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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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Lügen sind nichts Besonderes. Auch Schimpansen und Grünmeerkatzen können lügen. Affenforscher haben beispielsweise Grünmeerkatzen dabei beobachtet, wie sie »Achtung Löwe!« rufen, obwohl weit und breit kein Löwe zu sehen ist. Mit diesem Ruf wollen die Lügner lediglich einen Artgenossen aufschrecken, der gerade eine Banane entdeckt hat, um sie sich selbst einzuverleiben.
    Anders als eine Lüge ist eine erfundene Wirklichkeit etwas, an das alle glauben. Und solange alle daran glauben, hat die erfundene Wirklichkeit ganz reale Macht in der wirklichen Welt. Der Künstler der Stadel-Höhle glaubte vermutlich ehrlich an die Existenz eines Geistes in Form eines Löwenmenschen. Einige Zauberer sind zwar Scharlatane, doch die meisten sind fest davon überzeugt, dass es ihre Götter und Dämonen wirklich gibt. Die meisten Millionäre glauben an die Existenz des Geldes und der Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Die meisten Menschenrechtsaktivisten glauben an die Existenz der Menschenrechte. Niemand log, als die Vereinten Nationen im Jahr 2011 Libyen ermahnten, die Menschenrechte einzuhalten, obwohl die Vereinten Nationen, Libyen und die Menschenrechte nichts anderes sind als Produkte unseres Erfindungsreichtums.
    Am Genom vorbei
    Die Fähigkeit, mit Hilfe von bloßen Worten eine Wirklichkeit zu erschaffen, machte es möglich, dass große Gruppen von wildfremden Menschen effektiv zusammenarbeiteten. Sie bewirkt jedoch noch etwas anderes. Da menschliche Zusammenarbeit in großem Maßstab auf Mythen basiert, kann man die Form der Zusammenarbeit neu gestalten, indem man die Mythen verändert und neue Geschichten erzählt. Unter den richtigen Umständen können sich diese Mythen sogar sehr schnell ändern. Im Jahr 1789 schalteten die Franzosen beispielsweise quasi über Nacht vom Mythos des »Gottesgnadentums der Könige« auf den Mythos der »Herrschaft des Volkes« um. Nach der kognitiven Revolution war der Homo sapiens daher in der Lage, sein Verhalten schnell um- und auf neue Bedürfnisse einzustellen. Damit wechselte er auf die Überholspur der kulturellen Evolution und konnte am Stau der genetischen Evolution vorüberrasen. Schon bald düste er an allen anderen Menschen- und Tierarten vorüber und entwickelte seine erstaunliche Fähigkeit zur Zusammenarbeit.
    So intelligent und erfindungsreich Schimpansen und Elefanten auch sein mögen, sie sind nicht in der Lage, ihre Gesellschaften völlig umzukrempeln. Schimpansen haben eine genetisch programmierte Vorliebe, in Gruppen von wenigen Dutzend Individuen zusammenzuleben und sich einem Alphamännchen unterzuordnen. Die eng verwandten Bonobos bevorzugen ebenfalls gemischte Gruppen, auch wenn diese meist von einem Weibchen angeführt werden. Elefantenkühe leben mit ihren Jungen in einer Herde von Weibchen zusammen, während die Elefantenbullen allein durch die Savanne streifen. Die Gene sind zwar keine Alleinherrscher, und das Verhalten der Tiere wird auch durch Umweltfaktoren und individuelle Besonderheiten bestimmt. Doch in einer stabilen Umwelt verhalten sich die meisten Angehörigen einer bestimmten Art sehr ähnlich. Spürbare Veränderungen des Sozialverhaltens sind in der Regel nur Hand in Hand mit einer Mutation der Gene möglich. Schimpansenweibchen können sich kein Vorbild an den Bonoboweibchen nehmen und eine Frauenbewegung gründen. Schimpansenmännchen können keine Volksversammlung einberufen, in der sie das Amt des Alphamännchens abschaffen und die Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit aller Schimpansen verkünden. Derart dramatische Veränderungen des Verhaltens wären ohne Veränderungen im Erbgut der Schimpansen völlig undenkbar.
    Deshalb kannten die Urmenschen auch keine Revolutionen. Soweit wir das heute beurteilen können, waren Veränderungen der Gesellschaft, Erfindungen neuer Techniken und die Besiedlung neuer Lebensräume immer das Resultat von Genmutationen und Umwelteinflüssen, und nicht von kulturellen Initiativen. Deshalb benötigten die Menschen auch Hunderttausende Jahre für winzige Veränderungen. Vor zwei Millionen Jahren brachten Genmutationen eine neue Menschenart namens Homo erectus hervor. Er war es auch, der als Erster Steinwerkzeuge benutzte. Doch solange sich der Homo erectus genetisch nicht veränderte, verwendete er immer die dieselben Werkzeuge – und zwar mehr als eine Million Jahre lang!
    Doch nach der kognitiven Revolution waren Sapiens in der Lage, ihr Verhalten schnell zu verändern und neue Verhaltensweisen

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