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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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verdiente.
    Viele Neureiche reisten nach Europa und begannen Kunst, Möbel und was immer man in Kisten packen und über den Ozean verschiffen konnte, zu kaufen. Henry Clay Folger, der Präsident von Standard Oil (und entfernt mit der Kaffeefamilie Folger verwandt), fing an, erste Foliobände von Shakespeares Werken aufzukaufen, meist von klammen Aristokraten, und hatte schließlich ein Drittel aller erhaltenen Exemplare in seinem Besitz. Heute bilden sie den Grundstock der großartigen Folger Shakespeare Library in Washington. Viele andere, wie zum Beispiel Henry Clay Frick oder Andrew Mellon, bauten große Kunstkollektionen auf, während andere unterschiedslos alles zusammenrafften. Der Zeitungsmagnat William Randolph Hearst tat sich dabei ganz besonders hervor: Er erwarb derart ungebremst Schätze, dass er zu ihrer Unterbringung in Brooklyn zwei Lagerhäuser brauchte.
    Nicht zufrieden mit dem Sammeln europäischer Kunst und Kunstgegenstände, gingen die Neureichen dann dazu über, sich Ehegatten aus der Alten Welt zuzulegen. Im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts wurde es nämlich Mode, sich Aristokraten in Geldnöten auszugucken und seine Töchter an sie zu verheiraten. Nicht weniger als fünfhundert reichen jungen Amerikanerinnen war ein solches Arrangement genehm. Fast jedes Mal ging es dabei weniger um eine Heirat als um eine geschäft- liche Transaktion. May Goelet, die ein Erbe von 12,5 Millionen in Aussicht hatte, wurde von einem Hauptmann George Holford begehrt, der reich war und drei große Häuser besaß. »Leider«, schrieb sie wehmütig nach Hause, »hat der gute Mann keinen Titel.« Also ehelichte sie den Herzog von Roxburghe, was ihr einen Wahnsinnstitel einbrachte, aber ein miserables Leben.
    Manche britischen Adelsfamilien schienen sich andererseits auf Teufel komm raus mit reichen Amerikanerinnen verbinden zu wollen. Lord Curzon ehelichte zwei Damen aus der Neuen Welt (nacheinander natürlich), der achte Herzog von Marlborough Mrs. Lily Hammersley, eine amerikanische Witwe, die über keine sonderlichen Reize verfügte (eine Zeitung beschrieb sie als »schlecht gekleidete Frau mit Schnurrbart«), aber sagenhaft reich war. Der neunte Herzog, sein Sohn, wiederum führte Consuelo Vanderbilt zum Traualtar, die gut aussah und 4,2 Millionen Dollar in Eisenbahnaktien mitbrachte. Sein Onkel Lord Randolph Churchill heiratete die Amerikanerin Jennie Jerome, die der Familie nicht so viel Geld brachte, aber Winston Churchill produzierte. Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurden zehn Prozent aller britischen adligen Ehen mit Amerikanerinnen geschlossen in der Tat eine beachtliche Anzahl!
    In Amerika bauten die neuen Reichen grandiose Häuser. Allen voran die Vanderbilts. Allein auf der Fifth Avenue in New York errichteten sie zehn riesige Stadtpalais. Eines hatte 137 Zimmer, womit es zu einem der größten wurde, die je existierten. In Newport, Rhode Island, hatten die Vanderbilts weitere Prunkvillen. Dass die Superreichen ganz ausnahmsweise auch einmal ironisch sein konnten, mag man darin sehen, dass sie ihre Häuser in Newport als »Cottages« bezeichneten. Dabei waren die Häuser so groß, dass sogar die Diener Leute brauchten, die ihnen zur Hand gingen, und es gab weite Marmorflächen darin, herrlich funkelnde Kronleuchter, Tapisserien, groß wie Tennisplätze, und aus Silber und Gold gehämmerte Armaturen und dergleichen. Wenn man eines davon, The Breakers, heute bauen würde, würde es eine halbe Milliarde Dollar verschlingen — vielleicht ein ganz kleines bisschen übertrieben für eine Sommerresidenz. Die protzigen Anwesen erregten schließlich derart weitverbreitetes Missfallen, dass ein Senatsausschuss eine Zeitlang ernsthaft ein Gesetz in Erwägung zog, das die Summe begrenzte, die man für ein Haus ausgeben durfte.
    Der Architekt, der hier heftig seine Hand im Spiel hatte, war Richard Morris Hunt. Hunt wuchs als Sohn eines Kongressabgeordneten in Vermont auf, ging aber mit neunzehn nach Paris und studierte als erster US-Amerikaner an der École des Beaux Arts Architektur — ja, er machte als erster Amerikaner überhaupt eine formale Ausbildung zum Architekten. Er war charmant und sah gut aus — angeblich »der schönste Amerikaner in Paris« —, doch bis 1881, als er schon weit über fünfzig war, war seine Karriere zwar erfolgreich und respektabel, aber einen Hauch mittelmäßig. Typisch für seine Projekte war sein Entwurf für das Fundament der Freiheitsstatue, ein lukrativer

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