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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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Gesicht in den Händen. Hephaistion öffnete die Spange
an seiner Schulter und nahm ihm die Chlamys ab.
    „Du solltest dich schlafen legen. Es war ein schlimmer Tag.“
    Alexander antwortete nicht. Erschöpft von den Ereignissen
des Tages, versuchte er, die quälenden Gedanken in seinem Inneren zur Ruhe zu
bringen. Nach einiger Zeit sagte er: „Ich hätte es wissen müssen! An dem Morgen,
an dem ich ihm am Altar des Herakles begegnete, lief mir ein Schauder über den
Rücken. Gefahr strahlte von ihm ab wie Hitze von einem Feuerbecken. Vielleicht
habe ich ihn unwissentlich sogar ermutigt. Ich sagte, wir hätten einen
gemeinsamen Feind, und er erwiderte, er werde sich eines Tages revanchieren,
für das, was ich für ihn getan hätte. Vielleicht glaubte er, ich meinte meinen
Vater, und er tue mir einen Gefallen, wenn er ihn umbringt. Vielleicht verstand
er das unter revanchieren . “
    „Du konntest nicht wissen, was er meinte. Alle dachten, er
sei nur für Attalos eine Gefahr. Niemand rechnete damit, dass er sich am König rächen
würde.“
    „Du hast es geahnt. Du hast es mir
gesagt, auf unserem Ausritt in den Bergen. Ich hätte auf dich hören sollen. Ich
hätte ihn warnen müssen.“
    „Es hätte nichts genützt. Er wurde gewarnt, aber er hat
nicht darauf geachtet.“
    „Du meinst den Orakelspruch?“ Alexander lachte bitter. Er
nahm die Hände vom Gesicht und sah Hephaistion an. „Der
Stier ist bekränzt, das Ende ist nahe! Philipp trug tatsächlich einen
Kranz, als er starb!“
    „Und dann noch der Vortrag des Schauspielers gestern Abend:
der Sturz des Pha ё thon; alle haben es auf den
Großkönig bezogen. Und die Gesandtschaft der Athener – sie sprachen sogar
wörtlich von einer Verschwörung.“
    „Antipatros und ich haben darüber gelacht.“
    Hephaistion legte den Arm um ihn. „Siehst du? Nicht einmal
Antipatros ist auf die Idee gekommen, dass es tatsächlich eine Verschwörung
geben könnte.“
    „Erinnerst du dich an das, worüber wir in Illyrien
gesprochen haben?“, flüsterte Alexander. „Dass ich mich eines Tages entscheiden
müsste, wie wichtig es mir ist, König zu werden? Wir dachten, damals in
Illyrien sei es so weit gewesen, aber in Wirklichkeit … Ich hätte ihn warnen
müssen! War ich vor lauter Gier nach dem Thron so blind, dass ich nicht sah,
wie gefährlich Pausanias war? Dass ich es nicht sehen wollte?“ Und dann brach es aus ihm heraus: „Ich hätte vor dem Theater nicht
nachgeben dürfen!“
    „Er hätte nicht auf dich gehört.“
    „Ich hätte mit ihm gehen sollen!“
    „Du hättest nichts tun können. Deinem Vater war sein Tod vom
Schicksal vorherbestimmt, wie allen Menschen, wie schon den Helden der Ilias.
Die Götter warnen die Sterblichen und schicken Vorzeichen, doch sie hören nicht
auf sie.“
    Alexander antwortete nicht. Hephaistion öffnete Alexanders
Gürtel und zog ihm den Chiton aus, dann bückte er sich und löste die Riemen
seiner Sandalen. Behutsam drückte er Alexanders Schultern auf die Matratze, hob
seine Beine auf das Bett und zog die Decke über ihn. „Schlaf jetzt. Es ist
wichtig, dass du zur Ruhe kommst.“ Er löschte die Lampe und legte sich neben
ihn.
    „Ich kann nicht glauben, dass er fort ist“, sagte Alexander
in die Dunkelheit.
    „Ich auch nicht. Keiner kann das.“
    „Wenn ich mich nur erinnern könnte, was seine letzten Worte
zu mir waren!“
    Es dauerte lange, bis die Anspannung nachließ, und noch länger,
bis er einschlief.

13
    Während der Nacht hatte jemand Pausanias’ Leiche, die vor
dem Theater ans Kreuz geschlagen worden war, einen goldenen Kranz auf den Kopf
gesetzt. Die unpassende Dekoration wurde sofort entfernt, und Alexander befahl
Admetos, Wachen aufzustellen, um ähnliche Vorfälle zu verhindern.
    Der König war inzwischen in einem der großen Banketträume im
Palast aufgebahrt worden. Seine Prunkwaffen lagen vor dem Katafalk, zusammen
mit dem Königsring. Die Pezhetairen und die Königsjungen hielten die Ehrenwache.
Alexander stand den größten Teil der Zeit an der Bahre, um die
Beileidsbekundungen der Trauergäste entgegenzunehmen. Viele von ihnen nutzten
die Gelegenheit, ihm ihre Unterstützung zuzusichern.
    „Wie läuft es?“ fragte Antipatros, als er gegen Mittag auftauchte
und ihn vor die Tür winkte.
    Zu zweit zogen sie sich in die Palastbibliothek zurück,
gleich neben dem Kultraum des Herakles. An den Wänden reihten sich
Bücherschränke, deren Frontseiten mit ihren hölzernen Halbsäulen wie

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