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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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viele er eigentlich besaß. Er liebte Bücher und hatte das große Glück, einer Generation anzugehören, in der sie Allgemeingut wurden. Bis vergleichsweise kurz zuvor waren sie sehr rar gewesen. Als Jeffersons Vater 1757 starb, umfasste seine Bibliothek zweiundvierzig Bände, und das fand man ganz schön beeindruckend. Eine Bibliothek von vierhundert Büchern — wie sie John Harvard hinterließ — empfand man als so kolossal, dass man das Harvard College nach ihm benannte. Doch während Harvard im Laufe seines Lebens ungefähr zwölf Bücher im Jahr erworben hatte, erstand Jefferson im Laufe seines Lebens ungefähr zwölf im Monat und hatte damit alle zehn Jahre tausend Bücher mehr.
    Ohne seine Bücher wäre er nicht Jefferson gewesen. Für jemanden wie ihn, der am Rande der Zivilisation lebte, weit weg von direktem Erfahrungsaustausch, waren Bücher wichtige Anleitungen, wie man sein Leben gestalten konnte, und keines inspirierte ihn mehr, fand er lohnenswerter und so voller nützlicher Hinweise wie I quattro libri von Palladio.
    Wegen Jeffersons begrenzter finanzieller Mittel und seiner endlosen Herumwerkelei sah Monticello nie so gut aus, wie es hätte aussehen können, bei Weitem nicht. Als der Hausherr 1802 schon über dreißig Jahre daran herumbosselte, zeigte sich eine Besucherin, Mrs. Anna Maria Thornton, schockiert, weil sie über wackelige Bretter eintreten musste. »Obgleich ich ja darauf vorbereitet war, ein nicht fertiges Haus zu sehen, war ich unweigerlich von [...] der allgemeinen Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit gepackte, sinnerte sie in ihrem Tagebuch. Jefferson selbst scherte sich kaum um die Unannehmlichkeiten. »Wir wohnen gerade in einem Ziegelbrennofen«, schrieb er unverdrossen an einen Freund. Er kümmerte sich allerdings auch nicht groß um Pflege und Instandhaltung dessen, was schon fertig war. In dem feuchtwarmen Klima Virginias müssen Holzwände außen mindestens alle fünf Jahre neu gestrichen werden. Soweit man feststellen kann, strich Jefferson Monticello nie ein zweites Mal an, und kaum wurden die Tragebalken eingebaut, nagten schon die Termiten daran. Bald gab es auch Hausschwamm.
    Jefferson steckte ständig in (meist selbst verschuldeten) finanziellen Engpässen. Es war ein Wahnsinn, wie er das Geld mit vollen Händen ausgab. Als er 1790 von seinem fünfjährigen Frankreich-Aufenthalt zurückkehrte, brachte er eine ganze Schiffsladung Möbel und Haushaltsgegenstände mit — fünf Öfen, siebenundfünfzig Stühle, diverse Spiegel, Sofas und Kerzenständer, eine Kaffeemaschine, die er selbst entworfen hatte, Uhren, Bettwäsche, Geschirr aller Art, 145 Rollen Tapete, einen Vorrat an Argand-Lampen, vier Waffeleisen und vieles andere mehr jedenfalls sechsundachtzig große Kisten voll und obendrein eine Kutsche. Er ließ alles in sein Haus in Philadelphia bringen, damals die Hauptstadt der Nation, und ging gleich wieder shoppen.
    Vom Aussehen her eher Asket — er kleidete sich weniger aufwändig als seine Hausdiener —, gab er jedoch irrsinnige Summen für Speis und Trank aus. Während seiner ersten Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten allein für Wein 7500 Dollar (heute wären das 120 000). Binnen acht Jahren kaufte er nicht weniger als zwanzigtausend Flaschen Wein. Selbst als er zweiundachtzig und hoffnungslos überschuldet war, orderte er »immer noch Muscat de Riversalle in Partien von 150 Flaschen«, wie ein Biograf mit unverhohlenem Staunen bemerkt.
    Viele der kurioseren Dinge in Monticello sind den begrenzten Fähigkeiten seiner Arbeiter geschuldet. Für die Säulen außen musste er bei dorischen bleiben, weil er keinen finden konnte, der etwas Komplizierteres hinbekam. Das größte Problem aber, das ihn teuer zu stehen kam und immer wieder frustrierte, war der Mangel an einheimischen Materialien. Es lohnt sich, eine Minute lang zu bedenken, womit die amerikanischen Kolonisten kämpfen mussten, als sie versuchten in einem Land zurechtzukommen, in dem es an allen Ecken und Enden fehlte.
    Die britische Vorstellung von Empire war, dass Amerika die Rohstoffe zu einem günstigen Preis lieferte und die fertigen Produkte kaufte. Das System war in einer Reihe von Gesetzen festgeschrieben, die als Navigation Acts bekannt waren und denen gemäß alle Waren für die Neue Welt entweder in Großbritannien hergestellt worden oder irgendwann dort gewesen sein mussten, auch wenn sie beispielsweise von den Westindischen Inseln stammten und deshalb zweimal sinnlos den Atlantik

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