Eine Jungfrau Zu Viel
Kopf noch mal um den Türrahmen. »Übrigens, Glaucus, wenn du das nächste Mal den Dreckskerl Anacrites hier reinlässt, frag ihn doch mal, wie er das mit deinem Trainerschwindel gemacht hat, als wir in Ferien waren!«
Selbst wenn man sich geschlagen geben muss und flieht, sollte man daran denken, ein paar spitze Pfähle in Gruben zu stecken, als Falle für den Feind.
Ich ging Maia besuchen.
Mama war bei ihr. Sie waren zusammen unterwegs gewesen, um den Grabstein für Famia auszusuchen. Aus irgendeinem Grund hatten sie sich für den Besuch beim Steinmetz schwere Schleier umgelegt, die sie jetzt in den Nacken geschoben hatten. Sie saßen nebeneinander auf zwei Frauenlehnstühlen, die Hände über dem Gürtel gefaltet, und schauten nachdenklich. Vom Gesicht her hatten sie wenig Ähnlichkeit; Maia kam mehr nach der Familie meines Vaters, genau wie ich. Die stocksteif aufgerichtete Haltung der beiden und ihr Stirnrunzeln ließen aber keinen Zweifel an ihrer engen Verwandtschaft aufkommen. Jemand oder irgendwas hatte sie auf dieselbe Weise betroffen gemacht.
»Was ist passiert? Wenn es um Geld geht, hab ich dir doch gesagt, dass du dir keine Sorgen machen sollst.«
»Oh, es geht um Geld«, fauchte Maia zurück. »Famia hat meistens vergessen, seinen Beitrag für den Begräbnisverein zu zahlen, hab ich erfahren.«
»Er hat es nie vergessen!«, brummte Mama. »Er hat’s versoffen.«
»Das kam nach dem Besuch des Vermieters, der es auf sich nahm, mich – zu meinem eigenen Besten – vor der Gefahr zu warnen, mit der Miete in Rückstand zu geraten.«
»Nimm dich vor dem bloß in Acht!«, murmelte Mama.
»Mutter und ich haben gerade darüber geredet, ob ich nicht einen Besuch bei meiner lieben Freundin Caecilia Paeta machen soll, damit ich auf andere Gedanken komme.«
»Du solltest mehr ausgehen«, stimmte ich vorsichtig zu. Sowohl meine Schwester als auch meine Mutter beobachteten mich mit einem besonderen Glitzern in den Augen. Mama spitzte den Mund. Sie hatte eine Art, nichts zu sagen, die mindesten drei Schriftrollen mit Rhetorik füllen konnte. »Spannt mich nicht auf die Folter. Wer ist Caecilia, und warum bist du hinter ihr her?«
»Caecilia ist eine hochnäsige Nörglerin«, sagte Maia, zerrte sich den Schleier vom Hals und warf ihn beiseite. »Sie ist eine von den Frauen, die ich neulich Nachmittag im Palast kennen gelernt habe. Die Mutter deiner kleinen Gaia, um genau zu sein.«
Ich reichte Julia an Mama weiter, die es immer fertig brachte, unsere Kleine ruhig zu halten. »Und warum willst du sie besuchen?«
»Aus reiner Neugier«, meinte Mama lachend.
Maia schien die Sache ernster zu nehmen. »Ich hab darüber nachgedacht, was ihr gesagt habt – dass das Mädchen Angst vor ihrer Familie hat. Da sich Gaia und meine Cloelia angefreundet hatten, habe ich damals mit der Mutter kurz gesprochen. Sie schien den Kontakt vermeiden zu wollen, aber mir reicht das aus, bei meiner Unverfrorenheit. Ich kann die Sache für dich weiterverfolgen, Marcus.«
»Oh, vielen Dank, aber ich dachte, Helena wollte sie besuchen.«
»Helena hat was anderes zu tun.«
»Und du weißt davon?« Es war einen Versuch wert.
»Ich habe geschworen, nichts zu verraten«, erwiderte Maia und grinste boshaft.
»Mir ist zu Ohren gekommen«, meinte Mama düster, »dass Helena sich mit Gloccus und Cotta eingelassen hat!« Wer zum Hades waren die denn? Klangen wie zwei billige Erotikpoeten.
»Wie auch immer, Marcus, es ist gut, dass du vorbeigekommen bist«, fuhr Maia hastig fort. »Ich lass dich an meinem kleinen Abenteuer teilhaben. Wir brauchen nicht weit zu gehen. Gaias Familie wohnt jetzt auf dem Aventin – eines der wenigen Dinge, worüber die hochnäsige Mutter mit mir gesprochen hat. Weil der Großvater der Flamen Dialis war, diese Rolle offenbar jahrelang mit Beschlag belegt hat, gehörte ihnen seit Ewigkeiten das offizielle Haus, genannt die Flaminia.«
»Das auf dem Palatin?«
»Ja. Schrecklich abgelegener Ort, um Kinder aufzuziehen. Lauter Tempelkomplexe und kaiserliche Paläste da oben.«
»Muss sie verrückt gemacht haben«, war Mamas Meinung.
Maia grinste. »Caecilia Paeta hat mir erzählt, dass ihr Mann und seine Schwester von Kindheit an dort gewohnt haben; sie konnten sich an kein anderes Heim erinnern. Offenbar ist es ein heikles Thema, dass sie alles zusammenpacken und umziehen mussten, als die Flaminica unerwartet starb.«
»Ist sie erst vor kurzem gestorben?«
»Den Eindruck hatte ich. Jedenfalls haben
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