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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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wusste, wenn er schwieg, würden es mir die Dienstboten erzählen. »Ihr wurde erklärt, dass sie sich geirrt habe.«
    »Wurde sie geschlagen?«, fragte ich in neutralem Ton.
    »Nein.« Seine Lippen kräuselten sich verächtlich bei dem Gedanken. Ich blieb skeptisch. Allerdings müssen Vestalinnen an Leib und Gliedern gesund sein. Ihre Mutter, die unbedingt wollte, dass sich Gaia qualifizierte, hätte gegen Prügel protestiert, wenn sie sich auch sonst kaum zu wehren wagte.
    »Wurde sie in ihr Zimmer gesperrt?«
    »Nur kurz. Sie hätte das Haus nicht ohne Erlaubnis verlassen dürfen.«
    »Wo war ihr Kindermädchen, als Gaia das Haus verließ?«
    »Gaia hatte sie in die Speisekammer eingesperrt.«
    Numentinus zeigte keine Regung, aber ich ließ ihn mein leises Lächeln über Gaias Mut und Initiative sehen, bevor ich in demselben neutralen Ton fortfuhr: »Wurde die Speisekammer wieder als Zelle benutzt, als Gaia gestern verschwand?«
    »Nein.«
    »Wer kann mir am besten erzählen, was passiert ist?«
    »Sprechen Sie mit meiner Schwiegertochter.«
    »Vielen Dank.« Mit ihm war ich fertig. Ich hätte ebenso gut gar nicht erst anzufangen brauchen. Das wusste er und war offensichtlich zufrieden mit sich. »Ich werde jetzt nur noch schnell Ihr Zimmer durchsuchen, wenn ich darf, damit Sie hier nicht mehr gestört werden.« Ich sah mich rasch um. Glatte Wände, keine mit Vorhängen abgetrennten Nischen, nur kleine Möbelstücke – bis auf eine Truhe. »Darf ich wohl einen Blick in die Truhe werfen?«
    Numentinus sog scharf die Luft ein. Genau genommen kochte er vor Wut. »Sie ist nicht verschlossen.«
    Ich erwartete eigentlich, dass er aufstehen und mir über die Schulter blicken würde. Stattdessen saß er da wie eine Statue. Rasch ging ich zu dem großen Holzkasten und hob den Deckel. Er war so schwer, dass ich ihn fast fallen ließ, aber ich fing ihn ab und stützte ihn mit einem Arm. In der Truhe lagen Schriftrollen und Geldsäcke. Ich ließ den alten Mann sehen, dass ich sie weit genug zur Seite schob, um überprüfen zu können, ob sich darunter ein Kind versteckte, legte dann Schriftrollen und Säcke an ihren ursprünglichen Platz zurück, senkte den Deckel und achtete darauf, kein sichtbares Interesse am Inhalt der Truhe zu zeigen.
    »Ich danke Ihnen.« Die Geldsäcke warfen jedoch eine andere Frage auf. »Leider besteht die Möglichkeit, dass Gaia Laelia von kriminellen Elementen aus finanziellen Motiven entführt worden ist. Gilt Ihre Familie als wohlhabend?«
    »Wir leben einfach und sehr zurückgezogen.« Numentinus hatte nur einen Teil der Frage beantwortet. Ich hakte nicht nach. Auf Grund meiner Zensusarbeit würde ich schon bald über seine finanzielle Situation Bescheid wissen.
    »Ihr Haus ist recht groß. Ich möchte die Räume vermerken, wenn ich sie überprüft habe. Sie sind erst vor kurzem hier eingezogen. Hat Ihnen der Makler vielleicht einen Grundriss gegeben?«
    »Sie können ihn haben.« Er klatschte in die Hände. Sofort kam ein Sklave herein und wurde zum Verwalter geschickt. »Der Sklave wird Sie bei Ihrer Suche begleiten.« Im Klartext: überwachen. Damit hatte ich gerechnet.
    »Danke. Haben Sie das Haus gekauft oder gemietet?«
    Ich erwartete von ihm zu hören, dass er es gekauft hatte, oder dass er vielleicht entsetzt auf die Vorstellung reagierte, seine Familie würde sich von einem Vermieter abhängig machen. »Gemietet«, sagte er.
    »Ein langfristiger Vertrag?« Offensichtlich, wenn er die Zustimmung des Vermieters für die Bauarbeiten im Atrium hatte. Er nickte hochmütig.
    »Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit und hoffe, die Fragen waren nicht zu quälend. Als Nächstes würde ich gerne mit Ihrer Schwiegertochter sprechen.«
    Der Sklave war bereits zurück und sagte, der Grundriss werde mir bald gebracht.
    »Eines noch, Herr. Ich möchte Ihnen mein Beileid zum Tod Ihrer Frau aussprechen. Sie ist erst vor kurzem verstorben?«
    »Die Flaminica litt an einer tragischen Krankheit, die sie sich letzten Juli zugezogen hatte.« Laelius Numentinus äußerte sich so abrupt, dass ich zusammenzuckte. Zum ersten Mal hatte er freiwillig mehr als nur eine minimale Antwort gegeben. Hatte er seine Frau geliebt? »Es besteht kein Grund – absolut kein Grund –, dass Sie sich damit befassen. Ihr Tod kam plötzlich, wenn auch nicht unerwartet.«
    Das hatte ich nie angenommen. Ich hatte ihn nur fragen wollen, ob Gaia ihre Großmutter besonders gern gemocht hatte und wegen ihres Todes vielleicht verstört

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