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Eine Katze im Wolfspelz

Eine Katze im Wolfspelz

Titel: Eine Katze im Wolfspelz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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mir sehr!«
    »Vielen Dank.«
    »Ich weiß, daß das, was ich Ihnen eben erzählt habe, noch nicht sehr konkret ist. Ich habe sehr viel über unausgegorene Konzepte gesprochen. Aber in ein paar Wochen werde ich Ihnen meine Übersetzung schicken. Treffen Sie keine Entscheidung, bevor Sie sie gelesen haben.«
    »Es ist ein ziemlich kurzes Stück, nicht wahr?«
    »Ja, ich glaube schon. Es hängt zum großen Teil davon ab, wie wir den Chor einsetzen.«
    »Und der Chor wird auch nur aus Frauen bestehen?«
    »Ja. Wie ich schon gesagt habe, die einzige männliche Rolle, die von einem Mann gespielt wird, wird die des Philoktet sein.«
    »Und wie stellen Sie sich die Kostüme vor? Modern?«
    »Das weiß ich noch nicht genau.«
    »Aber nicht griechisch?«
    »Nein, keine Chitone.«
    »Na ja, solange wir nicht nackt sind«, sagte ich. Tricia Lamb warf ihren Kopf zurück und lachte. Und als ich diese Frau so ansah, fiel mir der Kater Abaelard ein. Ich hatte keine Ahnung, warum. Es war nur die Art, wie Tricia Lamb sich bewegte. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, daß Abaelard, wenn ich ihn denn bei meinen Catsitter-Besuchen jemals zu Gesicht bekommen würde, ihr sehr ähneln würde - der Kater Abaelard würde aussehen wie Tricia Lamb, die Produzentin. Vielleicht kam es auch daher, daß ich das japanische Bier nicht gewöhnt war. Oder mein Blutzuckerspiegel war nach dem Pistazieneis dramatisch angestiegen.
    Der Kellner brachte die Rechnung. Tricia Lamb kontrollierte sie ein paar Sekunden, holte ihre Kreditkarte heraus, tat sie wieder in ihre Tasche, holte Bargeld heraus, steckte es wieder in die Tasche, zog die Kreditkarte wieder hervor und zahlte schließlich damit.
    Sie lächelte mich an. Ich fühlte mich unbehaglich. Es war diese Art von Lächeln, die ausdrückte, daß ich weise und wunderbar und viel älter als sie sei. Sie hatte ja keinen blassen Schimmer, daß ich alle meine Falten in dem Moment vergessen hatte, als die siebzehn Mordfälle und die sechzehn Spielzeugmäuse in mein Leben getreten waren und all diese Theorien, für die ich ausgelacht wurde, und all meine Überlegungen, die als schwachsinnig abgetan wurden und ein lieber lieber Freund, den ich fast in den Tod geschickt hatte.
    »Ich fahre in die Stadt. Kann ich Sie mit dem Taxi irgendwohin mitnehmen?«
    »Nein, danke. Ich glaube, ich werde laufen.«
    Wir hatten unser Gespräch beendet, gegessen und bezahlt, aber keine von uns machte Anstalten aufzustehen. Vielleicht war es Einsamkeit. Alternative Theaterleute sind oft sehr einsam. Wir haben unsere Freunde in der Branche verloren.
    »Kannten Sie einen New Yorker Schauspieler, der Bill Lukens hieß?« fragte sie.
    »Ich glaube nicht.«
    »Er war von ungefähr zehn Jahren in New York. Normalerweise machte er Ein-Mann-Stücke.«
    »Nein, ich habe ihn nicht gekannt. Warum fragen Sie?«
    »Aus keinem besonderen Grund. Ich kannte ihn. Wir haben uns aus den Augen verloren.« Ihre knappe Erklärung erinnerte mich an sämtliche unglücklichen Liebesgeschichten, die ich je gehört hatte.
    »Was für Stücke machte er denn?«
    »Ziemlich ausgefallene Sachen. Eine Kombination aus Theater und Gesang. Er hatte eine sehr schöne Stimme.«
    »Wo trat er auf?«
    »Ich weiß nicht mehr.«
    Es war schon sehr merkwürdig, hier zu sitzen, genüßlich über Typen aus der Theaterbranche zu plaudern und dabei zu wissen, daß der arme kranke Tony zu Hause unter den bösartigen Blicken von Bushy auf dem Sofa lag.
    »Er hatte an der Yale-Drama-School studiert«, sagte sie.
    »Eine schöne Schule«, bemerkte ich mit einem leicht ironischen Unterton.
    »Ein schöner Typ für eine schöne Schule.«
    »Hatte er eine Wunde?« Sie lachte laut auf. »Ja. Er war Philoktet.« »Wer ist das nicht? Stimmt doch, oder?« Sie nickte, ihr Gesicht nahm für einen Augenblick einen verbitterten Ausdruck an, und ich dachte, sie würde gleich anfangen zu weinen. Aber das tat sie nicht.
    »Gehen wir«, sagte sie. Wir standen auf und verließen das Restaurant.
    »Hier ist meine Adresse und meine Telefonnummer. Aber zuerst schicke ich Ihnen meine Übersetzung. Lesen Sie sie. Denken Sie darüber nach. Und dann teilen Sie mir Ihre Entscheidung mit.« Wir schüttelten die Hände wie Geschäftsleute. Es war schon sonderbar.
    Es war am selben Tag um acht Uhr abends. Tony lag auf meinem Sofa. Es schien ihm etwas besser zu gehen, obwohl inzwischen offensichtlich war, daß er in absehbarer Zeit keine Schönheitskonkurrenz gewinnen würde, nicht mal den zweiten Preis. Ich

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