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Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge

Titel: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Haus passte. »Obwohl die Kuppel vollkommen symmetrisch aussieht«, sagte Self, »ist sie das nicht. Das ganze Ding war eine enorme Rechenaufgabe. Die Spanten, auf denen sie ruht, sind alle verschieden lang, doch da sie alle den gleichen Durchmesser überspannen mussten, war die Planung ein einziges Sinus- und Cosinusrechnen. Nicht viele Leute hätten da oben eine Kuppel hingeschafft.« Andere Details waren ihrer Zeit um Generationen voraus. Jefferson ließ zum Beispiel dreizehn Dachfenster einbauen, so dass das Haus ungewöhnlich hell und luftig ist.
    Draußen auf der Terrasse zeigte Self mir eine sehr schöne kugelförmige Sonnenuhr im Garten, die Jefferson selbst gefertigt hat. »Das zeugt nicht nur von großartigem, handwerklichem Können, sondern man hätte sie auch nicht ohne gründliche Kenntnisse der Astronomie bauen können«, sagte er. »Wirklich erstaunlich, wo er die Zeit und die Fähigkeit hernahm, sich mit alldem zu beschäftigen.«
    Monticello wurde berühmt, weil es so viele neue Dinge darin gab: einen in den Kamin eingebauten Speiseaufzug, Innentoiletten, ein Gerät namens Polygraph, bei dem zwei Stifte von jedem Brief, den man damit schrieb, eine Kopie machten. Zwei Türen, die beide aufgingen, auch wenn man nur eine von ihnen anstieß, stellten Besucher eineinhalb Jahrhunderte lang vor ein Rätsel und bezauberten sie. Erst als der Mechanismus während Ausbesserungsarbeiten in den 1950er Jahren freigelegt wurde, entdeckte man, dass die Türen unter dem Boden unsichtbar durch eine Stange und einen Flaschenzug verbunden waren — eigentlich ein ziemlich einfaches Arrangement, aber insofern ein wenig paradox, als man mit großen Kosten und Aufwand sehr wenig Arbeit und Mühe gespart hatte.
    habe, und tatsächlich verschwendete er kaum einen Moment seiner dreiundachtzig Lebensjahre. Er zeichnete in sieben Notizbüchern, die er gleichzeitig in Gebrauch hatte, fanatisch alles auf und vermerkte die allerwinzigsten Kleinigkeiten aus seinem täglichen Leben: jeden Tag ausführlich das Wetter, Daten der Zugvögel, Daten, an denen Blumen blühten. Er bewahrte nicht nur Kopien von 18000 Briefen auf, die er schrieb, und die 5000, die er bekam, sondern trug sie auch gewissenhaft in ein »Briefverzeichnis« ein, das dann seinerseits auf 650 Seiten anschwoll. Jeden Cent, den er verdiente und ausgab, notierte er ebenso wie die Anzahl der Erbsen, die man in einen Pint-Topf füllen konnte. Er führte eine vollständige Liste über jeden einzelnen seiner Sklaven und hielt ungewöhnlich umfassend fest, wie sie behandelt wurden und was sie besaßen.
    Seltsamerweise aber führte er kein Tagebuch und keine Inventarliste über das Haus. »Komisch, aber wir wissen mehr über Jeffersons Haus in Paris als über dieses«, erzählte mir Susan Stein, die Chefkuratorin, als ich in Monticello war. »Wir wissen nicht, was für Bodenbeläge er in den meisten Zimmern hatte, und tappen bei vielen Einrichtungsgegenständen im Dunklen. Wir wissen, dass das Haus zwei Innentoiletten hatte, doch wir wissen nicht, wer sie benutzen durfte oder was als Toilettenpapier verwendet wurde. So was zeichnet man nicht auf.« Da sind wir also in der merkwürdigen Lage, dass wir bestens über die zweihundertfünfzig essbaren Pflanzen informiert sind, die Jefferson anbaute (kategorisiert danach, ob man ihre Wurzeln, Früchte oder Blätter futterte), aber überraschend wenig über viele Aspekte seines Lebens im Haus.
    Das Haus sollte vor allem seinen Bedürfnissen dienen. Als er mit seiner jungen Frau Martha 1772 nach Monticello kam, wurde schon seit drei Jahre daran gebaut, und es war auf einen Blick klar, dass es sein Haus war. Sein Arbeitszimmer war zum Beispiel fast doppelt so groß wie das Esszimmer und das eheliche Schlafgemach, und die markanten Dinge im Haus dienten vor allem
    seinen Bedürfnissen und Launen. Er konnte zum Beispiel Windgeschwindigkeit und -richtung von fünf Stellen im Haus überprüfen — sicher nicht Mrs. Jeffersons erste Priorität.
    Nach Marthas frühem Tod nach gut zehn Jahren Ehe wurde das Haus noch entschiedener seins. In keinen der privaten Bereiche hatten Gäste unbegleitet Zutritt — was bedeutete, zum größten Teil des Hauses nicht. Wer sich in der Bibliothek umsehen wollte, musste warten, bis Mr. Jefferson ihn persönlich hineinführte.
    Am überraschendsten bei all den Dingen, die er rätselhafter-weise unterließ, ist vielleicht, dass er keine Liste seiner Bücher erstellte und offenbar keine Ahnung hatte, wie

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