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Eine Klasse für sich

Eine Klasse für sich

Titel: Eine Klasse für sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Fellowes
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Sommerfest von Christie’s oder so, aber ich habe mich seither nie mehr richtig mit ihnen unterhalten.«
    Sie zuckte leicht mit den Achseln. »Das ist doch schon Ewigkeiten her.« Ich betrachtete sie versonnen. Wie schon erwähnt, war ich Serena gelegentlich über den Weg gelaufen, also mussten nicht vier Jahrzehnte überbrückt werden, aber ihr Anblick ließ mich jedes Mal staunen. Sie schien pro Jahrzehnt, um das wir anderen alterten, höchstens ein Jahr älter zu werden und hatte sich im Grunde kaum verändert. Ein paar feine Fältchen in den Augenwinkeln, eine flache kleine Furche am Mund, das Haar ein wenig heller, sonst nichts. »Seid ihr alle für dieses Wochenende hergekommen?«, fragte ich.
    »Die meisten von uns. Mummy hat die große Peitsche geschwungen und uns herbeordert. Für den Fall, dass die Veranstaltung schiefginge und wir die Show retten müssten. Aber die Organisatoren haben alles viel besser hingekriegt als letztes Jahr. «
    »Ist Mary auch hier? Und Rupert?«
    »Mary schon. Ich habe sie zuletzt in der Eingangshalle gesehen. Der arme Rupert ist in Washington. Wurde vor drei Jahren dorthin versetzt.«
    »Washington? Welche Ehre!«
    »Eine ziemlich unerfreuliche Ehre. Wir drücken ihm alle die Daumen, dass er etwas in Paris oder Dublin oder anderswo kriegt, damit er am Wochenende nach Hause kommen kann.«
    »Was ist mit Peniston? Hast du den auch mitgebracht?« Serena hatte zwei Kinder. Mary, die Ältere, die ich nun nach vielen Jahren wiedersehen würde, war inzwischen mit dem ersten Sekretär der Botschaft in Washington verheiratet, Rupert Wintour, und auf dem besten Weg, Botschaftergattin zu werden. Als Kind war sie in jeder Hinsicht durchschnittlich gewesen und hatte ihrem Vater schrecklich ähnlich gesehen, und so muss ich gestehen, dass ich ihrem Zukünftigen gewisse Motive unterstellte, als ich von der Heirat hörte. Sein Vater,
Sir Irgendwas Wintour, war Unternehmer und seine Mutter eine ehemalige Kosmetikerin, daher schien das älteste Kind eines Earls eine verdächtig willkommene Aufwertung, aber als ich Rupert kennenlernte, merkte ich rasch, wie ungerecht ich gewesen war. Er war wirklich ein heller Kopf. Serenas zweites Kind war der unverzichtbare Junge, Peniston, etwas jünger als seine Schwester; ich hatte ihn gelegentlich in Serenas Haus in Lansdowne Crescent gesehen, als unsere Freundschaft schon am Bröckeln war.
    »Peniston ist unabhängig von uns gekommen, da er inzwischen selber Familie hat. Ich bin schon dreifache Großmutter.«
    »Das glaube ich dir nicht.«
    Sie lächelte freundlich, an Komplimente gewöhnt. »Helena ist mit William und den Jungs da. Du musst sie unbedingt begrüßen. Und Anthony. Ich weiß nicht genau, wo Venetia abgeblieben ist. Mummy meint, sie wäre in New York, aber letzte Woche habe ich eine Karte aus Singapur bekommen. Du kennst sie ja. « Sie verdrehte die Augen, lachte aber nachsichtig. Serena war die Älteste und hatte noch zwei Schwestern und einen Bruder, der natürlich Besitz und Titel erben würde. Helena, die zweite Gresham-Tochter, hatte einen liebenswerten Baronet aus einer benachbarten Grafschaft geheiratet, der einiges an Land besaß und als Banker arbeitete, eine Verbindung, die die Mutter nicht gerade euphorisch stimmte, aber doch zufriedenstellte. Venetia jedoch, die jüngste Schwester, hatte gegen den Willen der Familie einen Popmusik-Agenten geheiratet, woran ich mich nur zu gut erinnere. Die Claremonts hatten zunächst ihre Zustimmung zu dieser Ehe strikt verweigert. Aber zu aller Überraschung ließ Venetia, die nicht als besonders willensstark oder rebellisch galt, nicht locker, und zuletzt knickte die Familie ein, denn wäre man der Hochzeit ferngeblieben, hätte man ja einen Skandal provoziert, und das wollte man auf keinen Fall. Wie mein eigener Vater zu sagen pflegte: »Liefere niemals Stoff für Klatsch.« Venetia hatte im Übrigen das große Los gezogen; ihr Mann sahnte in der Musikindustrie kräftig ab, und jetzt war sie reicher als alle anderen oder zumindest genauso reich. Dennoch rächte sich die Familie und behandelte Venetia immer noch so herablassend, als hätte sie ihr Leben sinnlos vertan.

    Serenas Bruder Anthony kannten wir alle am wenigsten. In jener Saison war er kaum mehr als ein Junge, aber auch als er erwachsen war, wurden wir nicht recht schlau aus ihm. Er besaß natürlich geschliffene Umgangsformen und war ein angenehmer Gesprächspartner beim Essen oder beim Drink in der Bibliothek, blieb aber stets

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