Eine Koelner Karriere
bei der Vollbremsung vor einem Flug durch die Windschutzscheibe. Benommen stieß er die Tür auf.
»Kann ich mit?« fragte Junior aufgeregt. »He, Mann, nehmen Sie mich doch mit!«
»Zu gefährlich. Sie sind jung und brauchen Ihre Füße noch.«
Die Schmerzen in seinem verletzten Knöchel tapfer ignorierend, stieg er aus und humpelte in den Wald. Er hatte sich nicht getäuscht. Nach etwa hundert Metern sah er Pankraths Porsche und den Zosch-Transporter auf dem Waldweg stehen. Die Fahrertür des Sportwagens und die Ladetüren des Lasters waren geöffnet, doch von Pankrath und dem Fahrer fehlte jede Spur.
Vorsichtig schlich er näher, bis er eine geschützte Stelle erreicht hatte, von der aus er ins Innere des Trucks blicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
Dort waren sie!
Pankrath und der stämmige Lkw-Fahrer. Beide knieten im leeren, weißverkleideten Laderaum auf dem Boden und steckten die Köpfe zusammen.
Zum Teufel, was hatte das schon wieder zu bedeuten? Schwer vorstellbar, daß Wolfgang Pankrath in der Zwischenzeit zum Islam konvertiert war und sich in diese Wildnis zurückgezogen hatte, um seinen Gebetsteppich auszurollen und Allah für den Porsche zu danken …
Der Stämmige beugte sich nach vorn, hantierte mit einem Werkzeug, einem Schraubenschlüssel vielleicht, und hielt plötzlich ein großes Bodenbrett in der Hand. Er legte es zur Seite und beugte sich nach unten, bis sein Kopf den Boden berührte … und verschwand. Hals und Schultern folgten, dann der ganze Oberkörper. Als hätte er sich von der Hüfte aufwärts in Luft aufgelöst.
Und Markesch begriff.
Ein Hohlraum im Boden!
Ein Versteck unter der eigentlichen Ladefläche!
Für einen erregenden Moment gab er sich der verwegenen Hoffnung hin, daß der Stämmige nicht allein wieder aus dem Hohlraum auftauchen würde, sondern zusammen mit einer blonden Krankenschwester, die klinisch weiße Strapse und das Rotkreuzsymbol auf ihren beeindruckend großen Brüsten trug, doch seine Hoffnung wurde enttäuscht.
Als Oberkörper und Kopf des Mannes sichtbar wurden, hielt er zwei schuhkartongroße Päckchen in den Händen. Während er weitere Päckchen aus dem Versteck hervorholte, griff Pankrath nach einer der Schachteln und fummelte an ihr herum.
Riß sie auf.
Untersuchte den Inhalt.
Steckte die plattgedrückte Nase hinein.
Markesch pfiff leise durch die Zähne. Meine Firma befindet sich in einer schwierigen Umstrukturierungsphase, hatte Karl-Heinz Zosch gesagt. Weg vom Umzugsgeschäft, hin zum Transport leicht verderblicher Ware, Gemüse und Fleisch, EG-Transporte nach Polen, Ungarn, die Tschechei. Aber was brachten die Tracks auf dem Rückweg mit nach Deutschland? Polnische Stopfgänse mußten wohl kaum in einem geheimen Hohlraum über die Grenze befördert und im tiefsten rheinischen Forst entladen werden. Angesichts von Wolfgang Pankraths Drogengeschäft und dem Nasentest gab es nur einen logischen Schluß:
Kokain.
Natürlich, dachte Markesch. Seit die russische Mafia ins Drogengeschäft eingestiegen ist und mit den Kartellen von Cali und Medellin zusammenarbeitet, kommt immer mehr Stoff aus dem Osten. Im Chaos der postkommunistischen Zeit sind Rußland und Polen die sichersten Depot- und Transitländer. Und welcher Beamte an der deutschen Ostgrenze würde schon in den Kühltransportern einer renommierten Kölner Spedition kolumbianischen Schnee vermuten?
Er schnitt ein grimmiges Gesicht.
Kein Wunder, daß Wolfgang Pankrath solchen Respekt, solche Angst vor seinen Kokslieferanten hatte und bereits bereute, Trucker auf Kommissionsbasis zu beliefern. Wenn Trucker nicht zahlte, war er erledigt.
Die russische Mafia fackelte nicht lange.
Sie schoß zuerst und stellte auch hinterher keine Fragen mehr.
Der Stämmige hatte inzwischen etwa ein Dutzend Kokspäckchen zutage gefördert und schraubte das Bodenbrett wieder an. Pankrath sagte etwas zu ihm, klemmte sich zwei der Päckchen unter den Arm und kletterte aus dem Laster.
Markesch prägte sich das Nummernschild des Lkws ein und zog sich vorsichtig zurück. Er hatte genug gesehen und wollte nicht riskieren, entdeckt zu werden. Und hier im Chorbusch würde er ohnehin keine Antwort auf die wichtigste Frage finden.
Auf die Frage, ob Karl-Heinz Zosch über die Kokaintransporte informiert war oder nicht …
Die Rückfahrt nach Sülz verbrachte er in brütendem Schweigen, trotz Einstein Juniors hartnäckiger Versuche, ihm weitere Informationen über die mysteriösen Fußdealer zu
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