vögel aufgeschnappt.« Entzückt stellte ich mir vor, wie ein barscher alter Expriester des Jupiter beim Frühstück wütend explodierte, weil er gehört hatte, dass der Kaiser uralte Verantwortungen an einen emporgekommenen Ermittler delegierte – dem jetzt erlaubt war, ungestraft im Tempelbezirk herumzuschnüffeln. Hatte Vespasian es deswegen getan? »Und ich glaube«, fuhr der Flamen Pomonalis fort, »dass Gaia Laelia eine Verwandte von Ihnen bei dem Empfang kennen gelernt hat, auf dem viel versprechende junge Damen der Königin Berenike vorgestellt wurden.«
    Sein wichtigtuerischer Ton wirkte ziemlich übertrieben. Die einzige Verbindung zwischen mir und Berenike war der uncharakteristische Ausflug meiner Schwester Maia in den Palast. War der Empfang, an dem Maia teilgenommen hatte, mit priesterlichen Verwandten überfüllt gewesen? Ich unterdrückte ein Kichern und fragte mich, was meine Schwester davon wohl gehalten hatte.
    Helena schien sich entschieden zu haben, dem Geheimnis von Maia später auf die Spur zu kommen. »Gut, dann schlage ich vor«, meinte sie in scharfem Ton, der schon fast wie eine Zurechtweisung klang, »dass Sie mir genau sagen, warum Ihre Familie sich Sorgen macht.«
    »Das sollte doch offensichtlich sein!«, fauchte der Flamen. Pure Hinhaltetaktik. In der Hoffnung, dass die kleine Gaia nichts ausgeplaudert hatte, was ihre kostbare Familie geheim halten

Weitere Kostenlose Bücher