Eine Krone für Alexander (German Edition)
Jagdunfall“, erwiderte Alexander. Obwohl jedem klar
sein musste, was es mit diesem „Jagdunfall“ auf sich hatte, verhielten sich die
Truppen in Asien ruhig. Die befürchtete Meuterei war ausgeblieben.
„Weißt du schon, wer seinen Posten übernehmen wird?“
Vielleicht ist es einfach nur Familienähnlichkeit, überlegte Alexander. Schließlich waren alle drei Männer mit ihm blutsverwandt.
Andererseits war Olympias’ Bruder mit den beiden anderen überhaupt nicht
verwandt, jedenfalls nicht, soweit er wusste.
„Ich denke an Kalas, Sohn des Harpalos.“ Kalas stammte aus
dem früheren Königshaus von Elimeia und war somit ein naher Verwandter von
Alexanders Freund Harpalos, dem Finanzgenie.
„Ein fähiger Offizier. Ich bin sicher, er wird in Asien gute
Arbeit leisten.“
Dann begann der Lynkeste wieder, über seinen neuen Posten zu
reden. Den halben Abend über hatte er immer wieder versichert, wie dankbar er
war, zum Strategen von Thrakien ernannt worden zu sein, wie wichtig der Schutz
der Verbindungslinien durch Thrakien sei und dass Alexander sich voll und ganz
auf ihn verlassen könne.
Alexander hatte seine Verwandtschaft aus Lynkestis noch nie
ausstehen können; sein Namensvetter erschien ihm noch als der Sympathischste
von der ganzen Bande. Das schloss auch dessen Neffen ein, die Söhne seines
hingerichteten Bruders Arrhabaios. Die beiden saßen neben ihrem Onkel, und ihre
Anwesenheit drückte auf Alexanders Stimmung. Der ältere, Amyntas, war ein ernst
und nachdenklich wirkender junger Mann Anfang zwanzig, der den ganzen Abend
nicht viel gesprochen hatte. Sein jüngerer Bruder Neoptolemos war als Heißsporn
bekannt, doch seit sein Vater hingerichtet worden war, schien er in brütendes
Dauerschweigen verfallen zu sein, das er auch an diesem Abend nicht gebrochen
hatte. Immer wenn Alexander ihn ansah, bekam er ein ungutes Gefühl in der Magengegend.
„… garantiere dir, du wird es nicht bereuen, mir diese wichtige
Aufgabe anvertraut zu haben“, versicherte Alexander der Lynkeste gerade wieder.
„Wie? … Ja, natürlich. Ich bin überzeugt, du wirst in
Thrakien gute Arbeit leisten.“
Alexander war geradezu erleichtert, als sein Namensvetter endlich
aufhörte, auf ihn einzureden, und sich erhob, um als guter Gastgeber auch den
anderen Gästen Aufmerksamkeit zu widmen. Seine beiden schweigsamen Neffen nahm
er mit. Einen Tisch weiter brachte jemand einen Trinkspruch auf Kleitos aus,
der ebenfalls gerade befördert worden war. Er würde anstelle des Lynkesten das
Kommando über die berittene Leibgarde übernehmen. Damit war er nun der
ranghöchste Reiteroffizier in der Armee.
Antipatros ließ sich auf der frei gewordenen Kline Alexander
gegenüber nieder. Auf seinem Gesicht lag ein beflissenes Lächeln.
„Mein Schwiegersohn wird auf seinem neuen Posten in Thrakien
gute Arbeit leisten. Du wirst es nicht bereuen, ihn zum Strategen ernannt zu haben.“
Schon wieder gute Arbeit leisten. „Das versichert er
mir auch schon die ganze Zeit.“
„Du kannst dich auf ihn verlassen. Er ist nicht nur kompetent,
sondern auch dir gegenüber völlig loyal.“
„Natürlich.“ Alexander nahm einen weiteren Schluck aus
seinem Becher. Seit der Hinrichtung von Arrhabaios und Heromenes beteuerte ihr
Bruder bei jeder sich bietenden Gelegenheit seine Loyalität, und Antipatros
stieß ins gleiche Horn. Ihre Beflissenheit ging Alexander allmählich auf die
Nerven. „Ich hoffe nur, das gilt auch für seine Neffen. Die beiden haben den
ganzen Abend den Mund nicht aufbekommen. Ich traue ihnen nicht über den Weg.“
„Es gab nicht die geringsten Hinweise darauf, dass sie in
die Machenschaften ihres Vaters und ihres Onkels verstrickt waren. Deshalb hast
du beim Prozess ja auch selbst für ihren Freispruch plädiert.“
„… und ich hoffe, dass ich das nicht eines Tages bereuen
werde. Lass uns über etwas anderes reden. Die Lynkesten deprimieren mich.“
„In Ordnung.“ Sofort wurde Antipatros’ Dauerlächeln warm und
aufrichtig. „Wie ich höre, hast du meine Tochter Phila kennen gelernt.“
„Ja, und ich war schwer beeindruckt von ihr, sowohl von
ihrer Gutherzigkeit als auch von ihrer Tatkraft.“
„Ja, sie ist wirklich erstaunlich.“
„Nur eines wundert mich: Wenn Phila deine älteste Tochter
ist, wie kommt es dann, dass ihre jüngere Schwester schon verheiratet ist, sie
selbst aber noch nicht?“
Ein Anflug von Sorge legte sich über Antipatros’ Gesicht.
„Bis jetzt hat sie noch jeden
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