Eine Krone für Alexander (German Edition)
Interessenten vergrault. Und bei all ihren
Vorzügen kann ich das sogar nachvollziehen. Wer will schon eine Frau, die
deutlich mehr auf dem Kasten hat als er selbst und ihm in vielen Bereichen
überlegen ist? Eine Frau sollte sich um das Haus und die Kinder kümmern und
sich aus öffentlichen Angelegenheiten heraushalten, findest du nicht auch? Ich
hoffe, Phila lernt mit der Zeit, ein wenig diplomatischer aufzutreten. Apropos
diplomatisch: Es gibt eine neue Nachricht von Hekataios. Anscheinend wissen wir
endlich, wo Amyntas ist.“
„Amyntas?“
Irritiert von dem plötzlichen Themenwechsel, versuchte Alexander,
einen klaren Kopf zu bekommen. Welchen Amyntas meinte Antipatros nur? Den
Neffen seines Schwiegersohns, der eben mit diesem verschwunden war? Alexanders
Cousin? Dessen verleumderischen Freund? Alexander schwirrte der Kopf vor lauter
Amyntassen, und das hatte nicht nur mit dem Wein zu tun. Er hatte das Gefühl,
immer wenn ihm in letzter Zeit jemand Ärger bereitete, lautete sein Name
Amyntas.
„Ich spreche vom Sohn des Antiochos.“
Der Verleumder also. Kurz vor Attalos’ absehbarem Ende war
er spurlos aus dem Heerlager in Asien verschwunden. „Und wo steckt er?“
„In Ephesos bei den Persern. Man hat ihn in der Nähe von
Autophradates gesichtet, dem dortigen persischen Befehlshaber. Amyntas sind wir
also vorläufig los, Attalos ist tot und seine Anhängerschaft hat sich in Luft
aufgelöst. Es ist uns gelungen, das ganze Widerstandsnest bei unseren Truppen
in Asien unschädlich zu machen. Soll ich Hekataios zurückbeordern?“
„Nein. Ich habe neue Instruktionen für ihn. Und neue Befehle
für die Armee in Asien: Ab sofort werden Memnons Landgüter von unseren Truppen
nicht mehr angetastet.“
Antipatros sah Alexander fragend an.
„Memnon soll bei den persischen Befehlshabern sehr unbeliebt
sein ...“
„… und wir sorgen dafür, dass das so bleibt – ich verstehe!
Ein raffinierter Plan!“
„Er stammt von deiner Tochter.“
Antipatros lief purpurrot an. Offensichtlich war es ihm peinlich,
dabei ertappt zu worden zu sein, wie er wichtige Staatsangelegenheiten mit
seiner achtzehnjährigen Tochter besprach. Zumal Frauen sich seiner Meinung nach
nicht in die Politik einmischen sollten.
9
So tief in der Nacht war es vollkommen still im Palast.
Alexander las, und was er las, gefiel ihm nicht. Es ging um seinen Tod.
Der Brief kam von Amyntas – dem Amyntas, der eben erst zu
den Persern übergelaufen war. Der Empfänger hieß ebenfalls Amyntas und war der
Freund des Absenders, Alexanders Cousin. Doch das Schreiben hatte ihn nie
erreicht. Parmenion hatte es abgefangen und an Alexander weitergeleitet.
Der Überläufer hatte sich mit Autophradates verständigt,
ging aus dem Schreiben hervor, dem Garnisonskommandanten von Ephesos. Der
Perser bot im Namen des Großkönigs dessen Unterstützung an, um dem „rechtmäßigen
König der Makedonen“ zu seinem Recht zu verhelfen. Eine beträchtliche Summe
Geld stehe zur Verfügung; leicht ließen sich damit Helfer finden, um den
Usurpator, der in Pella die Macht an sich gerissen habe, zu beseitigen. Als
einzige Gegenleistung verlangten die Perser, dass Amyntas, sobald er König
geworden war, alle makedonischen Truppen aus Asien zurückzog.
Alexander las den Brief nun zum dritten oder vierten Mal,
während Antipatros und Aristoteles mit besorgten Mienen warteten. Die beiden
waren ebenfalls mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen worden. Sie froren
wahrscheinlich erbärmlich, denn noch immer herrschte strenger Winter, und die
Kohlenbecken im Raum brauchten einige Zeit, um gegen die klirrende Kälte
anzukommen. Alexander dagegen spürte die Kälte nicht. Jedenfalls nicht die der
Luft. Dafür empfand er eine innere Kälte, die alles in ihm zum Erstarren brachte.
Er las und las, doch was er suchte, fand er nicht.
Er spürte, dass den beiden anderen allmählich die Geduld
ausging. Antipatros räusperte sich, um etwas zu sagen, als vor der Tür laute
Stimmen zu hören waren, darunter die energische und hell klingende einer Frau.
Die Tür sprang auf, und Olympias stürmte mit wehendem Schleier herein, gefolgt
von zwei oder drei hilflos blickenden Königsjungen sowie von Arybbas, der in
dieser Nacht der diensthabende Leibwächter war. Natürlich war er nicht der
Richtige gewesen, um seiner Verwandten Einhalt zu gebieten. Alexander stand
auf. Widerwillig taten die beiden anderen Männer das Gleiche.
„Ich weiß, dass ihr einen verräterischen Brief aus
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