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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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stolz auf Sie gewesen, mein Sohn.“
    Warum zum Teufel nennt er mich unentwegt seinen Sohn? Nicht einmal mein eigener Vater hat „mein Sohn“ zu mir gesagt.
    â€žIhnen ist sicher klar, dass ich in einer schwierigen Lage bin. Auf der einen Seite ist da der Sohn meines verstorbenen Freundes, der schon genug Tragisches in seinem jungen Leben erlebt hat. Auf der anderen Seite geht es um die Sicherheit unseres Landes, für die ich verantwortlich bin.“ Er breitet die Arme aus, zeigt mit Messer und Gabel auf seine Brust, um die enorme Größe seiner Aufgabe zu unterstreichen. „Was würden Sie an meiner Stelle tun?“
    Ich würde aufhören, mich mit kleinen Vögeln vollzustopfen, während ich über das Schicksal von anderen entscheide. Würde ich gern sagen.
    â€žMir fehlt Ihr Wissen, Sir“, sage ich unverbindlich und so bescheiden es mir möglich ist. „Und ganz offensichtlich verfüge ich nicht über Ihre Erfahrung.“ Ich spüre, dass er mehr hören will, also werfe ich eine Sentenz ein, die ich während des unablässigen Gewetters des Generalsekretärs gegen mich und meine Uniform aufgeschnappt habe. „Deshalb sind Sie, wo Sie sind, und ich bin dort, wo ich bin.“ Was der Genosse danach zu sagen pflegte, behalte ich für mich: Aber blind werden wir beide. Und wir werden sterben, ohne dass wir je wieder eine Frau berührt haben.
    â€žIch werde Ihnen eine Geschichte erzählen, die mein Dilemma veranschaulicht“, sagt General Akhtar. „Eine wahre Geschichte. Ich war damals in Ihrem Alter, Leutnant in der indischen Armee. Es muss ein paar Monate vor der Teilung gewesen sein. Ich hatte den Befehl, einen Zug mit Hindus nach Amritsar zu begleiten und darüber zu wachen, dass sie sicher und gesund dort eintrafen.
    Sie haben sicher von den Zügen gehört, die aus dem indischen Pandschab Muslime nach Lahore bringen sollten und voller zerstückelter Leichname eintrafen. Alle diese Geschichten von ungeborenen Säuglingen, die ihren Müttern aus dem Leib geschnitten wurden, und deren Köpfe sie dann aufgespießt haben, sind wahr. Ich habe es nicht selbst gesehen, aber ich wusste schon damals, dass sie wahr sind. Doch Befehl war Befehl, und ich brach mit dem Zug auf. Ich erklärte meinen Männern, ich sei für jeden einzelnen Fahrgast verantwortlich.
    Sobald wir Lahore verlassen hatten, trafen wir immer wieder Gruppen von Leuten mit Macheten, Stöcken und Kerosinflaschen, die den Zug anhalten wollten, um Rache zu nehmen. Ich schickte eine nach der anderen fort. Ich sagte ihnen, die Sicherheit der Menschen obliege der Verantwortung der Armee. Und dass unser neues Land die Züge brauche und man sie nicht zerstören dürfe. Ich sprach auch mit den Fahrgästen, versicherte ihnen, dass ich sie unversehrt nach Amritsar bringen würde. Wir kamen im Schneckentempo voran. Ich tat mein Bestes, um die Angreifer in Schach zu halten. Doch irgendwann gewann meine militärische Ausbildung die Oberhand. Ich wusste, was mein neues Land von mir wollte. Ich rief meinen Subedar-Major und sagte ihm, wir würden zum Abendgebet anhalten. Ich würde mich zweihundert Meter vom Zug entfernen, um zu beten, und anschließend zurückkommen. Wissen Sie, wie lange das Abendgebet dauert, mein Sohn?“, fragte er mich.
    Ich wusste es nicht, hörte aber auch nicht auf seine Antwort.
    â€žâ€šMehr Zeit haben Sie nicht‘, sagte ich“, fuhr Akthar fort. „Sehen Sie, es war schwierig, aber logisch. Ich verstieß nicht gegen den Befehl, den ich erhalten hatte, und dennoch wurde das, was getan werden musste, mit minimalem Aufwand getan. Ich wollte nicht, dass während meiner Wache ungeborene Kinder durchbohrt wurden. Aber ich wollte auch nicht am Spielfeldrand stehen und mich hinter meinem Beruf verstecken. Beim Großreinemachen der Geschichte geschehen unerfreuliche Dinge. Zumindest habe ich ein reines Gewissen.“
    Stumm habe ich meinen Teller weggeschoben, der kleine Vogel ist noch ganz, bis auf ein angenagtes Bein.
    â€žMein lieber Sohn, ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um Sie aus dieser Sache herauszubekommen, aber was kann ich für jemanden tun, der eine Gefahr für unsere nationale Sicherheit bedeutet? Wissen Sie überhaupt, wohin dieser Freund von Ihnen …“ Er sieht Major Kiyani an. „Obaid, Sir, Obaid-ul-llah“, wirft dieser ein.
    â€žGenau. Wissen Sie,

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