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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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verziert war, ein Geschenk von Kaiserin Katharina von Russland an den dritten Earl in Anerkennung eines nicht näher erläuterten persönlichen Dienstes, den noch niemand überzeugend hat erklären können. Der Butler, mit dem wir in der Pause gesprochen hatten, hielt uns ein Tablett mit Gläsern entgegen, zwei Dienstmädchen gingen mit Wein und Häppchen herum. Lady Claremont, die noch immer diesen erstaunlichen Blick fürs Detail besaß, hatte winzige Snacks zubereiten lassen, Austern im Speckmantel und Toasteckchen mit Käse oder Champignons, die auch nach einem Dinner noch willkommen wären.
    »Da sind Sie ja! Wir wollten unseren Augen nicht trauen, als wir Sie gesehen haben.« Lady Claremont küsste mich flüchtig, aber zielgenau auf eine Wange; der in den Siebzigerjahren importierte Doppelkuss auf beide Wangen fand bei ihr keine Gnade. »Sie hätten uns wissen lassen sollen, dass Sie kommen. « Ich stellte ihr meine Begleiter vor, und sie gab allen die Hand. Jennifer dankte ihr als Einzige für die Einladung, und Tarquin versuchte, ein Gespräch über die berühmte Uhr anzuleiern; wie wohl kaum erwähnt zu werden braucht, hätte er dazu jede Menge Informationen aus dem Ärmel schütteln können. Aber Lady Claremont hatte nicht umsonst ihr Leben damit zugebracht, ebensolchen Gesprächseröffnungen auszuweichen, und gab bald mit einem Nicken und einem Lächeln zu verstehen, dass sie genug gehört hatte. Dann wandte sie sich an ihre betagte Nachbarin und stellte mich vor. »Erinnern Sie sich an Mrs. Davenport?« Da mir die Dame tatsächlich ein wenig vertraut vorkam, nickte ich und drückte ihre runzlige Hand. »Er war Ende der Sechzigerjahre viel bei uns«, erklärte Lady Claremont mit einem fröhlichen Lachen. »Er hat uns immer schrecklich leidgetan.« Sie sah mich nachsichtig an, und mir schnürte sich in Erwartung des Kommenden schon der Hals zusammen, aber sie ließ sich durch nichts bremsen, sondern blickte in die Runde und sicherte sich die größtmögliche Anzahl von Zuhörern. »Er war ja so in Serena verliebt!«

    Und sie und besagte Mrs. Davenport lachten ausgelassen über meine Liebesqualen, die mir immer noch die eine oder andere schlaflose Nacht bereiteten und wohl nicht das streng gehütete Geheimnis waren, für das ich sie gehalten hatte. Ich lächelte zum Beweis, wie wahnsinnig witzig auch ich es fand, dass ich einst mit gebrochenem Herzen durch diese bezaubernden Räume geschlichen war. Dennoch war Lady Claremonts ruhige, gleichmäßige Stimme Balsam für meine schmerzlichen Erinnerungen, als sie über dies und jenes plauderte, über Serena und die anderen Kinder, das herrliche Wetter, die fürchterliche Regierung, Standardthemen für eine Begegnung dieser Art. Ich fand es bemerkenswert, dass sie das bewusste Ereignis nicht erwähnte, das jene Träume abrupt beendete. Die Vorstellung, alles müsse »aufgearbeitet« werden, ist natürlich ein relativ moderner Import aus Amerika; die alte englische Tradition dagegen, schlafende Hunde nicht zu wecken und die Dinge lieber unter den Teppich zu kehren, wird heute geschmäht. Aber wem ist mit ständigem Kratzen am Schorf schon gedient? »Wir müssen miteinander reden«, sagt heutzutage mindestens eine Person in praktisch jedem Fernsehfilm, bis man am liebsten in den Bildschirm schreien möchte: »Wieso? Lasst es doch einfach mal gut sein!« Es überraschte mich nicht, dass Lady Claremont keine Anhängerin der Unsitte war, in alten Wunden zu stochern. Dass sie mich in ihr Haus gebeten hatte, war ihre Art zu sagen: »Alles in Ordnung. Wie Sie haben auch wir die Vergangenheit hinter uns gelassen. Nach so vielen Jahren können wir doch sicher wieder wie ganz normale Menschen miteinander plaudern, ohne den Vorfall zu erwähnen. « Und obwohl sie sich über meinen Liebeskummer lustig gemacht hatte, wusste ich ihre Verbindlichkeit zu schätzen.
    Als ich aus meinen Grübeleien wieder auftauchte, war Lady Claremont von der Flut der Gäste bereits fortgeschwemmt. Tarquin hatte unseren Wortwechsel voller Schadenfreude verfolgt, konnte sich aber nicht entscheiden, ob er mich wegen meiner unglücklichen Romanze verspotten sollte oder ob ich im Gegenteil neue Wertschätzung verdiente, weil ich in Gresham so oft ein und aus gegangen war, dass Lady Claremont meine Liebe zu ihrer Tochter bemerkt hatte und mich nun als alten Freund willkommen hieß. Ich überließ ihn seiner Unentschiedenheit. Am anderen Ende des Salons hatte Jennifer
jemanden aufgestöbert, den sie

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