Eine Koelner Karriere
verstreut, das Geld genommen, die Polizei informiert und war verschwunden.
Markesch preßte die Lippen zusammen.
Ein guter Plan, ein teuflischer Plan. Opfer, Täter, Tatwaffe und Motiv wurden der Polizei geradezu auf einem Silbertablett präsentiert. Wer würde Walter Kress angesichts der belastenden Fotos schon die Geschichte von dem geheimnisvollen Unbekannten glauben?
Er hätte auf mich hören sollen, dachte Markesch, als noch Zeit war. Jetzt war alles, was er zu retten versucht hatte, für immer verloren. Spätestens übermorgen würden die Zeitungen in großer Aufmachung über den Mord berichten, würde Köln von einem Skandal erschüttert werden, wie ihn die Domstadt noch nicht erlebt hatte. Und selbst wenn Walter Kress am Ende vom Mordvorwurf freigesprochen wurde, änderte dies nichts am Aus für seine Karriere.
Sektkorken werden knallen, dachte Markesch, Champagner wird in Strömen fließen. Bei Karl-Heinz Zosch und Leo Schrattner, bei den unzähligen anderen Gegnern und Opfern des skrupellosen Stadtrates – und vor allem bei Corinne von Bohlen.
Sie hatte erreicht, was sie sich vorgenommen hatte.
Sie hatte Walter Kress vernichtet.
Um den Preis eines Menschenlebens.
Er erreichte die Autobahnauffahrt, rollte auf die leere, stille Bahn und drückte aufs Gaspedal, ohne diesmal auf das bedrohliche Flaschenklirren im Laderaum zu achten.
Es gab keine andere Erklärung: Corinne von Bohlen mußte Astrid Pankrath ermordet und Walter Kress niedergeschlagen haben. Aber warum? War es von Anfang an ihr Plan gewesen, Kress nicht nur politisch und gesellschaftlich zu vernichten, sondern ihn auch hinter Gitter zu bringen, wie er es mit ihrem Mann gemacht hatte? Hatte sie ihn bewußt in eine Falle gelockt und die Pankrath für ihren Rachefeldzug geopfert? Oder waren die Dinge außer Kontrolle geraten, weil die Pankrath das Erpressergeschäft auf eigene Rechnung betreiben wollte? War es darüber zum Streit zwischen Corinne und Astrid gekommen? Denkbar, daß Corinne durch Zufall von dem geplanten Geschäft Geld gegen Fotos erfahren hatte. Sie durfte nicht zulassen, daß sich Kress im letzten Moment freikaufte und ungeschoren davonkam. Vielleicht hatte sie die Pankrath zur Rede gestellt, aber der waren die leichtverdienten Dreihunderttausend wichtiger gewesen als ein persönlicher Rachefeldzug. Ein Wort gab es das andere, ein Messer blitzte, und Astrid Pankrath war tot.
Eher ein Unglück als ein kaltblütiger Mord.
Tragisch und verhängnisvoll.
Doch Corinne wußte, daß Kress unterwegs nach Lindlar war. Wieso nicht ihm den Mord anhängen und seine Vernichtung perfekt machen? Sicher, später würde es Fragen geben – schließlich hatte Astrid Pankrath in ihrem Haus gewohnt, war in ihrem Haus umgebracht worden –, aber mit etwas Glück und Raffinesse würde sie sich schon herausreden können. Während Walter Kress die nächsten fünfzehn Jahre oder länger im Gefängnis verbrachte.
Wirklich ein schlauer Plan.
Der nur einen Schönheitsfehler hatte: Corinne von Bohlen rechnete nicht mit der Hartnäckigkeit eines Privatschnüfflers wie Markesch, der schon wegen seines Erfolgshonorars keine Ruhe geben würde, bis die ganze Wahrheit aufgedeckt war.
Er fuhr durch die Nacht, Köln entgegen, das sich bereits als Lichterdom am Horizont abzeichnete, und in seine grimmige Entschlossenheit mischte sich eine ungewohnte, unwillkommene Traurigkeit, die sich nicht einmal mit der Flasche Scotch vertreiben ließ.
Corinne von Bohlen hatte gemordet, doch sie war genauso ein Opfer wie Astrid Pankrath, ein Opfer von Walter Kress, der zum Schluß an sich selbst gescheitert war.
Wie Leo Schrattner gesagt hatte: Das Unrecht, das er anderen angetan hatte, schlug nun auf ihn selbst zurück.
Zwanzig Minuten später parkte Markesch den Ford am Ehrenfeldgürtel, direkt vor Corinne von Bohlens Haus. Es war spät, weit nach Mitternacht, das Haus war dunkel und still. Nur oben hinter ihren Mansardenfenstern brannte noch Licht. Aber wer konnte schon schlafen, wenn er kurz zuvor einen Mord begangen hatte?
Markesch stieg aus und klingelte, wartete, klingelte wieder, lang und anhaltend, nahm den Finger eine Minute lang nicht vom Schellenknopf. Nichts. Er trat aus dem Eingang und sah wieder nach oben. Das Licht brannte noch immer. Er zögerte, kehrte dann zum Wagen zurück und suchte zwischen den Flaschenkartons nach dem Werkzeugkasten.
Wenn Corinne glaubte, hinter ihrer geschlossenen Tür vor unbequemen Fragen in Sicherheit zu sein, täuschte
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