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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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in einem Scheißhaus für Zivilisten eingesperrt. Der ISI verhört mich zu Verbrechen, die ich nicht begangen habe. Und eben musste ich mir eigenhändig eine Augenbinde abnehmen. Was glauben Sie?
    Es gibt keinen Platz zum Schreiben, nur kleine Kästchen.
    Also kreuze ich „etwas deprimiert“ an.
    Dann eine Frage zu meinem geistigen Zustand – leicht spirituell. Selbstmordgedanken – keine. Sexualleben – gelegentlich feuchte Träume. Ob ich an Gott glaube?
    Die Option „Ich wünschte, es wäre so“ gibt es nicht.
    Also kreuze ich „stark gläubig“ an.
    Als ich zu den Fragen komme, ob ich in einen Fluss springen würde, um das Kätzchen meines besten Freundes zu retten, oder mir sagen, dass Katzen schwimmen können, beginnt die Sache mir Spaß zu machen, und ich markiere die Kästchen mit dem Schwung eines Menschen, der sich bester geistiger Gesundheit erfreut.
    Der gute Bulle nimmt seine Uhr vom Tisch und lächelt mir zu. Ihm liegt daran, dass ich meine Sache gut mache.
    Dann die unvermeidliche Frage nach Drogen. Die Option „nur einmal probiert“ wird nicht angeboten. Auch ob man die Erfahrung genossen hat, wird nicht gefragt.
    â€žNie“, kreuze ich an.

    S tatt die Allee der Märtyrer entlangzulaufen, sprang ich auf meinem Rückweg von Bannons Zimmer über eine Hecke und durchquerte das Gebüsch, das den Exerzierplatz umgab. Ein einsames Glühwürmchen tauchte aus dem Nichts auf, wie um mir den Weg zu weisen. Die Hecke um den Exerzierplatz sah aus wie eine echte Mauer mit scharfen Kanten. Das Gras unter meinen Stiefeln war feucht vom frühabendlichen Tau. Ich dachte angestrengt nach, so wie man nachdenkt, wenn man das Blut voll Chitrali-Haschisch hat, das einem mit dringenden Botschaften aus dem Jenseits zu Kopf steigt, alle Zweifel ausräumt und Schnapsideen in unfehlbare Pläne verwandelt. Die Botschaft, die ich erhielt, war so laut und deutlich, dass ich gegen die Hecke trat, um mich zu vergewissern, dass sie real war. Die Hecke leuchtete auf, als Tausende von Glühwürmchen aus ihrem Schlummer aufstoben und einen fatalistischen Leuchtangriff auf die Nacht flogen. Verdammt gut, sagte ich, es wird Zeit, aufzuwachen und Licht in die Sache zu bringen.
    Laut eines Sonderberichts in Reader’s Digest über den Drogenkrieg ist kein Wissenschaftler je in der Lage gewesen, die Wirkung von Gras auf den menschlichen Verstand zu analysieren. Chitrali-Haschisch sollte man nicht mal in einem Raum mit Laborratten aufbewahren.
    Auf einmal sah ich einen Schatten, der um das Podest mit dem Flaggenmast am Rande des Exerzierplatzes herumhuschte. Der Mann stieg auf das Podest, blickte nach links und nach rechts und nahm dann bedächtig die pakistanische Flagge ab, die man zur Nacht heruntergelassen hatte.
    Was mir nun durch den Sinn flatterte, war die Flagge, die man um den Sarg meines Vaters drapiert hatte. In meinem Kopf dröhnten die Totengebete, lauter und lauter. Der Sarg öffnete sich, und durch die Mondsichel und den Stern auf der Flagge schnitt mein Vater mir eine Grimasse.
    Was hat ein Shigri zu tun?
    Diesem Befehl gehorchend, ging ich auf die Ellbogen und Knie und nahm mein Ziel ins Visier. Die Jahre, in denen ich verbotene Abkürzungen genommen und über die Mauer der Akademie geklettert war, um mir verbotene Spätfilme anzusehen, hatten mich auf diesen Augenblick vorbereitet. Ich drückte mich an die Hecke und wartete.
    Irgendein geisteskranker Spinner wollte unsere Flagge klauen. Das Grab meines Vaters schänden. Meine Gedanken waren von einer Klarheit, die nur Chitrali-Haschisch hervorrufen kann. Ich robbte mich mit der Entschlossenheit eines Mannes vorwärts, der die Ehre seines Landes und die Orden seines Vaters zu verteidigen hat. Glühwürmchen wirbelten um meinen Kopf. Feuchtes Blattwerk drang in meine Stiefel und in mein Uniformhemd, aber ich ließ den Dieb nicht aus den Augen, der nun auf dem Podest kauerte und versuchte, die Flagge von der Schnur zu trennen, an der sie immer gehisst wurde. Er schien es nicht eilig zu haben, aber ich kroch schneller, um ihn auf frischer Tat zu ertappen. Ein zwischen den Blättern verborgener Dorn bohrte sich mir am Ellbogen in die Haut. Es brannte ein wenig, mein Ärmel wurde nass. Dennoch drosselte ich mein Kriechtempo nicht.
    Kurz vor dem Podest übersprang ich die Hecke, und ehe der Dieb mich entdecken konnte, warf ich mich auf ihn und

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