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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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niemand garantieren, dass sich die Investition auszahlte. Der König von Portugal lehnte ab.
    Wie so mancher Start-up-Gründer von heute gab Kolumbus nicht auf. Er wandte sich an andere potenzielle Investoren in Italien, Frankreich und England und sprach erneut in Portugal vor. Doch überall wurde er abgewiesen. Schließlich versuchte er sein Glück bei Isabella und Ferdinand, den Herrschern des kürzlich vereinigten Spaniens. Unterstützt von erfahrenen Lobbyisten gelang es ihm, Königin Isabella das erforderliche Kapital zu entlocken. Wie heute jedes Schulkind weiß, gewann Isabella den Jackpot. Nach den Entdeckungen von Kolumbus eroberten die Spanier Amerika, entdeckten Gold- und Silbervorkommen und errichteten Zucker- und Tabakpflanzungen, die den spanischen Königen, Bankiers und Händlern mehr Gewinne bescherten, als sie sich je erträumt hätten.
    Ein Jahrhundert später waren Fürsten und Bankiers bereit, den Nachfolgern von Kolumbus deutlich mehr Kapital vorzustrecken. Dank der Schätze der Neuen Welt hatten sie viel mehr Geld in den Taschen, das sie verleihen konnten. Vor allem aber hatten die Fürsten und Bankiers mehr Vertrauen in das Potenzial der Expeditionen und waren eher bereit, ihr Geld dafür herauszurücken. Der magische Zirkel des imperialistischen Kapitalismus kam in Gang: Kredite finanzierten neue Entdeckungen, Entdeckungen wurden zu Kolonien, Kolonien erwirtschafteten Gewinne, Gewinne schufen Vertrauen, und Vertrauen war die Grundlage für neue Kredite. Nichteuropäischen Eroberern wie Nurhaci oder Nader Shah ging nach ein paar Tausend Kilometern die Kraft aus. Kapitalistische Unternehmer erhielten dagegen mit jeder Eroberung zusätzlichen finanziellen Schwung.
    Da diese Expeditionen alles andere als gefahrlos waren, blieben die Kreditgeber trotzdem vorsichtig. Viele Entdecker kehrten mit leeren Händen nach Europa zurück und fanden nichts, was von Wert gewesen wäre. Die Engländer verschwendeten beispielsweise eine Menge Zeit und Energie auf die erfolglose Suche nach der Nordwestpassage nach Asien, die über die Arktis führen sollte. Viele Expeditionen kehrten nie zurück. Schiffe wurden von Eisbergen gerammt, von tropischen Stürmen versenkt oder von Piraten gekapert. Um den Kreis der potenziellen Investoren zu erweitern und das Risiko zu mindern, erfanden die Europäer Aktiengesellschaften. Nun setzte nicht mehr ein Investor sein ganzes Geld auf ein einziges wurmzerfressenes Schiff, sondern die Aktiengesellschaft sammelte Geld von vielen Anlegern, die nur einen kleinen Teil ihres Kapitals wagten. Damit wurden die Risiken begrenzt, nicht aber die möglichen Gewinne. Wer auf das richtige Schiff setzte, konnte selbst mit einer bescheidenen Investition ein Vermögen machen.
    Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich ein ausgeklügeltes Finanzsystem, mit dessen Hilfe Unternehmen und Regierungen innerhalb kürzester Zeit große Kredite auftreiben konnten. Dieses System war bei der Finanzierung von Eroberungs- und Forschungsexpeditionen deutlich effizienter als jedes Königreich oder Imperium. Die neue Macht des Kredits zeigte sich in der erbitterten Auseinandersetzung zwischen Spanien und den Niederlanden. Im 16. Jahrhundert war Spanien die Vormacht in Europa und herrschte über ein riesiges Weltreich. Dazu gehörten große Teile Europas, Amerikas und der Philippinen, sowie eine ganze Reihe von Stützpunkten entlang der Küsten Afrikas und Asiens. Jahr für Jahr kehrten reich mit Schätzen beladene Flotten aus Amerika und Asien in die Häfen von Sevilla und Cádiz zurück. Die Niederlande waren dagegen nichts als ein kleiner, nebliger Sumpf in einem abgelegenen Winkel des spanischen Weltreichs.
    Im Jahr 1568 lehnten sich die Niederländer, die überwiegend Protestanten waren, gegen ihre katholischen Herren in Spanien auf. Zunächst schienen die Rebellen die Rolle von Don Quijote spielen zu wollen, der sich mutig den unbezwingbaren Windmühlen entgegenwirft. Doch acht Jahre später hatten die Niederländer nicht nur ihre Unabhängigkeit erkämpft, sondern sie hatten die Spanier und Portugiesen als Herren der Weltmeere abgelöst und ein Weltreich begründet. Plötzlich waren sie der reichste Staat in ganz Europa.
    Das Erfolgsgeheimnis der Niederländer war der Kredit. Die niederländischen Bürger, die keine Lust auf einen Landkrieg hatten, heuerten einfach Söldner an, die für sie gegen die Spanier kämpften. Sie selbst hatten sich in immer größeren Flotten hinaus auf die Weltmeere gewagt.

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