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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziegler
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jetzt, Mann?«
    »Nach Nippes«, befahl Markesch, während er den Sicherheitsgurt anlegte und entschlossen festzurrte. In seinen Augen glitzerte es todesmutig. »Und vergessen Sie, was ich über die Einhaltung der Lichtgeschwindigkeit gesagt habe. Dies ist ein Notfall – und ich verlange Tempo!«
    »Sie wollen Tempo?« schrie Junior begeistert. »Sie wollen wirklich Tempo? Gott steh uns bei, Sie sollen Tempo bekommen!«
    Und dann hoben sie ab, aus dem Stand, kompromißlos, rücksichtslos, bodenlos, als wären die Gesetze der Physik und die Regeln des Bundesverkehrsministeriums exklusiv für sie aufgehoben worden, die Straßen geräumt, die Ampeln auf grüne Welle geschaltet, als gäbe es kein Morgen mehr, keine Strafmandate und keine Grenzen der medizinischen Heilkunst. Nur die eiserne Entschlossenheit, den Fall Walter Kress aufzuklären und das dringend benötigte Erfolgshonorar zu kassieren, ließ Markesch die infernalische Fahrt nach Nippes ohne Kollaps und Psychose überstehen.
    Als er nach Sekunden, wie ihm schien, vor dem marmorverkleideten Appartementhauskomplex an der Niehler Straße ausstieg, fühlte er sich wie ein Testpilot, der soeben Einstein Seniors Theorie der Relativität von Raum und Zeit experimentell bewiesen hatte. Junior hingegen zeigte nur die übliche Befriedigung, seinen Himmelfahrtsjob gut erledigt zu haben, und rief ihm nach, bloß auf seine Füße aufzupassen.
    Markesch fand den Katschmarek nach längerem Suchen und Herumirren in einer Kammer auf dem Dachboden, die bis zur Decke mit Käfigen vollgestopft war, in denen Tauben aller Größen und Farben geschäftig vor sich hin gurrten. Im trüben Licht einer 60-Watt-Sparglühbirne sah der Schmächtige noch vergilbter aus als bei seinem letzten Besuch. Er grinste erfreut, als Markesch in den Taubenverschlag platzte, und wuchtete einen Sack Vogelfutter von einem altersschwachen Holzstuhl.
    »Das ging ja flott«, sagte er anerkennend. »Setzen Sie sich doch, junger Mann. Und halten Sie Ihren Kopf aus dem Licht – mit Ihrer Nase verschrecken Sie mir sonst noch die Tauben.«
    Markesch ignorierte die Bemerkung. »Sie haben Informationen für mich? Über die Schmidt?«
    Der Katschmarek blieb ihm in Sachen Ignoranz nichts schuldig. »Alles meine Kinder«, erklärte er und deutete stolz auf die eingekerkerte Taubenschar. »Selbst gezüchtet, preisgekrönt und verdammt teuer im Unterhalt. Aber dafür fliegen sie nonstop bis Neapel und zurück.«
    »Hoffentlich werden sie unterwegs nicht von der Mafia gekidnappt.«
    »Das wäre eine Katastrophe. Bei meinem Hausmeistergehalt ist Lösegeld nicht drin.« Der Katschmarek rieb nachdenklich sein spitzes Kinn. »Aber auch so kosten mich meine Lieblinge mehr, als für meine Ehre gut ist. Sie kennen ja die Weiber.« Er zwinkerte Markesch in einem Anflug von Männerkumpanei zu. »Weiber kapieren einfach nicht, daß ein Mann ein Hobby haben muß, auch wenn es ihn finanziell ruiniert …«
    Markesch seufzte und griff in die Innentasche seiner Nappalederjacke. Die Hunderter aus Kress’ Spesenfond knisterten vertrauenerweckend zwischen seinen Fingern. »Vergessen Sie den Ruin«, meinte er aufmunternd. »Denken Sie lieber an die hohe Belohnung aus dem Schrumpfkopferbe der seligen Großtante.«
    Der Katschmarek starrte gierig. »Was meinen Sie, was für mich drin ist? Ein Tausender? Oder zwei?«
    »Hängt ganz davon ab, ob die Schrumpfköpfe ihren Weg zur rechtmäßigen Erbin finden oder nicht. Wissen Sie, wo die Schmidt steckt?«
    »Nicht direkt«, erklärte der Schmächtige und rückte mit dem Stuhl näher zu den knisternden Geldscheinen. »Aber ich hab’ mich bei den Nachbarn umgehört. Die meisten wußten von nichts, nur Frau Schmoritzky aus dem dritten Stock – ’ne liebenswerte alte Dame, schenkt mir immer ’nen Sack Brotkrusten zu Weihnachten für die Tauben – also, Frau Schmoritzky hat gesehen …« Er brach ab und grinste schlau. »Sagten Sie nicht eben was von dreitausend Mark Belohnung?«
    »Was halten Sie davon, wenn ich Frau Schmoritzky selbst befrage?« konterte Markesch. Er zählte zehn Hunderter ab und hielt sie dem Katschmarek lockend vor die Nase. »Riskieren Sie nichts! Denken Sie an die Altersversorgung Ihrer Tauben!«
    »Ich denke an nichts anderes … Jedenfalls hat Frau Schmoritzky in aller Herrgottsfrühe die Fenster geputzt. Ich meine, an dem Tag, als die Schmidt auszog.«
    »Und?«
    »Die Schmidt war nicht allein, sagt Frau Schmoritzky. ’ne andere Frau hat sie mit dem Auto abgeholt,

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