Eine Jungfrau Zu Viel
sarkastische Stimme einen Unglücklichen anschnauzen hörte, der mit Hanteln trainierte; ich verlor den Mut und beschloss, mich an einem anderen Tag fit zu machen.
Ich schlich mich so schnell ich konnte durch die Bäder und sah dann bei dem Masseur hinein, einem riesigen Bullen aus Tarsus mit legendären Kräften in den Händen. Er knetete Helena Justinas Vater durch. Ich trat mit Julia ein, und wir setzten uns auf eine Seitenbank, auf der normalerweise der nächste Kunde voller Entsetzen wartete. Der Masseur betrachtete die Kleine mit finsterem Blick, war aber zu verblüfft, um etwas zu sagen. Ich grinste, während ich Decimus musterte. »Danke für das Essen neulich. Sie haben es geschafft, die Tinte abzuschrubben, wie ich sehe!«
»Das Kind hat sich inzwischen enorm entwickelt. Du hättest mich warnen können.«
»Stehen hat sie auf dem Schiff gelernt. Sie befand sich bei rauem Wetter neben der Reling, als sie es zum ersten Mal versuchte. Mir wäre jahrelanger Ärger erspart geblieben, wenn ich zugelassen hätte, dass sie über Bord gepurzelt wäre – aber ich wusste, dass sie Ihre Lieblingsenkelin ist.« Sie war außerdem sein einziges Enkelkind.
»Also hast du sie schnell gepackt?« Julia zu verlieren, hätte ihm wirklich das Herz gebrochen. Ich griff wieder rasch zu, als Julia den Wasserschöpfer aufhob und ihn auf den riesigen schwitzenden Masseur schleudern wollte. Der Senator kicherte, eine reife Leistung, da er bereits unter dem Hagel der Schläge zwischen seine Schulterblätter eine schreckliche Grimasse zog. Mir wurde klar, dass der Masseur mehr an Stammesindividualität glaubte als an eine senatorisch geführte Demokratie. Er ließ seine Aggression eindeutig an Decimus’ Körper aus.
Hier waren Decimus und ich Kumpel und tauschten Geheimnisse aus. »Hat Helena Justina irgendwas über ein Geschäftsunternehmen gesagt?«
»Mir erzählt ja niemand was«, maulte ihr edler Vater. »Die packen mich nur auf eine Speiseliege, damit das Esszimmer nicht so leer aussieht. Was will sie denn kaufen?«, fragte er nervös.
»Vielleicht ein Haus.«
»Davon erfahre ich wahrscheinlich erst, wenn sie ein Dutzend zusammengekauft hat.« Er hielt inne, während der Mann aus Tarsus beiläufig versuchte ihm den linken Arm auszukugeln. »Ich habe Aulus gesagt, er soll dich heute aufsuchen.«
»Schon wieder wegen seiner Kornährenfreunde? Ich dachte, er hätte ihre Geschichte akzeptiert – dass der Mann, den er gefunden hat, das unglückliche Opfer einer schlecht gelaunten Frau sei?«
»Würdest du nicht gerne wissen, wer das Paar war und was sie zu ihrer Tat getrieben hat?«
»Ja, würde ich. Aulus schien weniger neugierig zu sein, als ich ihn gestern zu Hause abgeliefert habe.«
»Na ja, ich hab ihm gesagt, er solle es rausfinden.«
Ich grinste durch den Dampf. »Ich hatte Sie nie für einen Intriganten gehalten, Senator! Soll er die Fakten rausfinden, um den Brüdern zu zeigen, dass er sich gewissenhaft an ihre Schweigepflicht hält – mit dem Ziel, sich Stimmen zu sichern?«
»Große Götter, das wäre ja Erpressung!«, rief Decimus in gespieltem Entsetzen.
»Ich kann die Feier am Wahlabend kaum erwarten!«
In diesem Moment kam Glaucus hereingeschlendert. Beim Anblick der kleinen Julia schwoll ihm vor Entrüstung der Kamm. Begeistert streckte sie die Ärmchen nach ihm aus.
»He, Glaucus! Hier ist jemand, der mit Hanteln trainieren will.«
»Ich hab dir schon wegen deinem Hund Bescheid gestoßen, Falco! Und jetzt wagst du dich hiermit …«
Ich war aufgesprungen. »Ich hab nur deinem hervorragendsten Klienten einen Blick auf sein einzige Enkelkind gönnen wollen, Glaucus.«
»Keine Kinder!« Glaucus stach mir den Finger in die Brust, was fast genauso wirksam war wie eine Speerspitze im Brustbein. »Ich warne dich zum letzten Mal!«
Ich hatte die Tür erreicht. »Wir gehen ja schon.«
Glaucus warf einen angewiderten Blick auf Julia. »Ist das etwa ein Mädchen, Falco?«
»Ein Junge!«, versicherte ihm Decimus rasch. »Julius, nicht wahr, Falco?«
Glaucus kam auf mich zu. Er kannte uns. Es sah aus, als wollte er das überprüfen. Ich drückte Julia schützend an mich. Sie wehrte sich mit einer Kraft wie Herkules. »Ich bringe jeden um, der meinem Sohn unter die Tunika schaut, Glaucus – ohne Federlesen. Das trifft wahrscheinlich auch auf Töchter zu, obwohl ich mich da erst mal erkundigen würde, ob der Kerl Geld hat, um ihretwillen …«
»Raus!«, brüllte Glaucus.
Wir gingen.
Ich streckte den
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