Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
laufen, damit er den „Brief“ einwerfen kann.
Und dann das Essen. Mutter, ein übereifriges Mitglied der Diätpolizei, gestattete ihren Kindern nichts außer der Reihe. Mrs. H. jedoch gibt Buddy Gemüsesuppe oder auch mal einen Hotdog zum Frühstück, wenn er Lust darauf hat. Und wenn sie backt, steckt sie ihm natürlich eine Handvoll Schokoladenstückchen zu und lässt ihn vom Teig naschen.
Meine Mutter las mir häufig Gedichte und altbewährte Kinderliteratur vor. Mrs. H. liest auch vor, doch sie lässt meinen Sohn bestimmen, was er hören möchte. Manchmal liest sie ihm Autowerbung, Anzeigen für Traktoren, Motoröl oder Batterien vor, bis sie heiser wird.
Ich bin solche Nachsichtigkeit nicht gewöhnt. Ist so etwas nun schädlich für das Kind? Mrs. H. ist nicht dieser Meinung. „Er ist ein hochintelligenter, sensibler Junge. Überhaupt nicht schwierig, ja sogar ein richtiger kleiner Gentleman“, behauptet sie.
Trotzdem, da ich sie nur mit meiner Mutter vergleichen kann, bin ich verwirrt. Mittlerweile haben Sie sicherlich mein Dilemma erraten: Die wundervolle Mrs. H. und meine eigene wundervolle Mutter sind ein und dieselbe Person.
Glauben Sie mir, sie ähneln sich jedoch in keinster Weise!
Charlotte Hale
Liebe in jedem Nadelstich
Die Elektrizität wurde bereits von den alten Griechen entdeckt, doch erst im Sommer 1948 fand sie ihren Weg zu der Farm meiner Schwiegereltern. In diesem Sommer fuhr der Lastwagen der Orange County Rural Electric Cooperative die Grimes Lake Road entlang, setzte die Masten und zog die Drähte. Meine Schwiegermutter Ruby saß auf ihrer Veranda und schnitt Bohnen, während die Masten aufgestellt wurden. An diesem Abend fragte sie ihren Mann Howard, was er davon hielte, ihr eine elektrische Nähmaschine zu kaufen. Ihre Tretmaschine war kaputt, denn sie war den zwei überaus lebendigen Jungen zum Opfer gefallen, die die Tretkurbel in einen frühen Tod getreten hatten.
Am folgenden Tag fuhren sie nach Bedford in ein Nähmaschinengeschäft und kauften eine brandneue elektrische Nähmaschine mit Knopflochautomatik, einem Schrank und einem Stuhl. Sie kostete zweihundertvierzig Dollar. Das Geld hatten sie mit einer Lastwagenladung Schweinen verdient, die sie an die Fleischfabrik in New Solsberry verkauft hatten.
Ruby begann, für ihre Jungen zu nähen. Drei Kinder kamen noch dazu. Also hieß es noch mehr nähen. Nach dem Abendessen, wenn der Tisch abgeräumt und das Geschirr gespült war, setzte sich Ruby an ihre Maschine und nähte Kleider für ihre Kinder und Nachbarn. Tausende Kleider, Hemden und Hosen. Puppenkleider. Kleider für die Frau des Pastors in der Stadt. Kleider für den Abschlussball. Hochzeitskleider. Die Nähmaschine hob und senkte ihre Nadel Millionen Male. Ihre Familie schlief unter Decken ein, die Ruby gemacht hatte, eingelullt vom Geräusch der elektrischen Nähmaschine.
Die Kinder wurden groß und zogen fort. Enkelkinder kamen – acht insgesamt. Mit der Nähmaschine wurden Schwangerschaftskleider genäht, Babykleider, Taufkleider und Decken für die Wiegen. 1987 rief Ruby uns eines Tages ganz verzweifelt an. Nach neununddreißig Jahren war ihre Nähmaschine nicht mehr in Ordnung. Sie brachte sie zu Mr. Gardner in die Nachbarstadt. Zwar reparierte er Nähmaschinen, konnte ihre aber nicht wieder in Ordnung bringen. Er schickte sie nach Chicago. Einen Monat später kam sie zurück mit der Nachricht, sie sei nicht mehr zu reparieren. Es gäbe keine Ersatzteile mehr.
Also marschierte ich am folgenden Tag in ein Nähmaschinengeschäft, um eine neue zu kaufen. Ihre alte war aus Metall. Die neuen Maschinen waren aus Plastik, computergesteuert und kosteten so viel wie Rubys erstes Auto. Es wurden Seminare angeboten, um die Käufer darauf einzuweisen. Doch im Schaufenster stand eine Singer Schwarzkopf, Baujahr 1948, aus Metall.
„Funktioniert die noch?“, fragte ich den Verkäufer.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte er. „Schließen wir sie mal an.“ Er schloss sie an und sie begann zu summen.
„Die ist nicht zu verkaufen“, erklärte er mir. „Sie ist ein Ausstellungsstück. Von diesen Maschinen gibt es nicht mehr viele.“
Ich erzählte ihm von Ruby, dass sie allein lebt und näht, um sich zu beschäftigen, dass sie nur sechs Dollar für das Nähen eines Kleides berechnet, weil die Leute, für die sie näht, nicht viel Geld haben, dass sie oft auch gar nichts berechnet, sondern das Nähen als ihren Dienst am Nächsten ansieht.
Er verkaufte mir die
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