Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
Vom Netzwerk:
hindurch und Hieb nach dem Gesicht.
Die Gestalt trat drei Schritte zurück, hielt kurz inne und begann dann mit
einer weiteren Serie von Schlägen, präzise und kontrolliert, mit exakt
berechneter Kraft. Es ging nicht um die Simulation eines Kampfes, dafür wäre
die Puppe wohl kaum der geeignete Partner gewesen, sondern um das Einschleifen
und Vervollkommnen der Bewegungsabläufe, ein einsamer Tanz mit einer ganz
eigenen, unverwechselbaren Ästhetik. Doch unter der kontrollierten Routine war
noch etwas anderes zu spüren, eine unterdrückte Wut, die sich in der Schärfe
der Bewegungen verriet.
    Die Gestalt versetzte der Puppe eine letzte vernichtende
Serie von Hieben, dann beendete sie das Training und zog den Helm ab. Ein
dicker, goldblonder Zopf kam darunter zum Vorschein. Kynnana fuhr sich mit dem
Handrücken über die verschwitzte Stirn. Alexander war aufgestanden und reichte
ihr das Handtuch. Ohne ihn anzusehen, riss sie es ihm aus der Hand und begann,
sich das Gesicht trocken zu reiben.
    „Was willst du?“, fragte sie kalt.
    Sie hatte gespürt, dass jemand sie beobachtete, wie jeder
gute Soldat, und sie hatte auch gewusst, wer es war. So, wie jeder Soldat ein
untrügliches Gespür für seinen Feind hatte.
    Alexander wies mit dem Kinn auf die Strohpuppe. „Findest du
keinen geeigneteren Trainingspartner als das?“
    „Nicht seit dem Tod meiner Mutter.“ Sie legte sich das
Handtuch über den Arm. Ihr Gesicht war gerötet, von der Anstrengung und vom
Rubbeln. Über der Stirn hatten sich ein paar kürzere Haare aus ihrer Frisur
gelöst und kringelten sich nun auf der erhitzten Haut. Anfangs hatte er
befürchtet, sie würde nie wieder ein Wort mit ihm reden. Doch Kynnana war eher
ein Typ für offene Feindseligkeit als für kaltes Schweigen.
    Sie ging hinüber zur Säulenhalle, wo ihre Sachen lagen, und
er folgte ihr. „Vielleicht solltest du dir jemand Geeigneten suchen.“
    „Stellst du dich zur Verfügung?“
    Lieber nicht, dachte er unwillkürlich, wenn er sich
den Vernichtungswillen vor Augen rief, mit dem sie auf die Strohpuppe eingedroschen
hatte.
    „Sollte nur ein Witz sein.“ Sie bückte sich und hob ihre Sachen
auf. Das Ölfläschchen rollte davon, und er griff danach, ehe es weit gekommen
war. Er versuchte, ihr einen Teil der Sachen abzunehmen, doch sie ignorierte
seine Bemühungen. Also behielt er stattdessen das Fläschchen und folgte ihr,
als sie den Gebäudekomplex ansteuerte, der die Bäder der Frauen beherbergte.
    „Die Auswahl ist nicht eben groß“, erklärte sie bissig. „Die
Männer halten es für unter ihrer Würde, die Klinge mit einer Frau zu kreuzen.
Und die Frauen fallen in Ohnmacht, wenn ich ihnen nur den Vorschlag mache.“
    „Es gibt durchaus Männer, die Mut und Tapferkeit bei einer
Frau zu schätzen wissen.“
    Sie warf ihm aus schmalen Augen einen misstrauischen Seitenblick
zu. „Worauf willst du hinaus?“
    „Ich finde, du solltest wieder heiraten.“
    Abrupt blieb sie stehen und starrte ihn an, und er nutzte
ihre Sprachlosigkeit, um die von ihm eingeübte Ansprache loszuwerden. „Ich
weiß, das letzte Jahr war hart für dich. Du gibst mir die Schuld daran, und du
hast recht damit. Ich möchte wiedergutmachen, was ich dir angetan habe, und
einen neuen Ehemann für dich finden. Einen, an dessen Seite du eine Chance auf
einen neuen Anfang hast.“
    Mit scheinbarer Ruhe fragte sie: „An wen hast du gedacht?“
    „An meinen Freund Langaros, den König der Agrianen. Er ist
in Pella aufgewachsen und mit mir zusammen in Mieza erzogen worden. Auf dem
Feldzug im Norden war er eine unschätzbare Hilfe für mich. Er sieht gut aus,
ist ein tapferer Krieger und hat einen anständigen Charakter.“
    Sie setzte sich wieder in Bewegung. „Der
Latrinenbeauftragte. War das nicht sein Spitzname?“
    „Ach, wir hatten alle einen Spitznamen.“
    „Und deiner war wahrscheinlich Holzklotz, weil du empfindsam
bist wie ein abgestorbener Baumstumpf. Du ermordest meinen Mann, nimmst meiner
kleinen Tochter ihren Vater und denkst, du kannst es wiedergutmachen, indem du
mich mit einem deiner debilen Kumpane verkuppelst?“
    „Langaros ist nicht debil, er hatte Unterricht bei
Aristoteles und …“
    „… und ist der beste Kumpel von Proteas, der anderen
Dumpfbacke aus deinem illustren Freundeskreis. Früher habt ihr mich und meine
Mutter beim Training angestarrt und anzügliche Bemerkungen gemacht, und
Langaros und Proteas waren die Schlimmsten von der ganzen Bande.“
    „Langaros fand

Weitere Kostenlose Bücher