Eine Koelner Karriere
sie sich gewaltig. Er brauchte die zehntausend Mark Erfolgshonorar, und die konnte er erst kassieren, wenn sein Klient freigelassen wurde und die wahre Täterin im Gefängnis saß.
Er fand den Kasten, nahm die nötigen Werkzeuge und eine Taschenlampe heraus und machte sich nach einem prüfenden Blick in die Runde an der Haustür zu schaffen. Er arbeitete fieberhaft. Der Verkehr auf dem Ehrenfeldgürtel war der späten Stunde entsprechend dünn, der Fordtransporter versperrte den Blick auf den dunklen Hauseingang, aber ein zufällig vorbeikommender Nachtschwärmer konnte ihn in eine peinliche Lage bringen.
Einbruch war kein Kavaliersdelikt, und selbst seine guten Kontakte zur Kölner Kripo würden ihn nicht vor unangenehmen Konsequenzen schützen.
Er hatte Glück. Die Haustür war nicht mit einem Sicherheitsschloß versehen, und nach zwei Minuten hatte er sie geknackt. Er schlüpfte in den Flur, drückte leise die Tür zu und schlich durchs dunkle Treppenhaus nach oben. Vor Corinnes Wohnung blieb er stehen, lauschte angestrengt, doch alles blieb still. Durch die Türritzen sickerte Licht. Vielleicht schlief sie doch und hatte nur vergessen, das Licht auszuschalten. Oder sie war gar nicht zu Hause, versteckte sich irgendwo. Wer wußte schon, wie Mörder dachten?
Trotzdem klingelte er noch einmal, und erst, als sie auch jetzt nicht reagierte, setzte er das Werkzeug am Türschloß an und drang mit einer Mühelosigkeit in die Wohnung ein, vor der die Beratungsstellen der Kriminalpolizei nur schaudernd warnen konnten. Ein Beweis dafür, daß sich langjähriger Umgang mit Kriminellen jeder Couleur am Ende doch auszahlte.
Im engen, vollgestopften Korridor empfingen ihn die Augen Ludwig von Bohlens. Anklagend starrten sie ihn aus den Bilderrahmen an, als wäre die Seele des Toten auf Fotopapier gebannt und nun zu neuem Leben erwacht, um seine Witwe gegen den Eindringling zu verteidigen. Die Luft roch muffig und gruftig wie bei seinem ersten Besuch.
Er blieb stehen und horchte wieder, und wieder ohne Ergebnis.
»Frau von Bohlen?«
Die Stille hielt an. Dann, plötzlich, hörte er einen dumpfen Laut wie von einem Schlag gegen eine Wand. Oder wie von einem Poltergeist. Er schnitt eine Grimasse, trat ins dunkle Wohnzimmer und blickte zu Ludwigs Lieblingssessel am Fenster hinüber, aber der Sessel war leer. Keine Spur von einem Gespenst. Wenn Ludwig von Bohlen spukte, dann nicht hier.
Das dumpfe Geräusch wiederholte sich.
Er kehrte in den Flur zurück und öffnete eine Tür. Das Bad, dunkel, verlassen. Nur der Duft von Corinnes Parfüm hing in der Luft, frisch und klar nach der Muffigkeit des Korridors.
Wieder dieses Geräusch, der dumpfe Schlag gegen die Wand. Ganz nah diesmal. Es drang aus dem Nebenzimmer. Markesch zog die Magnum, trat vor die nächste Tür und drückte die Klinke nach unten, aber die Tür gab nicht nach. Abgeschlossen. Sein Blick glitt nach unten. Von außen abgeschlossen. Der Schlüssel steckte im Schloß. Verwirrt starrte er den Schlüssel an. Wieso von außen?
»Frau von Bohlen?« rief er leise.
Diesmal erntete er außer dem Schlag ein gedämpftes, halb ersticktes Stöhnen.
Er drehte den Schlüssel und stieß vorsichtig, die entsicherte Magnum schußbereit in der Hand, die Tür auf. Sie öffnete sich mit einem unheimlichen Knarren, wie eine Pforte zu düsteren Mysterien, und der Raum dahinter barg tatsächlich Geheimnisse – und Antworten auf seine letzten Fragen.
Der Raum war klein, kaum mehr als eine Abstellkammer, aber Corinne von Bohlen hatte sie in ein großzügig ausgestattetes Fotolabor umfunktioniert. Eine Spezialglühlampe verbreitete tiefrotes Licht, der gruftigen Atmosphäre der Wohnung entsprechend. Auf bis zur Decke reichenden Regalen lagerten ein Dutzend Kameras, zahlreiche Objektive und ein umfangreiches Sortiment an Zubehör: Filme, Behälter mit Fixier- und Entwicklerflüssigkeit und sonstigen Chemikalien, die man als Fotoamateur benötigte. Auf einem schmalen Tisch mit einer eingebauten Lichtleiste für die Kontrolle der Negative standen mehrere Entwicklerschalen und weitere Flaschen mit Chemikalien. Einige Flaschen waren umgekippt, die Regale wirkten durchwühlt, und der Boden war von ausgerollten Filmstreifen und zerknülltem, blanken Fotopapier übersät, als hätte jemand in rasender Eile nach etwas gesucht.
Hier also hatte Corinne von Bohlen die heimlichen Aufnahmen aus dem Hospital D’Amour entwickelt und die Abzüge hergestellt. Ihre Behauptung, seit dem Tod ihres
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