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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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ein Detail hin. Als das Geschirr ankam, entdeckte er zu seinem Entsetzen, dass der Pfeil getreulich auf jedes Stück aufgemalt war.
    Es war leicht — und für viele Agenten auch unwiderstehlich verlockend ihren amerikanischen Partnern Kleidung und Möbel umzudrehen, die in England Ladenhüter, weil aus der Mode wa¬ren. »Du kannst Dir nicht vorstellen, was für einen Plunder man selbst in den besten Läden findet«, schrieb eine englische Besucherin namens Margaret Hall einer Freundin zu Hause, und »Für Amerika gut genug« wurde eine fröhliche Redensart in englischen Manufakturen. Finanziell übervorteilt zu werden argwöhnte der Abnehmer ohnehin ständig. Washington schrieb einmal nach einer Lieferung wütend an Cary, dass viele der gelieferten Waren billig an Qualität, aber nicht im Preis waren, denn im Preis übertreffen sie wirklich weit alles, was ich je bekommen habe«.
    Die mangelnde Sorgfalt der Agenten und Kaufleute trieb die Amerikaner oft schier in den Wahnsinn. Colonel John Tayloe, der das berühmte Octagon House in Washington baute, bestellte bei der Manufaktur Coade in London einen Kamin und wartete ein gutes Jahr auf die Lieferung, doch als er die Kiste öffnete und feststellte, dass sie das Sims vergessen hatten, verschlug es ihm reinweg die Sprache. Anstatt auf ein neues Sims zu warten, ließ er von einem zuverlässigen amerikanischen Schreiner eines aus Holz anfertigen. Der Kamin — immer noch mit dem hölzernen Sims — ist heute eines der wenigen Stücke von Coade in den Vereinigten Staaten.
    Wegen der Lieferprobleme hatten die Plantagenbesitzer letztlich oft nur die Alternative, selbst etwas herzustellen. Jefferson brannte zum Beispiel Ziegel — insgesamt etwa 650 000 —, ein heikles Unterfangen, weil die Hitze in seinen selbstgebauten Brennöfen so ungleichmäßig war und er immer nur die Hälfte der gebrannten Ziegelsteine gebrauchen konnte. Er begann auch Nägel zu schmieden. Als die Spannungen mit dem Mutterland zunahmen, wurde alles noch schwieriger. 1774 beschloss der Kontinentalkongress fürs Erste die Einstellung des Handels mit England, und Jefferson musste sich bestürzt damit abfinden, dass vierzehn Paar sehr teure Schiebefenster, die er dort bestellt hatte und wirklich dringend brauchte, nun nie bei ihm ankommen würden.
    Die Behinderung des freien Handels ärgerte den schottischen Moralphilosophen und Ökonomen Adam Smith (dessen Über den Wohlstand der Nationen nicht zufällig in dem Jahr herauskam, als die Vereinigten Staaten ihre Unabhängigkeit erklärten) sehr, doch nicht halb so sehr wie die Amerikaner, die natürlich die Idee, dass sie auf ewig unfreiwillig als Markt herhalten sollten, höchst unerfreulich fanden. Es wäre übertrieben zu behaupten, dass der ganze Handelsfrust die Amerikanische Revolution auslöste, aber mächtigen Anteil hatte er sicher daran.
    IV.
    Während Thomas Jefferson ewig und drei Tage an Monticello baute, musste sich zweihundert Kilometer weiter nordöstlich sein Kollege und virginischer Landsmann George Washington mit ähnlichen Widernissen und Rückschlägen beim Umbau seiner Plantagenvilla Mount Vernon am Ufer des Potomac herumschlagen, ging aber damit ähnlich genial und flexibel um. (Die Nähe Mount Vernons zur Hauptstadt ist nicht zufällig. Washington durfte die Lage der neuen Hauptstadt der Nation bestimmen und entschied sich für eine, die einen bequemen Ritt von seiner Plantage entfernt war.)
    Als er nach dem Tod seines Halbbruders Lawrence 1754 nach Mount Vernon zog, war es ein bescheidenes Farmhaus mit acht Zimmern. Über die nächsten dreißig Jahre baute er es zu einer stattlichen Villa mit zwanzig Zimmern um — alle wohlproportioniert und wunderbar eingerichtet (und sehr im Zeichen von Palladio). Dabei hatte Washington — bis auf einen Kurztrip nach Barbados — Virginia, das »waldige Land meiner Kindheit«, wie er es einmal nannte, nie verlassen. Trotzdem war ein Besucher Mount Vernons beeindruckt von dessen Kultiviertheit, es wirke, meinte er, als habe Washington eine Kavalierstour durch die gro- ßen Häuser und Gärten Europas gemacht und sorgsam überall das Feinste ausgesucht.
    Er kümmerte sich um jedes noch so kleine Detail. In den acht Jahren des Unabhängigkeitskrieges, trotz all der Nöte und Anstrengungen des Krieges, schrieb er jede Woche nach Hause, erkundigte sich, wie alles lief, und erteilte neue oder modifizierte Anweisungen für einzelne Punkte in den Plänen. Washingtons Rauleiter wunderte sich zu Recht,

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