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Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Menschheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yuval Noah Harari
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5000 Jahren mit der Einigung Ägyptens begann, war den Ägyptern klar, dass ihr Land eine Grenze hatte und dass dahinter »die Barbaren« lauerten. Was diese Barbaren taten, war fremd, bedrohlich oder schlicht uninteressant. Alle erfundenen Ordnungen der Geschichte ignorierten einen großen Teil der Menschheit.
    Ab dem ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung entstanden jedoch drei potenziell universelle Ordnungen, deren Angehörige erstmals die gesamte Welt in den Blick nahmen und sich die Menschheit als eine große Einheit vorstellten, die einem einzigen Gesetz unterstand. Zumindest potenziell waren damit alle Menschen »wir«, und es gab keine »anderen« mehr. Die erste universelle Ordnung war wirtschaftlicher Natur: Es war die Ordnung des Geldes. Die zweite Ordnung war politischer Natur: die Ordnung der Imperien. Und die dritte Ordnung war religiöser Natur: die Ordnung von Weltreligionen wie dem Buddhismus, dem Christentum und dem Islam.
    Händler, Eroberer und Propheten waren die Ersten, die den Gegensatz von »wir« und »die anderen« überwanden und eine Einigung der Menschheit vorhersahen. Für die Händler war die ganze Welt ein Markt und alle Menschen potenzielle Kunden. Sie wollten eine Wirtschaftsordnung errichten, die für alle Menschen gleichermaßen galt. Für die Eroberer war die ganze Welt ein Imperium und alle Menschen potenzielle Untertanen. Sie wollten eine politische Ordnung errichten, die für alle Menschen gleichermaßen galt. Und für die Propheten gab es auf der ganzen Welt nur eine einzige Wahrheit, und alle Menschen waren potenzielle Gläubige. Sie wollten eine religiöse Ordnung errichten, die für alle Menschen gleichermaßen galt.
    Während der vergangenen drei Jahrtausende wurden immer ehrgeizigere Versuche unternommen, diese globale Vision zu verwirklichen. In den folgenden drei Kapiteln wollen wir uns ansehen, wie sich Geld, Imperien und Weltreligionen ausbreiteten und den Grundstein der globalisierten Welt von heute legten. Wir beginnen die Geschichte mit dem erfolgreichsten Eroberer der Weltgeschichte, einem Eroberer, der extreme Toleranz und Anpassungsfähigkeit bewies und die Menschen so zu seinen glühenden Anhängern machte. Dieser Eroberer ist das Geld. Menschen, die nicht an denselben Gott glauben und nicht demselben König dienen, sind gern bereit, dieselben Münzen anzunehmen. Osama bin Laden hasste zwar die Kultur, die Religion und die Politik der Vereinigten Staaten, aber ihre Dollars nahm er nur zu gern. Wie kam es, dass das Geld Erfolg hatte, wo Götter und Könige scheitern?

Kapitel 10 Der Geruch des Geldes
    Im Jahr 1519 drangen Hernán Cortés und seine Conquistadores in die bis dahin isolierte Welt Mexikos ein. Die Azteken, wie sich die Einheimischen nannten, bemerkten schnell, dass die Fremden ein ungewöhnliches Interesse an einem gelben Metall hatten und von nichts anderem reden konnten. Die Azteken kannten das Gold: Sie stellten Schmuck und Statuen daraus her, und gelegentlich benutzten sie den Goldstaub auch als Tauschmittel. Doch ihre eigentliche Währung waren Kakaobohnen und Tuchballen, weshalb sie die Besessenheit der Spanier nicht verstanden. Was war denn so besonderes an diesem Metall, das man nicht essen, trinken oder anziehen konnte, und das zu weich war, um Werkzeuge oder Waffen daraus herzustellen? Als die Einheimischen Cortés fragten, warum die Spanier so sehr hinter dem Gold her waren, antwortete er: »Sie leiden an einer Krankheit des Herzens , die nur mit Gold geheilt werden kann.« 55
    Das war zwar glatt gelogen, aber nur was die Art der Krankheit anging. In Wirklichkeit handelte es sich nämlich nicht um eine Herz-, sondern um eine Geisteskrankheit, die die gesamte afro-eurasischen Welt, aus der die Spanier kamen, wie eine Epidemie erfasst hatte. Selbst erbitterte Feinde waren sich in ihrer Gier nach dem nutzlosen gelben Metall einig.
    Drei Jahrhunderte vor der Eroberung Mexikos hatten die Vorfahren von Cortés einen blutigen Glaubenskrieg gegen die muslimischen Königreiche auf der iberischen Halbinsel und Nordafrika geführt. Die Anhänger Christi und die Anhänger Mohammeds töteten einander zu Tausenden, vernichteten Felder und Obstgärten und verwandelten blühende Städte in rauchende Ruinen – nur zum Ruhme Gottes und Allahs. Wo die Christen die Oberhand behielten, markierten sie ihren Sieg nicht nur, indem sie Moscheen zerstörten und Kirchen bauten, sondern auch, indem sie Gold- und Silbermünzen mit dem Zeichen des Kreuzes

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