Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
gegeben?“, fragte ich.
„Ja. Elizabeth hat uns fünfundvierzig Jahre lang vom Himmel aus beobachtet. Sie gehört genauso zu mir wie jeder von euch.“
„Mama, da steht noch eine ganze Reihe von Namen und Daten auf dem Betthaupt, die mir nichts sagen.“
„8. Juni 1959?“, fragte Mama.
„Ja. Da steht ‚Sam‘.“
„Sam war ein Schwarzer, der in der Fabrik für deinen Vater gearbeitet hat. Dein Vater war immer gerecht und hat alle seine Mitarbeiter mit demselben Respekt behandelt, egal welcher Rasse oder Religion sie angehörten. Aber damals gab es große Rassenkonflikte. Es gab auch einen Gewerkschaftsstreik und eine Menge Schwierigkeiten.
Eines Abends umzingelten einige Streikende deinen Vater, bevor er in seinen Wagen einsteigen konnte. Da tauchte plötzlich Sam mit einigen Freunden auf und die Menge zerstreute sich. Niemand wurde verletzt. Der Streik ging schließlich zu Ende, aber dein Vater hat Sam nie vergessen. Er hat immer gesagt, Sam sei eine Gebetserhörung gewesen.“
„Mama, da stehen auch noch andere Daten auf dem Betthaupt. Darf ich rüberkommen und mit dir über sie sprechen?“ Ich hatte das Gefühl, dass das Betthaupt eine ganze Menge von Geschichten erzählen konnte und ich wollte sie nicht einfach so untergehen lassen.
Beim Mittagessen erzählte mir Mama vom 14. Januar 1951, dem Tag, an dem sie ihren Geldbeutel in einem Supermarkt verloren hat. Drei Tage später war ihr der Geldbeutel mit der Post zugeschickt worden. In dem beiliegenden Brief von einer Frau mit Namen Amy hatte gestanden: „Ich habe mir nur fünf Dollar für das Porto aus Ihrem Geldbeutel genommen. Ich hoffe, Sie verstehen das.“ Es war kein Absender vermerkt, darum konnte Mama ihr nicht danken. Außer den fünf Dollar fehlte nichts.
Und dann George. Am 15. Dezember 1967 hatte George eine Klapperschlange erschossen, die gerade meinen Bruder Dominick beißen wollte. Am 18. September 1971 hatten meine Eltern ihre silberne Hochzeit gefeiert und ihr Eheversprechen erneuert.
Ich erfuhr von einer Krankenschwester mit Namen Janet, die bei meiner Mutter geblieben war und mit ihr gebetet hatte, als meine Schwester Patricia nach einem Sturz von der Schaukel beinahe gestorben wäre. Da war ein Fremder, der einen Raubüberfall auf meinen Vater verhindert hatte und dann aber verschwunden war, ohne seinen Namen zu nennen.
„Wer ist Ralph?“, fragte ich.
„Am 18. Februar 1966 hat Ralph deinem Bruder in Da Nang das Leben gerettet. Zwei Jahre später ist Ralph dann in seinem zweiten Dienstjahr ums Leben gekommen.“
Mein Bruder sprach niemals über den Vietnamkrieg. Die Erinnerungen hatte er tief in seinem Gedächtnis vergraben. Der Name meines Neffen ist Ralph. Jetzt weiß ich auch, warum.
„Diese unglaublichen Geschichten hätte ich beinahe zerstört“, sagte ich. „Wie konntest du mir nur dieses Betthaupt geben?“
„Dein Vater und ich haben in unserer Hochzeitsnacht dieses erste Datum eingeritzt. Von da an war es das Tagebuch unseres gemeinsamen Lebens. Als dein Vater starb, war unser gemeinsames Leben vorbei, aber diese Erinnerungen sterben nie.“
Als ich meinem Mann von dem Betthaupt erzählte, sagte er: „Da ist noch Platz für sehr viel mehr Geschichten.“
Also stellten wir das Bett mit dem Betthaupt voller Geschichten in unser Zimmer. Mein Mann und ich haben bereits drei Daten und Namen eingeritzt: Barbara, Greg und Jackson. Eines Tages werden wir Melanie die Geschichten aus dem Leben ihrer Großeltern erzählen. Und eines Tages werden wir das Bett an sie weitergeben.
Elaine Pondant
Vater
Er träumt, er plant, er kämpft,
damit wir das Beste bekommen.
Sein Opfer ist still, sein Leben ist gelebte Liebe.
Anonym
Genieße die Fahrt!
Das Gestern ist ein geheiligter Raum in deinem Herzen, in dem du deine Erinnerungen aufbewahrst. Hier freust du dich am Lachen eines anderen Tages. Du hörst Melodien halb vergessener Lieder. Du spürst die Wärme der Umarmung eines alten Freundes. Du siehst den verweilenden Glanz einer lang zu Ende gegangenen Liebe. Aus deinem Gestern ziehst du Lehren und Ermutigung, die du an andere weitergeben kannst.
Mein Herz hat neulich über einige dieser Erinnerungen gelächelt, als ich daran dachte, wie ich meinem ältesten Sohn Tim das Autofahren beigebracht habe. Wir haben neben einem nahe gelegenen Friedhof geübt, wo es ruhig war, wo wenig Verkehr herrschte und man sowieso nicht schnell fahren durfte. Ein hübscher, sicherer Ort, um anzufangen , dachte ich damals.
Tim lenkte
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