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Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
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ständig von Menschen
umgeben war. Er wollte endlich einmal wieder allein sein, die Stille und
Abgeschiedenheit genießen, nicht ständig auf der Hut sein müssen … Schließlich
hatte Hephaistion nachgegeben.
    Dumm war nur, dass sie sich nach dem Besuch des Heiligtums,
nun ja, man musste es wohl so sagen, verirrt hatten. Seit Stunden folgten sie
nun schon einem verlassenen Pfad durch den Wald. Obendrein war das Wetter
umgeschlagen, es hatte angefangen, in Strömen zu gießen, sodass sie in kürzester
Zeit völlig durchnässt waren – keine reine Freude mitten im Winter. Wenigstens
war es noch nicht kalt genug für Schnee.
    „Warum lasse ich mich nur immer von dir breitschlagen?“,
schimpfte Hephaistion. Seine Lippen waren inzwischen blau vor Kälte. „Dein
Vater hatte völlig recht: Immer wenn du etwas Blödsinniges anstellst, lasse ich
mich von dir rumkriegen, dabei mitzumachen. Jedes Mal schwöre ich mir, es ist
das letzte Mal. Aber dann …“
    „Sieh mal, da“, unterbrach ihn Alexander und zeigte nach
vorn.
    Hinter dem grauen Vorhang des Regens zeichneten sich die
Umrisse eines mit einer Plane bedeckten Karrens ab. Als sie näherkamen, sahen
sie, dass die Räder im Morast des Waldpfades feststeckten. Vergeblich mühte
sich ein kleines, struppiges Pferd ab, das Gefährt aus dem Schlamm zu ziehen,
angetrieben von einer weiblichen Gestalt in einem durchnässten Chiton.
    „Können wir helfen?“, fragte Alexander und sprang von Bukephalos.
    „Aber sicher!“, rief die Frau, deren Schleier ihr am Kopf
klebte. „Die Räder stecken fast bis zu den Achsen im Schlamm. Wenn jeder von
euch an einer Seite anpackt, müssten wir es schaffen.“
    Alexander legte seine klatschnasse Chlamys ab und stemmte
sich gegen das rechte Vorderrad, Hephaistion tat dasselbe auf der linken Seite,
während die Frau das Pferd am Halfter packte und vorwärtszerrte. Mit vereinten
Kräften gelang es ihnen nach einiger Zeit, den Wagen freizubekommen.
    Die Frau kletterte auf den Bock und ergriff die Zügel. „Zwei
Wegbiegungen weiter ist ein Bauernhaus.“ Ihre Stimme klang überraschend jung.
„Wenn ihr wollt, könnt ihr mitkommen und euch ein bisschen aufwärmen. Zumindest
können eure Kleider am Herd trocknen.“
    Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Alexander und Hephaistion
stiegen auf ihre Pferde und folgten dem Wagen. Es war tatsächlich nicht mehr
weit. Die Bezeichnung Bauernhaus war allerdings ein Euphemismus, denn es
handelte sich eher um eine Hütte, klein und sogar ein wenig heruntergekommen.
Die Frau sprang vom Wagen und hastete durch den Regen zur windschiefen Tür.
    „Ihr könnt schon mal die Sachen reintragen.“
    Alexander und Hephaistion sahen einander an, dann zuckten
sie mit den Schultern, stiegen ab und begannen, die Ladung vom Wagen zu wuchten
und in die Kate zu schleppen. Es waren mehrere vollbepackte Körbe mit
Lebensmitteln sowie ein großer Stoß Feuerholz, der unter der Wagenplane bis
jetzt sogar halbwegs trocken geblieben war.
    Das Innere der Hütte bestand aus einem einzigen Raum. Es war
dämmrig und muffig, aber wenigstens warm, denn im Herd in der Mitte loderte ein
Feuer. Die Frau hatte ihren durchnässten Schleier abgelegt und sich im hinteren
Teil des Raumes an ein Bett gesetzt. Eigentlich war sie, erkannte Alexander
nun, eher ein Mädchen, vielleicht achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Auf dem
Bett lag eine alte Frau, die ausgezehrt wirkte und den Fremden erschöpft
entgegenblinzelte.
    „Ich habe dir Lebensmittel und Feuerholz mitgebracht“, sagte
das Mädchen zu ihr. „Das wird für den Rest des Monats reichen. Hat der Sud, den
ich dir gegeben habe, geholfen? Wenn nicht, können wir es mit Schwarzwurzel
versuchen. Das wirkt gut, ist aber schlecht für den Magen. Deshalb sollte man
Schwarzwurzel nur anwenden, wenn nichts anderes hilft.“
    Durchgefroren, wie sie waren, wärmten sich Alexander und
Hephaistion am warmen Herd und sahen dem Mädchen dabei zu, wie es der Kranken
die fiebrige Stirn abtupfte, das Feuer schürte, die Lebensmittel aus den Körben
räumte, einen kochenden Topf mit Brei auf dem Herd im Auge behielt und dabei
noch Fragen der medizinischen Behandlung erörterte. Alexander war beeindruckt
von so viel Energie.
    Als der Brei fertig war, bekamen auch er und Hephaistion
eine Schale davon ab, während das Mädchen seine Patientin fütterte.
    „Phila ist wunderbar!“, sagte die alte Frau nach dem letzten
Löffel zu Alexander. „Sie muss von den Göttern geschickt worden

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