Eine Koelner Karriere
Geschwindigkeit zum nahen Parkgürtel und rußte die ganze Fahrbahn ein. Fünfzig Meter weiter, knapp vor der Kreuzung, autofahrertypisch den parallelen Fahrradweg blockierend, stand Wolfgang Pankraths Porsche. Er schien auf den Laster gewartet zu haben, denn als der sich näherte, fuhr der Sportwagen an und setzte sich vor den Truck. Pankrath steckte einen Arm aus dem Fenster und gab dem Lkw-Fahrer mit einem Handzeichen zu verstehen, daß er ihm folgen sollte.
Wohin?
Etwa in die Südstadt, zu Pankraths dubioser Hinterhofwerkstatt, um dort die längst überfällige Abgassonderuntersuchung durchzuführen, wie der Pförtner glaubte? Markesch kniff grimmig die Lippen zusammen. Wohl kaum. Eher steckte eine Teufelei dahinter.
Vielleicht eine, die mit Schwester Astrid zu tun hatte …
Grelles Hupen ließ ihn zusammenzucken. Und als hätte Einstein Junior geahnt, daß es jetzt auf Sekunden ankam, schoß sein Taxi heran und kam mit einer gewagten Vollbremsung nur Zentimeter vor seinen Füßen zum Stehen. Die Beifahrertür flog auf, der Motor heulte in hochtouriger Ungeduld, aber zum ersten Mal war er froh über Juniors Tempowahn. Er ließ sich in den Sitz fallen, warf die Tür zu und griff nach dem Sicherheitsgurt.
Junior drückte bereits das Gaspedal durch. »Wohin, Mann?«
»Hinter dem Laster her, aber pronto!« keuchte er. »Wir dürfen ihn nicht …«
Der Rest seines Satzes ging im Lärm entfesselter Pferdestärken unter. Andruckkräfte, wie sie normalerweise nur beim Start eines Space Shuttles auftreten, preßten ihn tief ins Polster. Das Taxi schnellte nach vorn wie ein Bungie-Springer auf Rädern, und die Auspuffahne des Lasters kam so schnell näher, daß sich Markesch schon, als Schmiermittel verteilt, auf der rasend rotierenden Hinterachse sah, doch einen Sekundenbruchteil vor dem Zusammenstoß stieg Junior voll auf die Bremse.
Die Reifen schrien quietschend auf, das Taxi schlingerte gefährlich, hüpfte kurz über den Radweg und zurück auf die Fahrbahn, fing sich dann und paßte sich fast widerwillig der gemächlichen Geschwindigkeit des Lkws an.
»Zufrieden?« strahlte Junior.
»Fragen Sie mich das noch mal, wenn ich tot bin.«
»Worum geht’s eigentlich? Warum verfolgen wir den Laster?« Die Augen hinter der Nickelbrille glitzerten, das flusige Oberlippenbärtchen sträubte sich. »Sie sind doch Privatschnüffler, oder? Geht’s um was Kriminelles? He, Mann, sind Sie etwa einer großen Sache auf der Spur?«
»Größer, als Sie ahnen. Ich sage nur: Illegaler Organhandel.«
»Organhandel? Sie meinen, diese Typen handeln mit Lebern, Nieren, Herzen und so?«
»Viel schlimmer. Mit Füßen.«
»Mit Füßen?« Junior schnappte nach Luft und starrte Markeschs bandagierten Fuß an. Er wurde blaß. »Soll das etwa heißen …?!«
»Mehr Informationen würden Sie gefährden. Aber ich rate Ihnen dringend, in der nächsten Zeit zu keinem Orthopäden zu gehen.« Er lehnte sich zurück. »Konzentrieren Sie sich jetzt auf den Laster. Und halten Sie etwas mehr Abstand. Diese Fußhändler dürfen nicht merken, daß wir sie verfolgen. Wenn man ihnen auf die Füße tritt, sind sie zu allem fähig.«
»O Mann«, sagte Junior erschüttert. »O Mann!«
Aber er hielt sich an Markeschs Anweisung und verzichtete auf weitere Tempoexzesse. Pankraths Porsche und der Zosch-Kühllaster blieben dicht beieinander, folgten dem Parkgürtel ein Stück nach Norden, bogen am Autobahnkreuz Ehrenfeld auf die A 57 und rollten weiter in nördlicher Richtung, Neuss entgegen. An der Abfahrt Worringen verließen sie die Autobahn, mieden aber die dörflichen Gemeinden im Umkreis und steuerten statt dessen das Waldgebiet Chorbusch an.
Der Verkehr dünnte merklich aus, und um keinen Verdacht zu erregen, wies Markesch Einstein Junior an, den Abstand zum Kühltransporter zu vergrößern, bis er nur noch eine fleckgroße Abgaswolke im Frühlingsgrün des Forstes war.
Plötzlich verschwand der Fleck.
Markesch fluchte. »Tempo, Tempo!«
Junior schien nur auf den Befehl gewartet zu haben. Er drückte wieder das Gaspedal bis zum Boden durch, daß die Bäume rechts und links der Straße zu einer kompakten Masse verschmolzen und Markesch fast den schmalen Weg übersah, der kurz hinter einer scharfen Biegung abzweigte und tiefer in den Wald führte. Er glaubte, in der Ferne etwas Graues durch das dichte Grün schimmern zu sehen, Auspuffschwaden oder der Anthrazitlack des Porsches, und schrie: »Anhalten!«
Nur der Sicherheitsgurt bewahrte ihn
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