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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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zu einer der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen geworden, und Konsumgüter zu unersetzlichen Vermittlern zwischen Angehörigen, Partnern und Freunden. Einst religiöse Festtage wie Weihnachten sind zu Einkaufsfesten geworden. In den Vereinigten Staaten ist der Memorial Day, einst ein Tag zum Gedenken an die gefallenen Soldaten, heute ein Anlass für Sonderverkaufsaktionen. Die meisten Menschen begehen diesen Tag, indem sie in die Einkaufszentren strömen und die Rabatte nutzen – vielleicht wollen sie damit beweisen, dass die Soldaten, die im Kampf für die Freiheit gefallen sind, nicht umsonst starben.
    Bei den Nahrungs- und Genussmitteln wird der Sieg des Konsumismus vielleicht am deutlichsten. Traditionelle Gesellschaften lebten immer im furchtbaren Schatten des Hungers. In der reichen Welt von heute ist das größte Gesundheitsproblem dagegen das krankhafte Übergewicht, das Arme (die sich mit Hamburgern und Pizzas vollstopfen) noch stärker trifft als Reiche (die lieber organische Salate und Fitnessgetränke konsumieren). Allein in den Vereinigten Staaten geben die Menschen jedes Jahr mehr Geld für Diäten aus als nötig wäre, um die Hungernden im Rest der Welt zu ernähren. Fettsucht ist ein zweifacher Sieg des Konsumismus. Statt weniger zu essen, was ja zu einer Schrumpfung der Wirtschaft führen würde, essen wir erst zu viel, kaufen dann Diätprodukte und tragen auf diese Weise gleich doppelt zum Wirtschaftswachstum bei.
    *
    Wie lässt sich diese Konsumethik mit der kapitalistischen Unternehmerethik vereinbaren, nach der Gewinne nicht verschwendet, sondern in die Produktion zurückinvestiert werden? Ganz einfach. Wie schon in früheren Zeiten gibt es nach wie vor einen Unterschied zwischen der Elite und den Massen. Im mittelalterlichen Europa lebten die Könige und Adeligen in Saus und Braus, während die Bauern sparsam lebten und jeden Pfennig umdrehten. Heute haben sich die Rollen umgekehrt. Die Reichen verwenden große Sorgfalt auf die Verwaltung ihrer Anlagen und Investitionen, während sich die weniger gut Betuchten verschulden, um Autos und Fernsehapparate zu kaufen, die sich nicht brauchen.
    Die Unternehmerethik und die Konsumethik sind in Wirklichkeit zwei Seiten einer Medaille. Beiden liegen zwei Gebote zugrunde. Das oberste Gebot der Reichen lautet: »Du sollst investieren!« Und das oberste Gebot für den Rest der Menschheit lautet: »Du sollst kaufen!«
    Die neue kapitalistisch-konsumistische Ethik ist auch in anderer Hinsicht revolutionär. Die meisten ethischen Systeme der Vergangenheit stellten große Ansprüche an die Menschen. Sie versprachen ihnen zwar das Paradies, aber unter der Voraussetzung, dass sie sich in Nächstenliebe und Toleranz übten, Begierden und Zorn überwanden und ihren Egoismus zügelten. Das fiel den meisten Menschen sehr schwer. In der Vergangenheit war die Ethik eine traurige Angelegenheit von leuchtenden Idealen, an die niemand heranreichte. Die wenigsten Christen lebten Christus nach, die wenigsten Buddhisten folgten Buddha und die meisten Konfuzianer lebten so, dass sich Konfuzius den Bart ausgerauft hätte.
    Im Gegensatz dazu fällt es den meisten Menschen sehr leicht, nach den Idealen des Kapitalismus und Konsumismus zu leben. Diese neue Ethik verspricht das Paradies auf Erden und macht es lediglich zur Bedingung, dass die Reichen gierig bleiben und ihre Zeit mit Geldverdienen zubringen, und dass sich die Massen zügellos ihren Gelüsten und Leidenschaften hingeben und immer mehr kaufen. Es ist die erste Religion in der Geschichte der Menschheit, deren Anhänger sich tatsächlich an alle Gebote halten. Aber bekommen wir dafür wirklich das Paradies? Im Fernsehen behaupten sie es zumindest. Aber ich persönlich würde dem Fernsehen in diesem Punkt lieber nicht vertrauen.
    99 Mark, Origins of the Modern World , S. 109.
    100 Nathan S. Lewis und Daniel G. Nocera, »Powering the Planet: Chemical Challenges in Solar Energy Utilization«, Proceedings of the National Academy of Sciences 103:43 (2006), S. 15731.
    101 Kazuhisa Miyamoto (Hrg.), »Renewable Biological Systems for Alternative Sustainable Energy Production«, FAO Agricultural Services Bulletin 128 (Osaka: Osaka University, 1997), Kapitel 2.1.1, abgerufen am 10. Dezember 2010, http://www.fao.org/docrep/W7241E/w7241e06.htm#2.1.1%20solar%20energy ; James Barber, »Biological Solar Energy«, Philosophical Transactions of the Royal Society A 365:1853 (2007), S. 1007.
    102 »International Energy Outlook 2010«,

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