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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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Zeichen.
    â€žViel Glück. Sie scheinen aus gutem Hause zu sein.“

    D er Soldat verbindet mir nicht die Augen. Er bringt mich in einen Raum, der den ziemlich bemühten Anschein einer Folterkammer erweckt. Ein Friseurstuhl mit Gummigurten an den Armlehnen ist mit laienhaft wirkenden elektrischen Vorrichtungen verbunden. Auf einem Tisch liegt eine Auswahl von Stöcken, Lederpeitschen und Sicheln, dort steht auch ein Glas mit gemahlenen Chilis. An einem Haken in der Wand hängen Nylonseile und von der Decke baumeln zwei alte Reifen an Metallketten, die vermutlich dazu dienen, Häftlinge an den Füßen aufzuhängen. Der einzige neue Gegenstand ist ein nicht angeschlossenes weißes Bügeleisen von Philips. Ob diese Folterkammer eine Doppelfunktion hat und gleichzeitig als Wäscherei dient? Alles wirkt dekorativ, ein wenig wie eine verlassene Theaterkulisse. Doch an der Decke klebt getrocknetes Blut, und als ich mich noch einmal umschaue, wird mir klar, dass all diese Gerätschaften in Funktion sind. Dennoch frage ich mich, wie sie es geschafft haben, die Decke derart mit Blut zu bespritzen.
    â€žZiehen Sie bitte Ihre Uniform aus, Sir“, sagt der Soldat ehrerbietig.
    Anscheinend bin ich kurz davor, es herauszufinden.
    â€žWarum?“, frage ich unter Aufbietung meiner gesamten Offizierswürde.
    â€žIch möchte mich vergewissern, dass Sie keine Verletzungen am Körper haben.“
    Langsam ziehe ich mein Hemd aus. Er nimmt es mir ab und hängt es auf einen Bügel. Meine Stiefel stellt er daneben. Die Hosen faltet er sorgfältig zusammen. Ich breite die Arme aus und fordere ihn auf, zu tun, was er tun muss. Er deutet auf meine Unterhose.
    Ich gehorche.
    Er geht um mich herum. Ich stehe aufrecht, die Hände auf den Rücken gelegt, zucke mit keiner Wimper, kratze mich nicht. Wenn er mich schon nackt sehen muss, werde ich ihm nicht die Genugtuung verschaffen, mich schüchtern und zimperlich zu zeigen.
    Ich warte, dass das Verhör beginnt, aber er scheint keine Fragen zu haben.
    â€žStellen Sie sich bitte in die Ecke, Sir, und fassen Sie nichts an.“ Er verbindet das Bügeleisen mit einer Steckdose, ehe er den Raum verlässt.
    Ich sage mir, dass selbst professionelle Folterer manchmal einen Termin verschieben müssen. Oder es handelt sich um eine Art Do-it-yourself-Folter: Man steht da und starrt auf die Instrumente und stellt sich vor, wie die verschiedenen Körperteile auf sie reagieren würden. Ich versuche, möglichst nicht an das bernsteinfarbene Lämpchen am Bügeleisen zu denken. Keine Spuren, hat Major Kiyani immerhin gesagt.
    Der Soldat kommt mit dem gelb-grünen Ordner und einem neu entdeckten Interesse an meiner Familie zurück.
    â€žSie sind mit dem verstorbenen Colonel Shigri verwandt?“
    Ich hole tief Luft und nicke.
    â€žIch war auf seiner Beerdigung. Sie erinnern sich wahrscheinlich nicht an mich.“
    Ich forsche in seinem Gesicht nach Hinweisen auf das, was er vorhat.
    â€žIch hoffe, Sie werden mir verzeihen, Sir. Ich tue nur meine Pflicht.“
    Ich nicke wieder, als hätte ich ihm bereits vergeben. Er scheint ein Mann zu sein, der helfen, aber nicht missverstanden werden will.
    â€žSie wissen sicher, dass er diesen Kasten hier hochgezogen hat. Innerhalb von zwei Wochen. Ich war der Bauleiter.“
    â€žIch dachte, das wären die Moguln gewesen.“
    Eine Folterkammer ist nicht gerade der ideale Ort, um die Leistungen seiner Vorfahren zu erörtern.
    â€žNein, Sir, ich meine die Anbauten, die Büros, die Kasernen und das unterirdische Zeug. Er hat den Bau angeordnet.“
    Gute Arbeit, Dad.
    Die Akte in seiner Hand ist als vertraulich gekennzeichnet und trägt meine Luftwaffennummer. Ich frage mich, was darin steht. Über mich. Über Obaid. Über uns.
    â€žHat er das hier auch angeordnet? Und benutzt?“ Ich deute auf den Barbierstuhl und die Ketten, die von der Decke hängen.
    â€žDer Colonel hat nur seine Pflicht getan.“ Er klappt den Ordner zu und drückt ihn mit verschränkten Armen an die Brust. Ich habe gewusst, dass mein Vater im Auftrag General Zias die strategischen Operationen der Guerilla in Afghanistan geleitet hat. Dass er zwischen den Amerikanern und dem ISI vermittelte, der für die Verteilung der Gelder an die Mudschaheddin verantwortlich war. Aber dass der Bau und die Leitung von Einrichtungen wie dieser zu seinen Pflichten gehörte, hatte er mir

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