Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge
Mittagessen zu kaufen, und der Bäcker redete so begeistert und stolz über den Park, dass die Wanderer beschlossen, sich kurz dort umzuschauen. Die Parklandschaft hatte »eine Vollkommenheit erreicht, von der ich nicht einmal geträumt hätte«, erinnert sich Olmsted in Wanderungen und Gespräche eines amerikanischen Farmers in England, seinem populären Bericht über die Reise. Zu der Zeit verlangten auch schon viele Leute in New York einen anständigen Park für die Stadt, und etwas wie Birkenhead Park war genau das, was sie brauchten, befand Olmsted. Da hatte er noch keine Ahnung, dass er sechs Jahre später selbst diesen Park entwerfen würde.
Frederick Law Olmsted wurde 1822 in Hartford in Connecticui geboren, er war der Sohn eines wohlhabenden Textilkaufmanns und wechselte als junger Erwachsener häufig den Job. Er arbeitete für eine Textilfirma, fuhr mit der Handelsmarine zur See, betrieb eine kleine Farm und begann schließlich mit dem Schreiben. Nach seiner Rückkehr aus England heuerte er bei der neu gegründeten New York Times an, bereiste die Südstaaten und verfasste eine Reihe von berühmten Artikeln, die später als Buch, König Baumwolle, sehr erfolgreich waren. Er war ein ständiger Provokateur, verkehrte mit Leuten wie Washington Irving, Henry Wadsworth Longfellow und William Makepeace Thackeray, wenn sie in der Stadt waren, und trat als Teilhaber in den Verlag Dix & Edwards ein. Eine Zeitlang schien alles für ihn zu laufen, doch dann erlitt die Firma mehrere finanzielle Rückschläge, und 1857, einem schweren Jahr für die amerikanische Wirtschaft mit zahlreichen Bankpleiten, war er auf einmal bankrott und arbeitslos.
Genau zu der Zeit wollte die Stadt New York 840 Morgen Brachland in den lange erwarteten Central Park verwandeln. Es war ein riesiges Areal, vier Kilometer lang und achthundert Meter breit, und Olmsted, einigermaßen verzweifelt, bewarb sich um einen Job als Städtischer Bauleiter und bekam ihn. Er war fünfunddreißig, und es war kein Karriereschritt nach oben, sondern für jemanden, der so viel Erfolg gehabt hatte wie er, ein erniedrigender Abstieg, besonders da keineswegs gesichert war, dass der Central Park nun der Hit wurde. Zum einen war er nicht einmal zentral gelegen — »Uptown« Manhattan war immer noch fast drei Kilometer weiter im Süden —, und zum anderen war das unbewohnte Brachland, auf dem er angelegt werden sollte, eine trostlose Weite von Wiesen, Gestrüpp und aufgegebenen Steinbrüchen, ja ein Kommentator sprach sogar von »Pestsümpfen«. Die Vorstellung, dass daraus ein beliebtes schönes Fleckchen Erde werden könnte, war lächerlich ambitioniert.
Für einen Entwurf hatte man sich noch nicht entschieden; den Gewinner der Ausschreibung erwartete ein Preisgeld von 2000 Dollar. Die brauchte Olmsted dringend. Er tat sich mit einem jungen, erst kürzlich in die Vereinigten Staaten gekommenen brit ischen Architekten namens Calvert Vaux zusammen und reicht e einen Vorschlag ein. * Vaux, von zarter Gestalt, nur 1,47 groß, als Sohn eines Arztes in London aufgewachsen, 1850, kurz nach linde seiner Ausbildung zum Architekten, in die Vereinigten Staaten emigriert, konnte zeichnen, was Olmsted trotz Leidenschaft und Visionen nicht konnte. Es war der Beginn einer ungeheuer erfolgreichen Zusammenarbeit. In der Ausschreibung wurde Folgendes verlangt: Exerzierplatz, Sportplatz, Schlittschuhteich, wenigstens ein Blumengarten, ein Aussichtsturm und vieles andere mehr, vor allem aber vier, in Abständen das Areal durchquerende Straßen, die verhindern sollten, dass der Park auf seiner ganzen Länge eine Barriere für den Ost-West-Verkehr bildete. Olmsteds und Vaux' Entwurf unterschied sich maßgeblich von den anderen darin, dass sie die Durchquerungsstraßen in Gräben, das heißt unterhalb der Sichtachse verlegten und für die Parkbesucher Brücken vorsahen, auf denen sie von einem Teil des Parks in den anderen gehen konnten. »Man konnte so den Park nachts schließen, ohne den Verkehr zu stören«, schreibt Witold Rybczynski in seiner Biografie Olmsteds. Nur Olmsteds und Vaux' Vorschlag sah eine solche Lösung vor.
Man denkt ja leicht, dass nur ein paar Bäume gepflanzt, Pfade angelegt, Bänke hingestellt und vielleicht noch ein Teich ausgehoben werden muss, und schon ist der Park fertig. Aber der Central Park war ein technisch hoch anspruchsvolles Projekt. Man brauchte mehr als zwanzigtausend Fässer Dynamit, um das Terrain gemäß Olmsteds und Vaux' Angaben
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