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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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Los geht’s, Mr. Shigri, an die Arbeit, befehle ich mir. Ich laufe eine Weile auf der Stelle, mein Körper erwärmt sich. Ich halte den Mund geschlossen und konzentriere mich darauf, durch die Nase zu atmen. Die Übung ist nicht gut gewählt. Ich merke, wie ich den Sand einatme, den ich beim Laufen vom Boden aufwirble. Ich lege die Hände in den Nacken und mache hektische Kniebeugen. Fünfhundert. Ohne Pause zu machen, springe ich in die Luft, lande mit den Händen im Sand, den Körper parallel zum Boden. Einhundert Liegestütze; ein Schweißfilm bedeckt meinen Körper und ein inneres Glühen bringt mich zum Lächeln. Als ich wieder mit dem Rücken an die Wand gelehnt dasitze, denke ich, dass Obaid wahrscheinlich einen Artikel über all das schreiben würde, ihn an Reader’s Digest schicken und damit seinen Traum, per Post einhundert Dollar zu bekommen, erfüllen würde: Aerobic für Einzelhäftlinge .

    M eine kurze Laufbahn als Mann des Schwertes begann mit Übungen an einem Bettlaken. Ich hängte das Laken über die Vorhänge in meiner Stube und markierte die Stelle, an der sich in etwa der Kopf meines Gegners befinden würde, mit einem Kreis. Ich stellte mich mit dem Rücken dazu auf und versuchte ihn auf alle möglichen Arten zu treffen, über die Schulter, mit der Linken, mit Rückhandhieben. Nach einer Stunde war das Laken völlig zerfetzt und der Kreis mehr oder weniger intakt – der reinste Hohn für meine Säbelkünste.
    Als sich Obaid am nächsten Tag – es war Wochenende – zum Ausgehen fertig machte, schützte ich Fieber vor. Obaid kam an mein Bett, legte mir die Hand auf die Stirn und nickte spöttisch besorgt. „Wahrscheinlich hast du bloß Kopfschmerzen“, sagte er mit enttäuschter Miene, weil er Die Kanonen von Navarone ohne mich anschauen musste.
    â€žIch bin kein Stadtkind wie du. Ich stamme aus den Bergen. Bei uns bekommen nur die Frauen Kopfschmerzen“, sagte ich, verärgert über meine eigene Lüge. Obaid war verblüfft. „Was weißt du denn von Frauen?“, zog er mich auf, während er seine Handgelenke mit einem kräftigen Schuss Poison besprühte. „Du weißt ja nicht einmal mehr, wie deine Mutter aussah.“ Ich zog mir das Laken über den Kopf und begann, mich nach und nach von mir selbst zu lösen.
    Sobald er gegangen war, schloss ich das Zimmer ab und zog meine Ausgehuniform an: Stiefel, Schirmmütze, Säbelgurt, Scheide, das volle Programm. Von nun an würde ich jede Übung in Uniform durchführen. Keine Halbheiten, es wäre sinnlos, nicht die genauen Umstände zu simulieren. Ich nahm ein weißes Handtuch. Statt eines Kreises malte ich dieses Mal ein Oval, dann zwei kleine Kreise als Augen, eine auf den Kopf gestellte Sieben als Nase. Besonderes Vergnügen bereitete es mir, den buschigen Schnurrbart zu zeichnen. Ich hängte mein Werk über den Vorhang, legte die rechte Hand an den Griff meines Säbels und trat fünf Schritte zurück. Die Augen auf das schnurrbärtige Gesicht auf dem Handtuch gerichtet, nahm ich Haltung an. Ich zog den Säbel und zielte. Er verfehlte das Handtuch um wenige Zentimeter.
    Fünf Schritte beträgt die vorgeschriebene Distanz zwischen dem Kommandanten und dem Ehrengast, der die Parade abnimmt. Daran kann niemand etwas ändern. Ich übte, den Säbel zu werfen. Ich traf und durchbohrte das Kinn, aber einen Säbel zu werfen, war einfach keine Option. Es funktioniert nicht bei einem lebenden Ziel. Wenn man es verfehlt, steht man mit leeren Händen da. Ich konnte es mir einfach nicht leisten, daneben zu werfen. Schließlich hatte ich nicht drei Würfe frei.
    Ich wusste, was das Problem war. Nicht die Entfernung, nicht einmal der Umstand, dass mein Ziel sich bewegen würde. Die Schwierigkeit lag in der Säbelführung, in der Beziehung zwischen meiner Hand und dem Säbel. Sie waren zwei verschiedene Wesen. Durch Übung konnte ich zwar das Zusammenspiel von Auge und Hand verbessern, doch leider reichte das nicht aus. Mein Arm und die Waffe mussten eins werden. Meine Muskeln und Sehnen mussten mit den Molekülen verschmelzen, aus denen der Säbel bestand. Er musste zu einer Verlängerung meines Armes werden. Wie Bannon beim Messerwerfen immer gesagt hatte: Ich musste an meinem Sentiment du fer arbeiten.
    Es war an der Zeit, das Gefühl für den Stahl in mir

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