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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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anständige Familien auf dem Aventin hatten alte bekloppte Tanten, die man von jeder Holzaxt fern hielt.
    Ich begleitete Aelianus zum Haus des Senators, um sicherzugehen, dass er nicht von Straßenräubern angegriffen wurde, und kehrte dann zurück zum Aventin. Unterwegs meinte ich mehrmals hinter mir Schritte zu hören, aber ich sah niemanden. In Rom können einen nachts alle möglichen verdächtigen Geräusche nervös machen, sobald man sich erlaubt, sie zu hören.

XVI
     
     
    Der nächste Tag war der letzte Maitag. Ich sah in meinem Festkalender nach, einem abscheulichen Ding, das ich als pflichtbewusster Prokurator jetzt regelmäßig konsultieren musste. Heute hätte ich mich zum Geschworenen in einem Kriminalfall wählen lassen können – wenn mich jemand gewollt hätte. Keiner wollte mich, und so schien der letzte Tag des Monats recht angenehm zu vergehen. Jeder kann ein verantwortungsvoller Bürger sein, wenn der größte Teil der Welt denkt, man sei noch im Ausland.
    Ich ließ den Tag an mir vorüberziehen. Nach der Schiffsreise verspürte ich verspätete Müdigkeit. Und mir war unbehaglich zumute. Den Geflügelprokurator abzugeben, bestimmte von nun an mein Leben. Auf den morgigen Tag fiel ein Hauptfest der Juno Moneta (erinnerte mich mein blöder Kalender). Daran musste ich teilnehmen. Das hatte ich noch nie getan, ganz zu schweigen davon, das Kindermädchen für eine Gänseherde zu spielen. Die Gänse hatten ihren jährlichen geschmacklosen Triumph über eine Auswahl angeblich schuldiger Wachhunde zur Schau zu stellen, arme Streuner, die zusammengetrieben und rituell gekreuzigt wurden. Das entsprach nicht meiner Vorstellung einer vornehmen Verbeugung vor der Geschichte. Heute lümmelte ich jedoch zu Hause rum. Ich sollte auf die kleine Julia aufpassen, während Helena sich irgendwo anders rumtrieb. Als ich wie ein aufgeblasener Paterfamilias, der das gesellschaftliche Leben seiner Frau überprüft, nach Einzelheiten fragte, sah sie mich nur mit treuherzigem Blick an, was bedeutete, dass sie auf krummen Touren war. Was auch immer sie vorhatte, sie nahm Nux als Anstandswauwau mit, plus genügend Brötchen für ein gutes Mittagessen, ihre private Notiztafel und den Stilus, dazu noch mehrere Schwämme. Dann sah ich, wie sie meinen besten Hammer unter ihrem Umhang verbarg. Ich bezweifelte, dass sie eine Freundin besuchen wollte, um mit ihr Stickmuster auszutauschen.
    »Helena, Gefährtin meines Herzens, ist es möglich, dass du mir etwas verheimlichst?«
    »Du willst es gar nicht wissen, Liebster!«, versicherte sie mir. »Genieße deinen freien Tag.« Ihr Ton war freundlich und tapfer wie der eines Bauern, der sein Lieblingspferd mit vollem Futtersack dem Abdecker übergeben hat.
     
    Ich hätte meine Freizeit mit männlichen Aktivitäten verbracht – Forum, die Thermen, Läden und der Versuch, Petronius in der Weinschenke aufzuspüren, die er für seine heutige Mittagspause ausgesucht hatte. Mit Julia im Schlepptau war das nicht möglich. Aber ich ging zu Papas Lagerhaus in den Saepta Julia, um Maias Geldproblem mit ihm zu erörtern; er war nicht da. Selbst Petro hatte sich unsichtbar gemacht, obwohl seine Kameraden im Wachlokal meinten, er würde arbeiten.
    »Hört sich zu fleißig an.«
    »Jeder wird mal erwachsen, Falco.«
    »Wenn das mit Lucius Petronius passiert, braucht der sofort einen Chirurgen!«
    »Nein, jemand hat versehentlich Salat in seiner Gegenwart erwähnt, natürlich ohne dabei an den Liebhaber von Petros Frau zu denken.«
    »O nein! Und jetzt schmollt er?«
    »Empfindlicher Bursche.«
    Die Kleine immer noch auf dem Arm, ging ich trotzdem zum Forum. Julia liebte Menschenmengen. Je schäbiger, desto begeisterter gurgelte sie. Meine Familie würde sagen, wenigstens in dieser Hinsicht gebe es keinen Zweifel daran, wer ihr Vater sei.
    Auf der Rückseite des Castortempels befand sich das Badehaus, das ich frequentierte. Ich ging ein Risiko ein. Glaucus, der strenge Besitzer, hatte strikte Eintrittsregeln aufgestellt. Sein Haus war als Rückzugsort für ernsthafte, gestandene Männer gedacht. Frauen war der Zutritt verboten. Ebenso hübschen Jungs oder den Päderasten, die nach ihnen gierten. Meines Wissens nach war noch niemand verrückt genug gewesen, mit einem einjährigen Kind aufzutauchen. Am Pförtner kamen wir auf den Schwingen schierer Neuheit vorbei. Schamlose Unverschämtheit brachte mich durch den Umkleideraum, und ich war auf dem Weg ins Gymnasium, als ich Glaucus’ raue

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