Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)
kommen vielleicht gleich nach den Menschenaffen. In den Mastfabriken werden oft Hunderttausende von Sauen in winzige Käfige gezwängt, die nicht größer sind als sie selbst und in denen sie sich nicht einmal umdrehen, geschweige denn laufen oder nach Futter suchen können. Im ersten Monat nach der Geburt der Ferkel werden die Sauen in diesen Käfigen gehalten, dann werden ihnen die Jungen weggenommen und gemästet, und die Sauen werden erneut gedeckt.
26. Küken auf dem Fließband eines industriellen Legebetriebs. Männliche Küken sowie missgebildete weibliche Küken werden aussortiert, in Gaskammern erstickt, geschreddert oder einfach auf den Müll geworfen, wo sie zu Tode gequetscht werden. Jährlich sterben weltweit Hunderte Millionen Küken in diesen Legefabriken.
Die industrielle Tierhaltung hat genauso wenig mit einem Hass auf Tiere zu tun, wie die Sklavenhaltung mit einem Hass auf Afrikaner zu tun hatte. Das Motiv ist hier wie da die Gleichgültigkeit. Die meisten Menschen machen sich nicht die geringsten Gedanken über das Schicksal der Hühner, Kühe und Schweine, deren Eier, Milch und Fleisch sie konsumieren. Und wer die Verhältnisse kennt, argumentiert gern, diese Tiere seien im Grunde nichts anderes als gefühllose Maschinen, die kein Leid empfinden könnten. Ironischerweise haben dieselben Wissenschaften, die unsere Milch- und Eiermaschinen züchten, in jüngster Zeit zweifelsfrei bewiesen, dass Säugetiere und Vögel ein komplexes Gefühlsleben haben. Sie können nicht nur körperliches, sondern auch emotionales Leid empfinden.
In den 1950er Jahren trennte ein amerikanischer Psychologe namens Harry Harlow junge Affen wenige Stunden nach der Geburt von ihren Müttern. Die Affenbabys wurden in Käfige gesperrt und von Attrappen »großgezogen«. In jedem dieser Käfige befanden sich zwei Affenpuppen: Eine aus Draht, an der eine Milchflasche befestigt war, und eine andere aus Holz, die mit Wolle überzogen war und entfernt an eine Affenmutter erinnerte. Da die Stoffpuppe keine Milch gab, nahm Harlow an, dass die Affenjungen sich an die Drahtpuppe halten würden.
Zu Harlows Verwunderung zogen die Affenbabys die Stoffmutter vor und klammerte sich die meiste Zeit an diese. Wenn die beiden Attrappen nebeneinander aufgestellt wurden, blieben die Kleinen auf der Stoffpuppe sitzen und reckten sich zur Drahtpuppe hinüber, um zu trinken. Harlow nahm an, die Affenbabys zogen die Stoffpuppe vor, weil sie wärmer war. Also setzte er der Drahtpuppe eine Wärmelampe ein, doch mit Ausnahme der Allerjüngsten zogen die meisten der Kleinen nach wie vor die Stoffpuppe vor.
27. Eines von Harlows Äffchen klammert sich an seine Stoffmutter, während es aus der Drahtattrappe trinkt.
Nachfolgeuntersuchungen ergaben, dass sich Harlows verwaiste Äffchen später zu emotionalen Wracks entwickelten, obwohl sie die Nahrung erhalten hatten, die sie benötigten. Sie konnten sich nicht in die Affengesellschaft einfügen und zeigten ein hohes Maß an Stress und Aggression. Der Schluss drängte sich auf, dass Affen auch psychische Bedürfnisse haben, die weit über die Ernährung hinausgehen. Wenn diese nicht befriedigt werden, leiden die Tiere. In den folgenden Jahrzehnten haben immer neue Experimente gezeigt, dass dies nicht nur auf Affen zutrifft, sondern auch auf andere Säugetiere und Vögel. Heute werden Harlows Experimente täglich in aller Welt millionenfach wiederholt, wenn Bauern Kälber und andere Jungtiere kurz nach ihrer Geburt von ihren Müttern trennen und in Isolation aufziehen. 105
Milliarden von Nutztieren verbringen ihr Leben heute auf dem Fließband, und rund rund 10 Milliarden Säugetiere und Vögel werden Jahr für Jahr geschlachtet. Diese industriellen Methoden der Tierhaltung haben zu einer gewaltigen Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion und der menschlichen Nahrungsmittelreserven geführt. Zusammen mit dem industriellen Anbau von Nutzpflanzen ist die Massentierhaltung das Fundament unserer gesamten gesellschaftlichen Ordnung. Vor der Industrialisierung der Landwirtschaft wurde ein Großteil der auf den Feldern und in den Ställen produzierten Nahrung von den Bauern und ihren Tieren selbst konsumiert. Nur ein kleiner Teil der Produktion stand zur Ernährung von Handwerkern, Lehrern, Priestern und Beamten zur Verfügung. Daher machten die Bauern in den meisten Gesellschaften mehr als 90 Prozent der Bevölkerung aus. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft reichte eine immer kleinere
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