Eine Koelner Karriere
Bauland umzuwandeln. Kress wollte das Geschäft allein machen. Es kam zum Streit, und Ludwig behielt die Grundstücke. Natürlich«, fügte sie hinzu, »zog der Bauausschuß daraufhin seine Umwandlungspläne zurück.«
»Das war der Grund für das Zerwürfnis?«
»Nur der halbe.« Sie drehte sich um, ein Schattenriß vor dem etwas helleren Hintergrund des verhangenen Fensters. »Kress wollte nicht nur die Grundstücke, er wollte auch mich. Aber er bekam weder das eine noch das andere. Und wenn Kress etwas nicht bekommt, kann er sehr … unangenehm werden.«
»Sie glauben also, er hat diesen Beamten zu einer Falschaussage verleitet, um sich an Ihnen und Ihrem Mann zu rächen?«
»Nicht nur aus Rache. Um doch zu bekommen, was er wollte, wenigstens zum Teil. Die Stadt verklagte meinen Mann auf eine Nachzahlung der Entsorgungskosten in Millionenhöhe. Die Firma ging pleite. Um die Forderung zu erfüllen, mußte er alles verkaufen, was wir besaßen – auch die Grundstücke am Stadtrand.«
»Die von Kress gekauft wurden?«
»So dumm war er nicht. Er schob einen Strohmann vor. Kurz darauf wurden sie in Bauland umgewandelt und mit großem Profit weiterverkauft. Aber davon hatte mein Mann – und ich – nichts.« Sie machte eine müde Handbewegung, die das vollgestopfte Zimmer umfaßte. »Wir waren früher vermögend, hatten ein schönes Haus in Hahnwald, Eigentumswohnungen … Das ist alles, was mir geblieben ist: ein paar Möbel und die Erinnerungen.«
Plötzlich war Markesch dankbar für das Dämmerlicht. Weil sie die Scham verhüllte, die sich in seinem Gesicht abzeichnen mußte. Es war ein absolut unprofessionelles Gefühl, und er haßte sich dafür. Er haßte sich dafür fast so sehr wie für die Tatsache, daß er im Auftrag von Walter Kress hier war, um Corinne von Bohlen auszuhorchen, zu provozieren, vielleicht zu überführen.
Aber es war sein Job, und er brauchte die Erfolgsprämie.
Deshalb sagte er: »Wenn ich Ihnen die Möglichkeit bieten würde, sich an Walter Kress zu rächen … Wenn ich über belastendes Material gegen Kress verfügen würde, ich meine, richtig belastendes Material, genug Schmutz, um ihn völlig zu ruinieren … Würden Sie mir dann helfen?«
Er sah sie an. Corinne von Bohlen hatte sich vom Fenster abgewandt, sich zu ihm umgedreht, und ihr Gesicht war jetzt deutlich zu erkennen. Er hielt Ausschau nach einer verdächtigen Reaktion, einem Flackern in diesen ausdruckslosen Augen, nach irgend etwas, das seinen Verdacht bestätigen würde.
Doch ihre Miene blieb unverändert, und sie schüttelte langsam und endgültig den Kopf.
»Es würde nichts ändern«, sagte sie leise. »Es würde meinen Mann nicht ins Leben zurückholen. Und … vielleicht klingt es seltsam, nach allem, was ich Ihnen erzählt habe, aber ich habe meinen Frieden mit Walter Kress gemacht. Früher habe ich ihn gehaßt, jetzt fühle ich … nichts. Und ich bin müde, wissen Sie, ich bin zu müde, um noch einmal alles aufzuwühlen, zu müde, um …«
Sie sprach nicht weiter.
Die Stille schien das Zimmer noch mehr zu verdunkeln.
»Glauben Sie, daß Karl-Heinz Zosch mir weiterhelfen könnte?« fragte Markesch schließlich, als das Schweigen unerträglich zu werden drohte.
»Seltsam, daß Sie das fragen.« Corinne ließ sich wieder auf der Stuhlkante nieder, ohne ihn anzusehen, die Blicke auf den Lieblingssessel ihres toten Mannes gerichtet. »Zosch war vor zwei oder drei Monaten hier. Er wollte ebenfalls die alten Geschichten wieder aufwühlen, dieser Sache mit den Grundstücken nachgehen, aber ich habe ihm gesagt, was ich Ihnen gesagt habe.«
»Hat er sich danach noch einmal gemeldet?«
»Nein. Wahrscheinlich hat er keine Beweise für Kress’ Verwicklung in das Geschäft gefunden. Natürlich nicht. Kress ist gerissen. Er hinterläßt keine Spuren.«
Markesch kniff die Lippen zusammen. Zosch hatte ihn also belogen. Seine Angst vor Kress hatte ihn nicht daran gehindert, herumzuschnüffeln. Vor zwei, drei Monaten, dachte er. Und die Pornofotos sind vor rund zwei Monaten gemacht worden. Zufall? Oder hatte Zosch auch woanders herumgeschnüffelt, bei Astrid Pankrath, und dort gefunden, was er hier vergeblich gesucht hatte? Hatte er von ihr erfahren, daß auch Walter Kress zu ihren Kunden gehörte, daß er Latex und Handschellen liebte, und ihr Geld geboten, damit sie sich heimlich mit ihm fotografieren ließ?
Genug Fragen für einen zweiten Besuch in der Spedition.
»Ich bin müde«, sagte Corinne von Bohlen. »Sehr
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