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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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ans Portal brachten, die Chauffeure, die die glänzenden Automobile wuschen und respektvoll Haltung annahmen, wenn man zu den Stallungen schlenderte, die Gärtner, die beim Näherkommen der feinen Damen und Herren diskret aus dem Blickfeld verschwanden, das ganze dem Vergnügen der noblen Herrschaften dienende Heer hat sich andere Betätigungsfelder gesucht. Diese Aristokraten wissen oder ahnen in der Regel, dass die in ihren Kreisen immer noch übliche Ehrerbietung fadenscheinig und sogar geheuchelt ist im Vergleich zu dem echten Respekt, den ihre Eltern und Großeltern genossen, als eine vornehme Geburt noch einen soliden, messbaren Wert besaß. Das alles wissen sie, doch sie wissen nicht, was sie anderes tun könnten, als dem nachzutrauern, und ihr Leben noch möglichst komfortabel zu Ende leben.
    In diese Kategorie fiel eindeutig der letzte Großherzog von Moldau. Etwas in seiner vagen, depressiven Höflichkeit verriet, dass er sich keine Illusionen machte. »Tadeln Sie mich nicht«, schien er zu sagen. »Ich weiß, das alles hier ist absurd. Ich weiß, dass Sie zu Bückling und Kratzfuß keinen Grund mehr haben, ich weiß, dass das Spiel aus ist, aber ich muss doch die Form wahren, nicht wahr? Ich muss tun, als nähme ich das alles ernst, sonst würde ich andere enttäuschen. « Das war der Text, der ständig über ihm schwebte. Natürlich finden sich in derselben Gruppe auch hässlichere Stimmen. »Es ist vielleicht vorbei«, blitzen uns ihre harten Augen entgegen, »aber für mich noch nicht ganz !« Dann werfen sie den Kopf in den Nacken, plündern nach Kräften die um sie herumscharwenzelnden Reichen aus, die so gern zu den Feinen und Vornehmen gehören möchten, und verkaufen die letzten Schmuckstücke ihrer Mutter, damit die Show noch ein paar Jahre weitergehen kann.
    Davon hebt sich eine andere Gruppe ab, die von der Öffentlichkeit in der Regel unentdeckt bleibt. Diese Männer und Frauen genießen den Status, den ihnen das alte System immer noch verleiht. Ihnen sind der Rang und die Geschichte wichtig, die sie zu etwas Besonderem machen, und sie freuen sich, dass sie zum inneren Kreis
der britischen Aristokratie gehören. Sie sorgen dafür, dass bei jeder Gesellschaft, die sie geben, mindestens ein Mitglied der königlichen Familie anwesend ist. Zumindest die Männer kleiden sich erzkonservativ. Sie jagen, fischen, kennen die Geschichtsdaten ihrer eigenen Familie und die Stammbäume der anderen. Doch das alles ist nur Schein. Das neue Zeitalter, in dem ein rauerer Wind weht, stürzt sie nicht in Verwirrung, sie begreifen seine Mechanismen ganz genau. Sie kennen den Wert ihres Besitzes und sämtliche Finessen der Märkte, sie wissen, was sie wann kaufen oder verkaufen müssen, wie sie Planungsgenehmigungen erhalten, wie sie die Agrarsubventionen der EU anzapfen können – kurz, wie sich aus ihren Gütern und ihrer Position Wert schöpfen lässt.
    Sie haben schon vor Langem beschlossen, dass sie nicht zu den Verlierern gehören und in ewiger Nostalgie besseren, niemals wiederkehrenden Tagen nachtrauern wollen. Stattdessen wollen sie wieder zu Macht und Einfluss kommen, und wenn das nach den Sechzigerjahren in der Politik nicht mehr möglich ist, sei’s drum, sie werden andere Wege finden. Im Grunde sind sie Schauspieler. Trotz ihrer Abstammung, ihrer Landsitze, ihrer Juwelen, ihrer Garderobe und ihrer Hunde denken sie nicht mehr in den traditionellen Klischees ihrer Klasse, auch wenn sie nach außen hin so tun. Sie gehören mehr der Gegenwart und der Zukunft an als der Vergangenheit, haben genauso viel Grips wie ein Hedgefonds-Manager und dieselben knallharten Prinzipien. Gleichzeitig argumentieren sie, schließlich seien sie nur den Werten ihrer eigenen Klasse treu, treuer als die Defätisten, denn an der Spitze zu bleiben sei die erste Aristokratenpflicht. Bourbonen oder Bonaparte, König oder Präsident – der echte Aristokrat erkennt den Mächtigen, vor dem er sich tunlichst zu verbeugen hat.
    Vor vierzig Jahren war uns natürlich wenig davon bewusst. Die Alte Welt hatte im Krieg und danach einen Tiefschlag erlitten, von dem sie sich aller Wahrscheinlichkeit nach kaum erholen würde. Alle beklagten einstimmig ihren Untergang, und erst viel später begannen wir zu erkennen, dass wir nicht alle wie angenommen im selben Boot saßen, dass manche Familien doch nicht auf der Abwärtsspirale mitschlitterten, egal, was sie damals selbst behaupteten. Oft war
es meine eigene Generation, die Debütantinnen und

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